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  4. Xeno Müller, Rowing Rudertechnik, 20 Jahre nach Atlanta 1996

Vor 20 Jahren gewann er Olympia-Gold für die Schweiz

So veränderte sich das Leben von Ruderer Xeno Mülller

Er ist der erfolgreichste Schweizer Ruderer aller Zeiten. 20 Jahre nach Olympia-Gold hat Xeno Müller sein grösstes Ziel erreich: eine eigene Familie. Ein Hausbesuch in Kalifornien.

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An den Wänden im Wohnzimmer hängen Erinnerungen an eine der grössten Schweizer Sportkarrieren. Wir sind im kalifornischen Costa Mesa, rund 70 Kilometer südlich Los Angeles. Xeno Müller, 43, hat es sich mit seiner Familie und den zwei Hunden gemütlich gemacht. «Jetzt fühle ich mich richtig angekommen», sagt die Ruder-Legende. «An unserer Hochzeit am 31. Dezember 1996, hoch oben am Lake Tahoe, habe ich gesagt, ich möchte einmal Vater einer Tochter und von drei Söhnen sein. Exakt das habe ich heute.»

Für Xenos Ehefrau Erin, 43, ist klar: «Für mich kam es nie in Frage, ausserhalb meiner Heimatstadt Costa Mesa zu leben. Für Xeno zum Glück auch nicht.» Seit 13 Jahren wohnen die Müllers in einem 6-Zimmer-Eigenheim. Tochter Georgia (18, benannt nach dem US-Staat, in welchem Xeno 1996 Skiff-Olympiagold holte) hat gerade ihren Highschool-Abschluss gemacht und wird Kunst studieren. Xeno junior, 17, singt, spielt Gitarre und jongliert: «Mein Traum ist es, einmal im Cirque du Soleil aufzutreten.» Christopher, 14, singt auch. Aber: «Ich will später Raumfähren für die Nasa entwerfen.» Auch Ried, 8, hat schon Vorstellungen: Er will Autos designen.

Karriere beendet für die Familie

Und Xeno? Was macht der zweifache Olympia-Medaillengewinner (neben Gold auch Silber 2000 in Sydney) heute? «Aus der Not wurde eine Tugend», sagt er. Mit vier Kindern sei klar: «Mutter und Vater gehören an den Herd. Ich wollte schon immer von zu Hause aus arbeiten.» Also hat sich Xeno weltweit ein digitales Netz aufgebaut, coacht - vorwiegend via Skype mit Videos - Ruderer und Trainer. «Daneben betreue ich junge Ruderer im Newport Aquatic Center.»

Ein bedeutsamer Ort. Dort nämlich, in seinem Ruderklub, trafen sich Erin und Xeno im April 1996. Rasante Liebe auf den ersten Blick: An Silvester waren sie schon verheiratet. «Xeno und ich ticken genau gleich, streiten ganz selten und haben die gleichen Ziele», sagt Erin und küsst ihren Mann auf die Wange. Früher, mit täglichem Trainings und Wettkämpfen überall, waren sie oft getrennt, jetzt sind sie 24 Stunden zusammen. «Gut so, denn ich vermisste meinen Mann immer sehr, wenn er weg war», sagt Erin. «Ich wollte immer ganz nah bei meiner Familie sein und habe deshalb vor 15 Jahren meine Karriere beendet», ergänzt Xeno.

Xeno Müller: «Wir mussten untendurch»

Das Erfolgsgeheimnis ihrer Ehe lautet Aufgabenteilung. Er bringt und holt die Kinder zur Schule, unternimmt viel mit ihnen. Sie kümmert sich um den Haushalt, kocht gut und gern. Das alles fordert aber auch seinen Tribut: 100 Kilo war Xenos Kampfgewicht zu Aktivzeiten, heute sind es 35 mehr. «Ich habe als engagierter Vater mein persönliches Training vernachlässigt», gibt der Ruder-Star zu. Sein Vorsatz: «Die Kinder werden immer selbständiger, nun finde ich mehr Zeit für mich und will mindestens 20 Kilo abspecken.»

Zuerst einmal aber gehts auf Reisen: Zum ersten Mal weilt Xeno Anfang Juli mit seiner Familie in Europa. Besuch in der Schweiz bei seiner Schwester, Bundesrichterin Alexia Heine, 47. Dann nach Spanien zum 75. Geburtstag von Mama Edith und via Paris zurück - ein 3000-Kilometer-Trip. Nicht ganz günstig auch. «Wir haben gespart auf diese Reise zu meinen Wurzeln», so Xeno. Reich sei auch er im Rudersport nicht geworden, von den Sponsorengeldern von damals konnte er nicht über lange Zeit zehren: «Es gab Zeiten, da mussten wir untendurch. Aber heute kann ich von meinen Tätigkeiten zum Glück gut leben.»

Der grosse Xeno. Ein Mensch mit Ecken und Kanten. Früher ein Rebell, Schreck aller Funktionäre und Institutionen. Ein Kämpfer mit grossem Herzen und hohen Zielen: Seine letzten 500 Meter des Gold-Rennens in Atlanta sind heute noch der schnellste geruderte halbe Kilometer. Drei Sekunden betrug sein Rückstand auf die Spitze zu Halbzeit des unvergesslichen Finals - und er hats dennoch gepackt. «Weil ich es wollte. Und weil ich es vier Jahre zuvor meinem todkranken Vater Peter versprochen hatte.»

Von André Häfliger am 27. Juli 2016 - 11:05 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 15:00 Uhr