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  4. Claude Nobs tot: Das Leben des Gründers des Jazz Festival Montreux

Claude Nobs (†)

Das Leben des «Funky Claude»

Der am Donnerstag im Alter von 76 Jahren verstorbene Claude Nobs war während fast eines halben Jahrhunderts der Patron des Montreux Jazz Festival. Er bleibt in Erinnerung als ein grosszügiger und leidenschaftlicher Mensch, der von Musik und neuen Technologien fasziniert war.

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Er ist im Beisein seiner Familie friedlich eingeschlafen - für immer. Claude Nobs, der Gründer des Montreux Jazz Festival, ist am Donnerstag verstorben. An Heiligabend war der 76-Jährige bei einer Langlauf-Tour gestürzt. Er musste operiert werden und fiel dabei ins Koma, aus dem er nicht mehr erwachte.

Nobs wurde am 4. Februar 1936 als Sohn eines Bäckers und einer Krankenschwester in Territet, in der Nähe von Montreux VD, geboren. Bereits als Junge begeisterte er sich für Musik und hörte sich die 78-Touren-Schallplatten seines Vater an. Schon damals hatte er eine Vorliebe für traditionellen Jazz und den Rhythm 'n' Blues und lernte Mundharmonika zu spielen.

Als 17-Jähriger entschied sich Nobs für eine Lehre als Koch, weil er gerne gut ass und «weil es weniger schwierig war als Bäcker», wie er vor Jahren im Gespräch mit der Nachrichtenagentur sda schmunzelnd sagte. Später wechselte er dann zum Tourismusbüro Montreux, wo er als Buchhalter arbeitete.

DIE ANFÄNGE DES JAZZ-FESTIVALS
«Zu dieser Zeit hatte ich bereits die utopische Idee, ein Festival zu gründen», erinnerte sich Nobs. Als er vom seinem Arbeitgeber für eine Werbetour nach New York geschickt wurde, besuchte er spontan den Hauptsitz von Atlantic Records und ergatterte sich prompt ein Interview mit dem Direktor Nesuhi Ertegun. Der damals 30-Jährige traf dort auch auf die Jazz- und Soulmusikerin Roberta Flack, die er frech nach Montreux zum Ferneseh-Festival «Rose d'Or» einlud. Mitte der 60er-Jahre war Nobs dann der erste, dem es gelang, die Rolling Stones in die Schweiz zu holen.

1967 gründete der Waadtländer zusammen mit dem Pianisten Géo Voumard und dem Journalisten René Langel und mit der Unterstützung des Chefs von Atlantic Records das Jazz-Festival. «An den drei Tagen der ersten Ausgabe des Festivals kamen wir gerade mal auf 1200 Eintritte. Heute sind es 1200 Mitarbeiter, die während 16 Tagen für das Festival arbeiten», sagte Nobs. 

«FUNKY CLAUDE» ALS RETTER
Während sich die wirtschaftlichen Auswirkungen des Festivals auf die Region sehr positiv auswirkten, blieb das Unternehmen auf finanziell wackligen Beinen. Nobs war deshalb noch eine Weile auf seinen Job als Schweizer Direktor der Plattenlabels WEA angewiesen.

Den Wendepunkt markierte der Brand im Casino von Montreux im Jahr 1971: Damals waren die sehr angesagten Deep Purple in der Stadt. Sie wohnten im Gambling House, das zum Casino gehört. Dort gaben Frank Zappa und The Mothers gerade ein Konzert, als ein begeisterter Fan angeblich mit einer Signalpistole durch den Saal schoss, der prompt in Brand geriet: «Some stupid with a flare gun», wie es später bei Deep Purple heisst, die das Ereignis in ihrem wohl grössten Hit «Smoke On The Water» verewigten. Und auch die Rolle von Claude Nobs fliesst in den Songtext mit ein: «Funky Claude was running in and out/Pulling kids out the ground.» Mit «Funky Claude» ist Nobs gemeint, der half, Konzertbesucher vor dem Feuer zu retten.

In den folgenden Jahren wurde das Festival immer grösser, die musikalische Palette erweiterte sich und die Veranstaltung gewann schnell an internationalem Renommee. Bald präsentierte sich alles, was in der Musikszene Rang und Namen hatte, in Montreux. Dazu gehörten zum Beispiel Count Basie, Miles Davis, James Brown, Quincy Jones, Ray Charles, Eric Clapton, Prince, David Bowie, Bob Dylan, Gilberto Gil, B.B. King, Oscar Peterson, Nina Simone, Leonard Cohen, Carlos Santana oder Keith Jarett.

EIN GROSSZÜGIGER MENSCH
Der Naturliebhaber Nobs renovierte in Caux VD ein Gebäude aus dem 18. Jahrhundert mit Sicht auf den Genfersee. Das Chalet richtete er mit antiken Möbeln und wertvollen Objekten, 15 Juke-Boxen, Miniatureisenbahnen, Musikinstrumenten und den neuesten elektronischen Geräten ein. Diese Villa teilte er mit allen, von Superstars bis zu Unbekannten. Seine Tatkraft und seiner Gastfreundschaft stellte er dem Festival zur Verfügung, bis ihn seine Krankheit einholte.

Nobs Talente wurden weit über die Musikerkreise hinaus geschätzt. Er war Doktor Honoris Cause der ETH Lausanne, «Mann des Jahres» 2007 bei der Musik-Messe Midem in Cannes, Kommandant des «Ordre Français des Arts et des Lettres» und Ehrenbürger von Atlanta, New Orleans und seiner Heimatstadt Montreux.

 

Von sda am 11. Januar 2013 - 08:47 Uhr, aktualisiert 21. Januar 2019 - 00:22 Uhr