Liebe Viola Amherd
Eigentlich verrückt. Statt Ihnen in aller Form zu gratulieren, drücken Ihnen zurzeit viele Leute eine Art Beileid aus, weil Sie aufs ungeliebte Militärdepartement gesetzt worden sind, eine Art Strafe Gottes für eine Frau, die bisher das Gegenteil von einem zackigen Befehlshaber war.
Als Kind des Berner Oberlandes mit grosser Liebe zum Oberwallis bin ich persönlich stolz und hocherfreut, dass es ausgerechnet eine Oberwalliser Frau in die Regierung geschafft hat. Dass Sie das VBS übernehmen müssen, ist eine reine Machtfrage.
Vielleicht ist es ja so, dass diesseits und jenseits des Lötschbergtunnels die besten Armeeminister spriessen
Sicher wären Sie auch fürs Aussenministerium oder die Wirtschaft die richtige Frau gewesen. Nun, seis halt die Armee. Vielleicht ist es ja so, dass diesseits und jenseits des Lötschbergtunnels die besten Armeeminister spriessen: Jedenfalls hat der Kandersteger Dölf Ogi erfreuliche Spuren hinterlassen, und wie ich Sie kenne, werden Sie den Laden, den Ihnen der fahnenflüchtige Herr Parmelin recht unaufgeräumt übergibt, schon wieder zum Glänzen bringen. Dabei kann Ogis Rat nur hilfreich sein. «Man muss führen, man muss entscheiden wollen und deutlich machen: Ich bin die Chefin!» Und zwar sofort.
Ein Offizier hat mir gesagt, das müsse eine seltene Giftspritze sein, die unseren Generälen die Knöpfe eintun kann. Für Sie sind also die Zeiten vorbei, wo Sie in der schönen Tradition der christlich-sozialen Konservativen «Everybody’s Darling» waren, meistens den Weg des geringsten Widerstandes gegangen sind, rund und anpassungsfähig wie ein geschliffener Rhonestein.
Jetzt müssen Sie Ecken und Kanten zeigen. Das traut man Ihnen auch zu, wie ich höre.
Mit freundlichen Grüssen
Peter Rothenbühler