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5 Minutes with ...

Blanca Bernheimer, Kunsthändlerin

Die Familie Bernheimer handelt seit 150 Jahren mit Kunst. Im Dezember eröffnete die dreissigjährige Blanca Bernheimer eine Dependance für Fotografie in Luzern.Warum ein Foto eine Viertelmillion kosten kann, warum Instagram toll ist und wie sie Annie Leibovitz findet, erzählt sie hier.

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Porträt Blanca Bernheimer

Blanca Bernheimer

Galerie Bernheimer / Julian Baumann

SI Style: Die Dependance der renommierten Münchner Galerie Bernheimer in Luzern ist jetzt zwei Monate alt. Wie ist es angelaufen?
Blanca Bernheimer: Wir sind sehr zufrieden mit dem Start. Hier in Luzern wurden wir herzlich und warm aufgenommen. So langsam spricht es sich herum, dass wir da sind, und seit Anfang Jahr kommen immer mehr Besucher. 

Warum haben Sie sich für den Standort Luzern entschieden?
Die erste Idee war, nach Zürich zu gehen, weil dort die Dichte der Galerien hoch ist. Ich habe aber fast ein Jahr erfolglos Räume gesucht, entweder waren sie für uns zu gross oder zu teuer. Dass wir die Galerie hier in Luzern fanden, war eher ein Zufall. Mein Mann arbeitete hier und wir pendelten zwischen Luzern und München. Die Lage neben dem Aktionshaus Fischer ist ideal. Hier in Luzern fand 1952 übrigens die erste Weltausstellung für Fotografie statt. Die Stadt ist also eigentlich prädestiniert für eine Fotogalerie. Wir knüpfen auch an die Firmenhistorie an, denn Bernheimer hatte bereits Ende der Zwanzigjahre für kurze Zeit eine Dependance in Luzern. 

Worin unterscheidet sich der Schweizer zum deutschen Markt?
Hier ist der Markt natürlich noch kleiner. Es scheint mir ausserdem, dass in der Schweiz die Skepsis gegenüber der Fotografie ausgeprägter ist. Das hat mich überrascht, denn von aussen hatte ich immer das Gefühl, dass es hierzulande viele junge Galerien gibt, die ein progressives und zeitgenössisches Programm bieten. Vielleicht gibt es aber einfach noch nicht genügend Galerien für Fotografie.

Im Kunstmarkt hat man sich an überbordende Preise gewöhnt, für Fotografie wird meist nicht so viel bezahlt. Ist Kunstfotografie weniger wert?
Es gibt tatsächlich nur eine Handvoll Fotokünstler wie Andreas Gursky und Cindy Sherman, die Millionenpreise erzielen. Da reden wir von Toppreisen von vier Millionen, was im Vergleich mit einem Francis Bacon immer noch wenig ist. Der Wert definiert sich aber nicht über diese Preise. Bei der Fotografie gibt es halt meist mehrere Abzüge, auch wenn die Editionen oft klein sind. Die Frage ist für mich eher, warum jemand 72 Millionen für ein Gemälde bezahlt? Der Wert ist da in meinen Augen übersteigert, das hat einfach damit zu tun, dass mehrere Leute gleichzeitig dasselbe Bild wollen.

Wo liegt für Sie persönlich das preisliche Limit für eine Fotografie?
Es kommt sehr drauf an. Wenn es ein Original ist, vom Fotografen handabgezogen, datiert und signiert ist, dann wird es automatisch wertvoller. Diese Kriterien bestimmen die Preise für Fotografie. Die teuersten Bilder, die wir verkaufen, sind spezielle Abzüge von Irving Penn, von dem wir die Exklusiv-Vertretung im deutschsprachigen Raum haben, für ca. 250 000 Franken. In der Regel bewegen wir uns im Segment von 2000 bis 15 000 Franken.

Ich nehme mal an, bei Ihnen zuhause hängen auch Fotografien. Was sind das für welche?
Ich habe das grosse Glück, dass ich manchmal beschenkt werde von Fotografen, mit denen ich zusammenarbeite. Auch kleine Originale als Dankes- oder Weihnachtskarten bedeuten mir enorm viel, die habe ich alle gerahmt und eine Art Petersburger Hängung an einer Wand gemacht. Mit meinem Mann sammle ich auch Fotografie, hier kenne ich mich aus und weiss, ob wir etwas zum richtigen Preis kaufen können. Ich lege den Fokus auf die Printtechnik, beispielsweise Platindruck, und finde es spannend, wenn sie bezüglich Handwerk experimenteller sind.

Haben Sie einen Lieblingsfotografen?
Zu allen Fotografen, mit denen ich arbeite, habe ich eine spezielle Verbindung. Wen ich sehr schätze aber leider nicht vertrete, ist Hiroshi Sugimoto. Das ist einer meiner Stars!

Ausser Fotografie, was sammeln Sie?
Die Messe TEFAF in Maastricht ist unglaublich inspirierend und immer wieder gut, um Seltenheiten zu entdecken. Ich habe dort u.a. angefangen, kleine Vasen aus den Sechzigerjahren aus Japan zu kaufen. Überhaupt spricht mich die klare, asiatische Ästhetik sehr an.

