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Chris, Chanel & Ivan Knie

Die Hoffnung der Knies

Manege frei für die Zukunft: Chris, Chanel und Ivan Knie bringen frischen Wind ins Zirkuszelt. Aber auf ihren Schultern lasten auch grosse Erwartungen: Die achte Generation tritt kein leichtes Erbe an. 

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Zwei lange Pferdeschwänze, grosse dunkle Kulleraugen und Stracciatella-Glace um den Mund. Ziemlich viel süss auf einen Meter Länge verteilt! So gross ist Chanel Marie Knie mittlerweile. Die Tochter von Zirkus-Prinzessin Géraldine Knie, 42, ist gerade vier Jahre alt geworden und hat in der Familien-Dynastie den grössten Jö-Bonus. Wenn sie am Mittag über das Gelände rennt, um ihren Bruder Ivan Frédéric, 13, und ihren Coucousin Chris Rui, 8, aus der Zirkusschule abzuholen, rufen Artisten und Angestellte von überall her: «Ciao, bella Chanella!» Aber der kleine Wirbelwind hat nur eines im Sinn: mit den zwei Jungs so rasch wie möglich zu den Proben in die Manege.

Am vergangenen Donnerstag feierte der Circus Knie in Rapperswil SG Premiere. Im Programm «phénoménal» tritt Chanel mit einer eigenen Ponydressur auf. Die Proben dazu sind für sie das Highlight des Tages. «Ich habe noch nie erlebt, dass Chanel freiwillig aufs Training verzichtet hat», sagt Mami Géraldine. Auch bei ihrem Manege-Debüt im vergangenen Jahr bewies die Kleine, dass reines Zirkusblut in ihren Adern fliesst: Von über 300 Vorstellungen liess Chanel keine einzige ausfallen. «Und das, obwohl wir sie jedes Mal fragen, ob sie auch wirklich auftreten möchte!» Wie Géraldine in jungen Jahren ist auch Chanel fasziniert von Pferden. «Sie hat meine Liebe zu den Tieren geerbt. Und die Disziplin von ihrem Papa Maycol.» Und so bleibt Chanel nach der eigenen Probe auf den noch leeren Zuschauerrängen sitzen und schaut ihrem Halbbruder Ivan zu, wie er auf einem Schimmelhengst die Hohe Schule der Pferdedressur präsentiert.

Ivan Frédéric ist der Coole unter den Zirkuskindern. Letztes Jahr war er noch ein Bub, jetzt ist er hochgeschossen, hat Muskeln zugelegt und ist eher Mann als Bub. «Ich trainiere jeden Tag mit den Pferden und im Fitness - insgesamt komme ich bestimmt auf vier Stunden», sagt er. Die Stimme tönt noch knabenhaft, aber auf der Oberlippe zeichnet sich bereits ein Schnauz ab. Und was Ivan in der Manege bietet, beweist, dass bei ihm auch innerlich eine wichtige Veränderung stattfindet: Er flirtet hoch zu Ross mit einer wunderschönen Tänzerin am Boden. Seine Freundin sei das nicht, sagt er lachend. «Noch hat er kein Mädchen mit nach Hause gebracht», bestätigt Mama Géraldine. «Aber in der Öffentlichkeit küssen darf ich ihn nicht mehr, das ist ihm jetzt peinlich.»

Seit diesem Jahr wird Ivan im hinteren Teil des Zirkus-Schulwagens unterrichtet, da ist die Oberstufe untergebracht. Sein kleiner Coucousin Chris Rui, 8, besucht die dritte Klasse im vorderen Teil und sorgt dort für Spass und Action. Der Schalk sitzt ihm nicht nur im Nacken, sondern auch in den fröhlichen Augen und dem frechen Mundwerk. Wenn man ihn, den Halb-Chinesen, fragt, ob er eigentlich gut Chinesisch spreche, verneint er. Wieso nicht? «Probiers doch selber mal, das ist total schwer!» Mit seiner Mama, der chinesischen Artistin Linna Knie, 36, spricht er Englisch. Mit seinem Papa, dem Elefantendresseur Franco junior, 37, Deutsch. Und mit Chanel Italienisch. Hand in Hand laufen die beiden durch die Wagensiedlung. Chris lässt sich von der Kleinen herzen und küssen, allerdings nicht ohne zu betonen: «Das nervt natürlich, aber Chanel liebt mich halt so sehr.»

Chanel und Ivan aus der Pferdefamilie und Chris aus der Elefantenfamilie bilden zusammen die achte Generation der Zirkus-Dynastie Knie. Sie sind nicht nur der Stolz, sondern auch die ganze Hoffnung von Direktor Fredy Knie jun. «An ihnen wird es liegen, dieses traditionelle Familienunternehmen in die Zukunft zu führen.» 220 Arbeitsplätze und das Wohl von 100 Tiere hängen davon ab. Und für Tausende Schweizer an 39 Spielorten gehört der jährliche Knie-Besuch zum Familienprogramm.

Noch ist für die zwei Kleinen alles ein Spiel. Kaum ein Leben scheint so kindgerecht wie das in einer Wohnwagen-Siedlung. Die Natur ist ihr Wohnzimmer, die Zirkuswelt eine riesige Spielkiste. Die täglichen Proben, fünf Minuten mit dem Pony für Chanel, eine Viertelstunde mit den Elefanten für Chris, machen Spass. Wer kann sich schon mal an einem Rüssel durch die Luft wirbeln lassen? Chris jeden Mittag nach der Schule! Wer darf schon als Kind sein eigenes kleines «Haus» beziehen? Die Knie-Prinzen! Chris und Ivan bewohnen jeweils einen kleinen Camper neben ihren Eltern.

Dennoch: Für Ivan hat der Ernst des Zirkuslebens bereits begonnen. Er bestreitet zum ersten Mal ganz allein eine Nummer und nimmt die Sache sehr ernst. In seinem Kopf hat er die Weichen für die Zukunft bereits gestellt. «Ich lebe für die Manege, etwas anderes kann ich mir gar nicht vorstellen.» Die Voraussetzungen dafür, dass er dereinst mit Chris und Chanel das Familienunternehmen führen wird, stehen gut: Die drei verstehen und ergänzen sich. Aber das letzte Wort haben die Kinder selbst, wenn sie erwachsen werden, betont Zirkuspatron Fredy jun. «Der freie Wille hat Vorrang!»

Hier gibts Infos zum neuen Knie-Programm und den Tourplan 2015.

Diese Geschichte ist aus der aktuellen Ausgabe der «Schweizer Illustrierten» Nr. 14 - seit 30. März 2015 am Kiosk, im eReader oder auf Ihrem iPad.

Sylvie Kempa
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Von Sylvie Kempa am 1. April 2015 - 13:29 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 16:19 Uhr