Jetzt sind Sie wieder für vier Jahre gewählt, als «Ratspräsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes (SEK)». Ein langer Titel. «Reformierter Bischof» wäre Ihnen lieber gewesen. Doch es kam zum «geköpften Bischof» (so die «Aargauer Zeitung»).
Die Reformierten haben Nein gesagt zu Ihrem Machtanspruch. Natürlich verstehe ich den Drang, der Kirche, die immer kleiner, ärmer und älter wird, eine starke Stimme, einen Leuchtturm zu geben. Gerade jetzt, wo der Papst im reformierten (!) Genf von 70'000 zahlenden Zuschauern wie ein Popstar gefeiert wird.
Ein reformierter Oberhirte muss seine Stimme erheben
Aber eben: Das Rezept für mehr Aufmerksamkeit kann nicht sein, dem Papst hinterherzurennen. Sie werden nicht besser wahrgenommen, wenn Ihr silbernes Kreuz auf der Brust noch grösser wird. Nutzen Sie lieber Ihr Amt, um dem Papst auf gut reformierte Art Konter zu geben, Themen gibts genug.
Francesco hat soeben den Schwangerschaftsabbruch bei schwer kranken Föten mit Programmen der Nazis verglichen und wieder einmal erklärt, dass nur Familien, die von einem Mann und einer Frau gebildet werden, Ebenbild Gottes sein können. Konservative Diskreditierung der Homo-Ehe im alten Stil des Vatikans. Gegen solches müsste ein reformierter Oberhirte seine Stimme erheben. Oder für die Gleichberechtigung der Frauen in den Kirchen.
Gemeinsame Auftritte mit katholischen Würdenträgern im Sinn von Friede-Freude-Eierkuchen-Ökumene sind nichts anderes als Anerkennung des Primats der katholischen Kirche. Aber eben: Für die Verkündigung fortschrittlicher reformierter Standpunkte braucht es Mut, nicht nur Attitüden.
Mit freundlichen Grüssen
Peter Rothenbühler