Check-up: Ferritin

Der Stoff für mehr Power

Eisenmangel im Alter wird oft leichtfertig als Altersschwäche abgetan. Mit fatalen Folgen. Dabei wäre eine Therapie so einfach.

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Die intravenöse Eisentherapie ist der oralen hoch überlegen, wie eine Studie der Universitätskliniken Basel und Zürich gezeigt.
Friedel Ammann

Dass Eisenmangel bei Jugendlichen, Sportlern und Frauen im gebärfähigen Alter der häufigste Mangelzustand überhaupt ist, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Dass aber auch die Generation über 60 zu den Risikogruppen gehört, wird in der täglichen Praxis kaum berücksichtigt. Man tut die Symptome leichtfertig als Altersschwäche ab oder behandelt sie mit Beruhigungsmitteln oder Antidepressiva.

Treten bei älteren Menschen Müdigkeit, Kraftlosigkeit, Schwäche, Schlafstörungen und Leistungsminderung auf, sollte man unbedingt an Eisenmangel denken. Wird der Mangel nicht diagnostiziert und behandelt, kommt es unweigerlich zu Gebrechlichkeit, eingeschränkter Mobilität und zum Verlust der Selbstständigkeit.

Die grössten Risiken für Eisenmangel im Alter sind Mangelernährung, Appetitverlust, Abneigung gegen Fleisch, Vereinsamung, Depression, chronische Krankheiten, Schmerzen, Arthrose und Bewegungsmangel. Aber auch die langfristige Einnahme von Medikamenten führt zu einer Verarmung. Das gilt besonders für schmerz- und entzündungshemmende Mittel. Eisenmangel beeinträchtigt Gesundheit und Wohlbefinden, bevor es zur Anämie, das heisst zum Mangel an roten Blutkörperchen kommt. Eine Studiengruppe konnte nachweisen, dass schon geringe Defizite Gedächtnisleistung und Aufmerksamkeit verschlechtern, und das bei unauffälligen Hämoglobin-Werten. Auch Sturzund Demenzrisiko sind bei latentem Eisenmangel erhöht.

Um einen Eisenmangel auszuschliessen, müssen das Eisenspeicherprotein Ferritin und andere Laborwerte im Blut gemessen werden. Die Grenzwerte beim Ferritin wurden in den letzten Jahren auf 50 oder noch mehr angehoben, nachdem eine ganze Reihe von Studien gezeigt hatten, dass die bis anhin gültigen Ferritinwerte viel zu tief waren. Ausgeschlossen ist ein Eisenmangel erst ab einem Ferritinwert von über 100. Zur Behandlung eines Eisenmangels im Alter reichen Ernährungsumstellung und orale Eisenpräparate nur ganz selten aus, weil ältere Menschen meistens schon viele Medikamente schlucken müssen und die Aufnahme des Eisens im Darm nur schlecht funktioniert. Oft ist eine intravenöse Therapie nötig. Moderne intravenöse Präparate sind wirksam und sicher. Eine Studie der Universitätskliniken Basel und Zürich zeigte, dass eine intravenöse Therapie der oralen hoch überlegen ist. Bei 95 Prozent der Patienten konnte das Defizit innerhalb von nur drei bis vier Wochen korrigiert werden. Eine Behandlung mit Tabletten über zehn Wochen war nur in der Hälfte der Fälle wirksam und mit Bauchschmerzen und Verstopfung belastet.

Werte des Eisenspeichers

FERRITIN: Ist der Ferritinwert tiefer als 10 Mikrogramm pro Liter, besteht ganz sicher ein Eisenmangel. Liegt die Ferritin-Konzentration zwischen 10 und 30, ist ein Eisenmangel wahrscheinlich. Beträgt das Ferritin zwischen 30 und 100, ist ein Eisenmangel möglich, sofern die Symptome eines Patienten dies vermuten lassen. Erst ab einem Ferritin von 100 ist ein Eisenmangel ausgeschlossen. Absolute Werte erlauben oft keine schlüssigen Aussagen über ein bestimmtes Individuum. Viel besser ist eine Gegenüberstellung von Laborwerten und klinischen Symptomen. Ratsam ist eine Verlaufsbeobachtung. Bessern sich die Symptome mit ansteigendem Ferritinspiegel, ist die Diagnose klar. Umgekehrt auch.

Haben Sie Erfahrung mit Eisenmangel im Alter? Schreiben Sie an: Schweizer Illustrierte, Eisenmangel im Alter, Postfach, 8099 Zürich.

CHECK: Eisenmangel-Symptome
Leiden Sie über längere Zeit an einem oder mehreren der folgenden Symptome? Dann sprechen Sie mit Ihrem Arzt. Er kann feststellen, ob ein Eisenmangel der Grund sein könnte.

  • Müdigkeit
  • Abgeschlagenheit
  • Schwächegefühl
  • Antriebslosigkeit
  • Geringe körperliche Ausdauer
  • Gedächtnisprobleme
  • Störungen der Konzentration
  • Reizbarkeit
  • Lustlosigkeit
  • Depressive Verstimmung
  • Haarausfall
  • Unruhige Beine
  • Kurzatmigkeit
  • Kälteempfindlichkeit
  • Schwindel, Kopfschmerzen
  • Ein- und Durchschlafstörungen
  • Herzklopfen
  • Brüchige Nägel

 

Von Dr. med. Samuel Stutz am 21. Juni 2011 - 09:21 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 20:44 Uhr