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Grösstes Mittelerde-Museum der Welt

Ex-Finanzhai kreiert die Welt der Hobbits im Heidiland

Zu Tausenden pilgern Fans zurzeit ins Kino. Dabei liegt das Tor zur Fantasiewelt von J.R.R. Tolkien im bündnerischen Jenins. Ein Besuch im Mittelerde-Museum mit echter Hobbithöhle.

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Mit einer leuchtenden Feuerpeitsche bewaffnet starrt der monströse Balorg auf die Besucher herab. In der Ecke fletscht Troll Benny die Zähne, in der dunkelblau schimmernden Höhle kauert der gierige Gollum und sucht wimmernd seinen Schatz. «Willkommen in Mittelerde», sagt Bernd Greisinger im Fellmantel von Zwergenkönig Thorin und schwingt grinsend die Axt.

Mittelerde, das ist die Welt, die der englische Schriftsteller J.R.R. Tolkien für seine Erfolgsromane «Hobbit» und «Herr der Ringe» erfand. Mehr als 250 Millionen Menschen haben die «Bibel aller Fantasy-Romane» gelesen. Die gleichnamigen Verfilmungen von Peter Jackson - der neuste «Hobbit» läuft jetzt im Kino - gehören zu den erfolgreichsten Filmen aller Zeiten. Was viele nicht wissen: Die Heimat des fussbehaarten menschenähnlichen Hobbits Bilbo liegt in der Schweiz! Unter dem Garten von Bernd Greisingers Haus im 850-Seelen-Dorf Jenins in der Bündner Herrschaft. Ausgerechnet im Heidiland hat der deutsche Tolkien-Sammler auf rund 300 Quadratmetern das grösste Mittelerde-Museum der Welt aufgebaut. «Beides ist Weltliteratur, das passt doch!»

Nur schon der Weg ins unterirdisch angelegte Museum ist für Fans grosses Kino: Er führt durch eine Hobbithöhle, samt kreisrunder Eingangstüre, Butzenfenstern mit Blick auf die verschneiten Bündner Berge und einem Kaminzimmer. Wer dort nicht den Kopf einzieht, dem ergeht es wie Gandalf, dem grauen Zauberer im Film: Er stösst ihn sich unsanft an den 155 Zentimeter tiefen Türrahmen. «Echtes Hobbit-Mass eben», sagt Greisinger.

Eine Million Franken hat der 50-Jährige ausgegeben, um sich das Hobbithäuschen inklusive Fussbodenheizung und Belüftungssystem unter den Rasen zu stellen. Der Bau des restlichen unterirdischen Museums hat weitere eineinhalb Millionen gekostet - 600 Gemälde, 3000 Bücher, unzählige Replikas, Figuren und Filmrequisiten nicht miteinberechnet.

Geld hat Greisinger genug. Nach den Anschlägen von 9/11 und dem darauffolgenden Kurssturz avanciert der Fondsmanager in Deutschland zum gefeierten Börsenstar. Er schafft es als einer der wenigen, dass seine Fonds an Wert zulegen und verdient Millionen. Sieben Jahre später hat er genug. «Statt einer 100-Stunden-Woche wollte ich Zeit mit meinen Söhnen. Deshalb habe ich mein Hobby zum Beruf gemacht.»

In der Welt der Fabelwesen fühlt sich Greisinger wohler als in jener der Finanzhaie. Mit Stolz und kindlicher Begeisterung führt er durch das 14 Zimmer grosse Museum, das er zusammen mit zwei italienischen Künstlern konzipiert hat, und erzählt davon, wie er als 30-Jähriger ganze Wochenenden lang Fantasy-Rollen gespielt hat. Magier, Elfen, Krieger. Das Werk von Tolkien entdeckte Greisinger 2001, als der erste Teil der «Herr der Ringe»-Trilogie ins Kino kam. «Diese Welt mit all ihren Geschöpfen, der eigenen Mythologie und Sprache hat mich magisch angezogen.» Von da an sammelt Greisinger alles, was das Herz von Hobbit-Fans höherschlagen lässt. Möge es noch so teuer sein. So hat sein wertvollstes Stück, eine vom Schriftsteller signierte Erstausgabe von «Der Hobbit» aus dem Jahr 1937 den Wert eines Ferraris.

Statt die 400 Kisten voller Schätze aus Tolkiens Reich in der Garage seines Hauses zu verstauen, wollte sie Geisinger der Öffentlichkeit zugänglich machen. Die Schweiz, wo die Familie seit neun Jahren lebt, sei für das Mittelerde-Museum geradezu prädestiniert: «Sie wissen schon, dass es den Hobbit ohne die Schweiz gar nie gegeben hätte?», fragt Geisinger und legt gleich los mit der Geschichte von Tolkiens Wanderung Anfang des 19. Jahrhunderts von Interlaken ins Wallis, die ihn für seine Bücher über Mittelerde inspiriert hat. «Die Elbensiedlung Bruchtal ist eigentlich das Lauterbrunnental, die drei höchsten Gipfel im Nebelgebirge sind Eiger, Mönch und Jungfrau.»

Diese und andere Anekdoten erzählt Greisinger während der dreieinhalbstündigen Führung, die es nur auf Voranmeldung gibt. Oft begleitet ihn sein weissbärtiger Vater Wolfgang im roten Zwergenkostüm («anfangs fand er es schräg, heute ist er Fan») oder seine beiden Söhne, die es kaum erwarten können, mit ihrem Papa den neusten Hobbit-Film im Kino zu sehen.

3000 Tolkien-Fans aus der ganzen Welt haben das Museum seit der Eröffnung im September 2013 besucht. Im nächsten Jahr soll sogar die Filmcrew nach Jenins kommen. «Wer weiss, vielleicht wird der Hobbit hier mal berühmter als Heidi.»

Jessica Pfister
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Von Jessica Pfister am 18. Dezember 2014 - 15:12 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 16:38 Uhr