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Hans-Jakob Siber

«Die Dinos sind meine Babys»

Er ist der bekannteste Saurierforscher der Schweiz. In seinem Museum in Aathal ZH präsentiert Hans-Jakob Siber über zwanzig selber ausgegrabene Dinosaurier. Ein Vergnügen für die ganze Familie.

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Wenn wir den ersten Knochen eines Skeletts ausgraben, ist das wie bei einer Geburt», sagt Hans-Jakob Siber. Die Augen des 66-jährigen Zürchers leuchten – er hat seine grösste Leidenschaft zum Beruf gemacht. «Die Dinos sind meine Babys», sagt er.

23 Dinosaurier und 8000 Knochen hat der bekannteste Schweizer Saurierforscher mit seinem Team schon aus der Erde gebuddelt. Sieben davon stehen in Sibers Museum in Aathal. Dieses gilt weltweit als eine der besten privaten Sammlungen. Jährlich 90?000 Besucher, darunter viele Familien und Schulklassen, pilgern ins Zürcher Oberland – und staunen über die gigantischen Zeugen einer Millionen Jahre zurückliegenden Zeit.

Schon als Bub war Siber von der geheimnisvollen Vergangenheit unserer Erde fasziniert, sammelte Steine. «Ich war zehn Jahre alt, als mich mein Vater einmal in den Lägern-Steinbruch bei Zürich mitnahm.» Dort fand er seine ersten Ammoniten, spiralförmige Versteinerungen von Kopffüsslern aus der Kreidezeit. Später kommt Siber eines Tages ein Buch über Fossilien in die Hände. «Da packte mich das Ausgrabungsfieber!»

Er verschlingt Fachliteratur, entwickelt sich zum Fachmann in Paläontologie, der Wissenschaft von den Lebewesen vergangener Erdperioden. 1970 stellt er ein internationales Team zusammen, macht erste Dino-Grabungen in den USA und in Peru. Bald beliefert er naturhistorische Museen auf der ganzen Welt mit Ausstellungsstücken aus der Urzeit, heute arbeitet er mit dem Paläontologischen Institut der Universität Zürich zusammen.

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Eine seiner spektakulärsten Entdeckungen macht der passionierte Knochenjäger 1991. In der Wüste der Howe Ranch im US-Bundesstaat Wyoming stossen er und sein Team auf die Gebeine eines 7,5 Meter langen Kolosses. Zu Lebzeiten ging er auf zwei Beinen, sah mit seinen Stummelarmen und dem furchterregenden Gebiss dem bekannten Tyrannosaurus Rex zum Verwechseln ähnlich. Der Fund des fast kompletten Skeletts eines Allosaurus gilt unter Fachleuten als Sensation. Nun steht Big Al, wie der Dino heisst, in Aathal.

Doch Siber hat nicht nur einen guten Riecher beim Skelett-Aufspüren. «Ende der Achtzigerjahre rollte die Dinosaurierwelle an, noch vor dem Film ‹Jurassic Park›. Da wusste ich, das ist mein Ding!» Im Frühling 1992 organisiert er in den Hallen des heutigen Museums seine erste Dino-Ausstellung – ein voller Erfolg.

Im Sommer 1996 will Siber es ein weiteres Mal wissen. Mit seinem Team, zu dem auch zwei seiner vier Töchter, Yolanda, heute 36, und Maya, 34, gehören, öffnet er eine neue Grabungsstelle – nur ein paar Hundert Meter südlich von dort, wo Big Al vergraben lag. Auf einem 1600 Meter über Meer gelegenen Hochplateau. Hier entdeckt der Zürcher ein richtiges Massengrab mit über einem Dutzend Dinos. Köbi Siber: «Ein Eldorado, ich war im siebten Himmel!»

Im Wüstensand legt Sibers Team in zwei Meter Tiefe erst Big Al 2 frei. Daneben finden die Forscher darauf einen sehr gut erhaltenen Camarasaurus, zwei Stegosaurier, ein Sauropoden-Baby, sieben riesige Diplodocus-Exemplare und einen Apatosaurier. «Für die Grabungsrechte auf dem privaten Areal der Howe Ranch habe ich jeweils einen Zehnjahres-Vertrag. Der kostet mich 120 000 Franken.»

«Vom ersten Knochenfund bis zur Präsentation des ganzen Skeletts dauerts sieben Jahre»

Bei Beginn der Grabungen bricht im Team jeweils ein regelrechtes Jagdfieber aus. «Derjenige, der den ersten Knochen findet, darf dem Dino einen Namen geben.» Je mehr ein Skelett freigelegt werde, umso mehr entstehe der Charakter des Tieres. Das Ausgraben sei aufwendige Feinstarbeit. Jeder in Sibers Grabungsteam hat spezielles Werkzeug dabei: Sackmesser, Skalpell, 2 Schraubenzieher, 3 kleine Besen, 2 Sorten Leim. «Wir arbeiten meist im Sommer, da kann es in der Wüste Wyomings schon mal 42 Grad heiss werden. Wir hatten aber auch schon Temperaturen um den Gefrierpunkt.»

Jeder freigelegte Knochen wird geputzt, katalogisiert und für den sicheren Transport mit Gips umwickelt. Dann kommt das Ausgrabungsgut in Kisten verpackt in einen Container. «Pro Jahr haben wir jeweils zwei Ladungen mit je 4000 Kilo, die mit Frachtmaschinen von den USA in die Schweiz kommen, ein Kilo Fracht à einen Franken.»

Mehr Zeit als die Ausgrabung braucht allerdings das Präparieren der Knochen. Für diese Fingerspitzenarbeit ist im Museum eine eigene Werkstatt eingerichtet. Sie ist das Reich von Sibers Tochter Yolanda. Oft schauen ihr bei der Arbeit ihre Kinder Lenny und Lucy über die Schultern. «Um einen grösseren Knochen zu präparieren, brauchts etwa drei Wochen», erklärt Yolanda. Und ihr Vater ergänzt: «Vom ersten Knochenfund bis zur Präsentation eines ganzen Skeletts dauert es sieben Jahre.»

150 Millionen Jahre hat Big Al 2 auf dem Buckel, die 350 Knochen wiegen eine Tonne. Er ist das weltweit am besten erhaltene Exemplar dieses fast acht Meter langen Raubsauriers – und Köbi Sibers Lieblingsexponat. Immer wieder werde er von jungen Besuchern gefragt: «Sind diese Knochen echt?» Ja, sagt Siber dann stolz.

Staunend blickt er zu einem seiner Urzeit-Giganten hoch. «Lebewesen existierten schon lange vor uns Menschen», sinniert er. «Das ist es, was mich fasziniert mich. Fast mehr als das heutige Leben.»

Sauriermuseum Aathal ZH
200 Exponate, vom Kleinsaurier bis zum 25 Meter langen Riesen.
Mit der S14 ab Zürich oder dem Auto gut erreichbar.
Öffnungszeiten:
Dienstag – Samstag 10 – 17 Uhr
Sonntag 10 – 18 Uhr
Familienticket 49 CHF


am 30. Juli 2009 - 14:56 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 18:41 Uhr