Fotografieren Sie selber?
Eigentlich nicht mehr. Das machte ich früher und weiss deshalb auch, wie ich in der Dunkelkammer selber ein Bild entwickle. Das gedeiht mir jetzt zum Vorteil, aber ich merkte auch sehr schnell, wo ich als Laie im Vergleich zu den Profis stehe. Künstler und Händler sein ist etwas vollkommen anderes. Also fotografiere ich nur noch auf Reisen für mein privates Album.

Was sehen Sie, wenn Sie ein Porträt von sich betrachten?
Ich bin natürlich sehr kritisch, die armen Fotografen! Ich achte nicht nur darauf, wie die Haare sitzen und ob ich vorteilhaft aussehe, sondern auch auf das Licht und hinterfrage, warum ich nicht im Zentrum bin und so weiter. Ich achte ziemlich genau auf Details.

Was halten Sie von Instagram?
Das macht absolut Spass und damit kann man coole Sachen machen. Der Trugschluss wäre, dass man damit etwas Künstlerisches geschaffen hätte. Denn diese Apps, mit denen man die Bildern mit Filtern bearbeiten kann, sind ja eigentlich im Endeffekt nichts anderes als ein Baukastensystem. Das kann jeder, wie Malen nach Zahlen. 

Dass man Bilder massenhaft teilt, finden Sie gut?
Es entspricht unserer Zeit. Die Fotografie ist das Kunstmedium unserer Generation. Wir sind ununterbrochen von Bildern umgeben und viel mehr über Bilder geprägt als noch unsere Grosseltern. Wie filtern wir Nachrichten? Schauen Sie heutige Zeitungen an: Die Abbildung wird immer grösser, der Text immer kleiner. Fotografie und das Denken in Bildern entwickeln sich immer weiter.

Hat das auch mit unserer schnelllebigen Zeit zu tun? Ein Bild entsteht schneller als ein Text.
Mhhh, wenn wir Künstler wie Silke Lauffs anschauen, die stundenlang an der Entstehung eines Bilds arbeitet,  trifft das nicht unbedingt zu. Aber wir begreifen eine Message schneller über ein Bild als über einen langen Text.

Silke Lauffs

Silke Lauffs, Early Morning

Silke Lauffs / Galerie Bernheimer

In wen sollte man investieren?
Ich rate immer, sowohl in die klassische Fotografie zu investieren als auch in junge Kunst. In der klassischen Fotografie werden die Preise in nächster Zeit nach oben schnellen, weil es immer weniger Künstler gibt, die noch mit der klassischen Herstellung arbeiten. In den letzten Jahren gehörten auch Modefotografen wie Horst P. Horst und Irving Penn zu den Top-Sellern auf jeder Auktion. Auf junge Künstler zu setzen, ist immer ein grösseres Risiko, ermöglicht aber bereichernde Begegnungen. Durch die eigene Unterstützung kann man eine Karriere als Sammler auch fördern. 

Die interessanteste Person, die Sie je getroffen haben?
Eine schöne Begegnung war das Treffen mit dem Sohn von Irving Penn kurz nach dessen Tod. Er hat mir sein Studio gezeigt, alle seine Kameras und die Stoffe, die er für seine Hintergründe verwendet hat. Das war für mich wunderbar, weil er eine persönliche Ikone von mir ist.
Annie Leibovitz war auch eine sehr schöne Begegnung, die hatte entgegen ihrem Ruf überhaupt keine Star-Allüren, sie war im Gegenteil nett und sehr angenehm.

Worauf sind Sie stolz?
Ich war 23, als ich in München als Händlerin anfing und wurde anfangs oft belächelt. Dass ich mich in den letzten neun Jahren etabliert habe und meine Kollegen, die oft bereits seit den 80er Jahren im Handel tätig sind, mich als gleichberechtigten Partner sehen, macht mich schon stolz.

Wo gehen Sie hier in Luzern gerne shoppen?
Das ist hier schon ein bisschen begrenzter als in München. Das mache ich dann lieber dort, zum Beispiel bei Theresa. In Luzern kaufe ich sehr gerne die besonders guten Lebensmittel ein. Mein Mann und ich kaufen gern bei Globus oder auf dem Markt ein und kochen dann zuhause.

Wo gehen Sie gern auswärts Essen?
Ins El Padrino, ein sehr nettes italienisches Restaurant, das praktischerweise genau gegenüber der Galerie liegt. Das «Bam Bou» in The Hotel ist auch sehr lecker.

Ich sehe, Sie sind schwanger. Werden Sie nach der Geburt weiterarbeiten?
Ja, unbedingt! Wir werden eine Vertretung haben in der Galerie, wenn ich anfangs mehr von zu Hause arbeite, und wir haben eine Nanny engagiert. Mit der Hilfe meines Mannes bin ich zuversichtlich, dass es gut gehen wird. Wir hoffen auf ein braves Kind, dann klappt das bestimmt. (Lacht)

Aktuell ist in der Galerie Bernheimer in Luzern die Ausstellung «Silke Lauffs. Enchanted Places – Verwunschene Orte». Bis 3. Mai 2013

Von Nina Huber am 20. Februar 2014 - 11:14 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 17:43 Uhr