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Bundesrats-Kandidat Norman Gobbi ganz privat

«Manchmal muss man provozieren»

Lega-Regierungsrat Norman Gobbi soll für die SVP in den Bundesrat. Zu Hause in Nante TI verrät er seine grössten Talente und spricht über Buddha.

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William und Gaia wollen spielen. «Papone, non telefonare!» Doch Papone, wie seine Kinder Norman Gobbi aufgrund seiner Leibesfülle liebevoll nennen, ist ein gefragter Mann. Auf der Terrasse seines Hauses oberhalb von Airolo nimmt er einen Anruf nach dem andern entgegen. Kein Wunder, immerhin ist er neben Thomas Aeschi, 36, und Guy Parmelin, 56, offizieller Bundesratskandidat der SVP. Dabei politisiert der Tessiner Regierungsrat eigentlich für die Lega.

«Das isch kein Widerspruch!», stellt Gobbi schon kurz nach der Begrüssung klar. In nationalen Fragen hätten die beiden Parteien das Heu auf der gleichen Bühne. Der 38-Jährige spricht Schweizerdeutsch, und das erstaunlich gut. Drei Jahre hat er in Zürich Politikwissenschaften studiert, lebte in einer WG bei Oerlikon. Und ein «bizzeli» Berner sei er auch. «Meine Urgrosseltern stammen aus dem Oberland und aus Köniz.»

Die Familie hat Gobbi in jeder Hinsicht geprägt. Seine Mutter hat schon im Gemeinderat politisiert, allerdings für die CVP. Andere in der Familie waren Mitglied der FDP. «Heute sind sie in der Lega, wie fast alle Tessiner», sagt er und grinst wie ein Lausbube. Fast alle ist zwar etwas übertrieben, aber mit rund 28 Prozent ist die Partei die stärkste Kraft im Südkanton.

Gobbi fetzte sich bereits im Staatskundeunterricht mit den Gspänli. Die EWR-Abstimmung trieb ihn dann in die Arme der Lega seines Idols Giuliano Bignasca. Seine politische Laufbahn beginnt mit 19 Jahren im Gemeinderat von Quinto. Mit 22 schafft er den Sprung ins Kantonsparlament, mit 34 wählen ihn die Tessiner in den Regierungsrat. «Ich war immer der Jüngste, doch damit kann ich gut leben. Auf dem Arbeitsmarkt sucht man auch immer Junge mit Erfahrung.» Deshalb sei er auch die ideale Besetzung für den Bundesrat. «Ich habe Kraft und Energie. Auch dank meiner Frau, die mir den Rücken freihält.»

Norman Gobbi Lega Ticino Bundesrat Kandidat SVP 2015

Staatsratspräsident Norman Gobbi in seinem Schlafzimmer. «Es braucht einen Tessiner Bundesrat!»

Hervé le Cunff

Elena Gobbi, 45, hat er vor 15 Jahren im Kantonsrat kennengelernt. «Wir haben dort fast gleichzeitig zu arbeiten begonnen. Ich in der Bar, er im Kantonsrat», erzählt die gelernte Innendekorateurin. Die Einrichtung des Hauses trägt ihre Handschrift. Ein Mix aus Villa Kunterbunt und buddhistischem Tempel. «Nach dem Tod meiner Eltern habe ich Kraft im Buddhismus gefunden», sagt sie.

Gobbi ist kein Buddhist. «Aber auch ich glaube mehr an die Macht von Energien als an Gott.» Wichtig aber ist bei den Gobbis das Essen. Seine Grosseltern führten ein Restaurant, eine Bäckerei und ein Imbisslädeli. «Meine Masse zeigen, wie mich das geprägt hat», sagt er und fährt sich lachend über den Bauch. «Norman ist ein grossartiger Koch», lobt seine Frau. Wenn Gobbi nicht an Regierungsratssitzungen weilt oder als Vorstandsmitglied der Justizdirektorenkonferenz nach Bern pendelt, kocht er für seine Familie. «Am liebsten Risotto, mit Kürbis und Amaretto oder Heidelbeeren.»

So gmögig sich Gobbi im Kreise seiner Familie gibt - politisch ist er ein Hardliner. Als Justizdirektor verlangt er von jedem einwanderungswilligen EU-Bürger einen Strafregisterauszug. Und forderte wegen der Flut von illegalen Flüchtlingen im Juni, die Grenze zu Italien zu schliessen. «Manchmal muss man provozieren, um gehört zu werden.» Er wolle die Grenzen nicht dicht-, aber enger machen. Auf die Frage, ob die Schweiz die Bilateralen zugunsten der Masseneinwanderungsinitiative opfern soll, antwortet er staatsmännisch: «Wir müssen mit der EU diskutieren und ihr aufzeigen, wie viele Europäer wir in den Arbeitsmarkt aufgenommen haben.»

So sorgfältig war Gobbis Wortwahl nicht immer. Im Jahr 2007 ruft er im Derby zwischen Ambrì-Piotta und Lugano dem dunkelhäutigen Lugano-Star Anson Carter zu: «Jetzt kommt der Neger!» Der Eishockeyverband büsste ihn darauf mit 2000 Franken. «Ich hatte nie die Absicht, Herrn Carter aufgrund seiner Hautfarbe zu beleidigen.» Der Ausdruck «Negro» sei im Tessiner Dialekt zweideutig. «Ich bedaure diesen Vorfall sehr und habe meine Lehren daraus gezogen.»

Heute wird Gobbi für seine Integrationspolitik gelobt. Und auch auf dem nationalen Politparkett erhält er Zuspruch. Hans-Jürg Käser, Berner FDP-Regierungsrat und Präsident der kantonalen Justizdirektoren, sagt: «Gobbi besitzt drei Kerntugenden - Leidenschaft, Verantwortungsbewusstsein, Augenmass.» Zudem sei er dreisprachig, was in der Schweiz Seltenheitswert geniesse. «Ich könnte ihn mir sehr gut als Bundesrat vorstellen!» Auch SP-Nationalrätin Edith Graf-Litscher, die Gobbi 2010 im Nationalrat kennenlernte, hat keine schlechte Erinnerungen an den Tessiner: «Ich habe ihn nicht als Provokateur erlebt, sondern als moderaten Politiker.» Selbst CVP-Fraktionschef Filippo Lombardi, der ebenfalls mit dem Bundesratsposten liebäugelt, unterstützt ihn jetzt. «Filippo sagte zu mir: ‹Der Bundesratszug fährt nicht so oft durch das Tessin. Jetzt musst du aufspringen.›»

Angst, dass er aufgrund seiner Lega-Mitgliedschaft nur ein halber Bundesrat wäre, hat Gobbi nicht. «Viel wichtiger ist mir, dass ich bei einer Wahl noch genügend Zeit für die Familie habe», sagt er und stellt das Telefon aus. Die Kinder freuts: Papone kann jetzt spielen.

Jessica Pfister
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Von Jessica Pfister am 7. Dezember 2015 - 12:41 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 15:35 Uhr