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Carmen Carrera

Transgender-Model soll «Victoria's Secret»-Engel werden

Sie hat alle Voraussetzungen, die ein Model mit sich bringen muss: eine tolle Figur, lange Beine und Sex-Appeal. Dennoch gibt es ein Problem: Carmen Carrera ist als Mann auf die Welt gekommen.

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Christopher Carrera weiss schon früh, dass er anders als die anderen Jungs ist. Zusammen mit seiner Mutter singt er die neusten Hits und macht sich dabei so zurecht wie sie - sein grosses Vorbild. Während seiner Kindheit in New Jersey vermittelt ihm seine Familie kein einziges Mal das Gefühl, falsch gewickelt zu sein. Im Gegenteil: «Ich bin nicht aufgewachsen mit dem Gedanken, dass mit mir etwas nicht stimmt.»

Bis er in die Schule kommt. «Das war der Zeitpunkt, ab dem ich zur Schauspielerin wurde», schreibt das Transgender-Model Carmen Carrera in einem Essay für das «W»-Magazin, in dem die 28-Jährige zusammen mit Linda Evangelista, 48, von dem Star-Fotografen Steven Meisel abgelichtet und gefilmt wurde. Als junger Mann im falschen Körper habe sie gesehen, wie auf homosexuellen Jugendlichen rumgehackt wurde. Da habe sie schnell gelernt, gewisse Dinge für sich zu behalten. «Ich trug Turnschuhe und versuchte, wie ein Junge zu agieren.» Und obwohl ihr Vater früh an Aids stirbt, durchlebt sie eine sehr glückliche Kindheit. «Es waren immer Frauen um mich herum. Und ganz viel Liebe.» 

DIE VERWANDLUNG VOM MANN ZUR FRAU
Erst Ende der Schulzeit hat die Heimlichtuerei endlich ein Ende. «Ich hatte einen nagelneuen Wagen, also ging ich nach New York.» Dort hat Carmen im Club Escuelita ein Aha-Erlebnis. «Ich starrte auf diese umwerfend schöne Göttin. Sie war offensichtlich eine Transfrau und raubte mir den Atem.» Weil sie zu der Zeit Fotografie studiert, verschafft sie sich Zugang zu der Drag-Queen-Szene. «Ich schoss von der Show Bilder und lernte alle kennen. Dann begann auch ich, mich zu schminken und fand heraus, dass ich ebenfalls auftreten möchte.» Auf der Bühne kann sie endlich so sein, wie sie sich fühlt: feminin. «Ich habe mich nie als einen schwulen Mann empfunden. Als Kind betete ich jeden Abend, ich möge als Mädchen aufwachen.» 

Carmen Carrera fürs «W»-Magazin

Als Junge ins Bett gehen und als Mädchen aufwachen? Dieser Traum hat sich für Carmen Carrera leider nicht über Nacht erfüllt.

Via «W»-Magazin Steven Meisel

Die vollendete Transformation vom Mann zur Frau erfolgt jedoch erst nach ihrer Teilnahme in der Reality-Show «RuPaul's Drag Race». Sie findet in der breiten Öffentlichkeit erstmals Beachtung und wird von der renommierten Agentur Elite Model unter Vertrag genommen. Sie läuft bei der Los Angeles Fashion Week für den Designer Marco Marco und posiert zum ersten Mal für das «W»-Magazine.

Doch soll es noch steiler bergauf gehen: In einer Petition fordern Fans auf Change.org dazu auf, dass Carmen für «Victoria's Secret» laufen soll. Als das allererste Transgender-Supermodel soll sie für mehr Akzeptanz sorgen. Schliesslich sei sie eine so wunderschöne Frau, genau wie andere Models auch, schreibt ein Fan. Für die Transgender-Community hätte ein Auftritt bei der Dessous-Show eine enorme Signalwirkung. Für sie wäre es ein Zeichen, dass Menschen wie sie in der Gesellschaft angekommen sind. 

Fickt euch! Ich stolziere halb nackt herum und bin super-stolz auf mich

DER KAMPF GEGEN VORURTEILE
Dass das noch immer nicht der Fall ist, weiss Carmen, die sich in diesem Jahr von ihrem langjährigen Freund Adrian Torres getrennt hat, selbst zu berichten. «Wenn ich den Leuten sage, dass ich transgender bin, bringen sie alle negativen Klischeevorstellungen auf den Tisch, die nur so vor Ignoranz strotzen», sagt sie. Und weil sie keine Zeit hat, die Psychologin zu spielen, will sie mit ihrer Geschichte wach rütteln. «Ich möchte etwas hinterlassen, sodass die Menschen eines Tages sagen können: ‹Wow, weisst Du noch, als Transsexuelle diskriminiert wurden?›» Die Person, die das geschafft hat, sagte: «Fickt euch! Ich stolziere halb nackt herum und bin super-stolz auf mich. Denn das ist das, was jeder auf sich sein sollte.»

Von NB am 11. November 2013 - 17:00 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 18:08 Uhr