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Referendum gegen Vaterschaftsurlaub

Das Volk soll über zwei Wochen Vaterzeit entscheiden

Erst im September hatte sich das Parlament für zwei Wochen Vaterschaftsurlaub ausgesprochen. Nun will ein überparteiliches Komitee diesen wieder kippen. Heute soll das Referendum lanciert werden. Es sprechen allerdings gute Gründe für einen bezahlten Urlaub für Neo-Väter.

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Vaterschaftsurlaub Vater Baby

Die Diskussion rund um den Vaterschaftsurlaub ist auch eine Gleichstellungsdiskussion.

Getty Images

Nach dem Ständerat hatte sich in der Herbstsession auch der Nationalrat für eine Auszeit von zwei Wochen für frisch gebackene Väter entschieden. Mit 129 zu 62 Stimmen bei einer Enthaltung viel die Entscheidung relativ deutlich aus – einzig die grosse Mehrheit der SVP und einzelne FDP-Nationalräte waren dagegen. Kurz darauf wurde die Volksinitiative für einen vierwöchigen Urlaub zurückgezogen, dieser hätte nächsten Frühling zur Abstimmung kommen sollen. Einer Umsetzung der zweiwöchigen Vaterzeit schien nichts mehr im Wege zu stehen.

Doch jetzt regt sich Widerstand gegen den Vaterschaftsurlaub, am Freitagnachmittag soll ein entsprechendes Referendum lanciert werden – mit dem Ziel einer Volksabstimmung. Ein überparteiliches Komitee gegen mehr staatliche Abgaben lädt zu einer Pressekonferenz. «Parlamentarier, Unternehmer und Gewerbevertreter ergreifen das Referendum gegen diese Gratis-Ferien für wenige, welche durch Lohnabzüge von allen finanziert werden sollen», zitiert der «Blick» aus der Einladung.

Im Komitee kämpfen zwei Frauen aus der SVP an vorderster Front, wie die Zeitung weiter schreibt. Nationalrätin Diana Gutjahr, 35, und die Zürcher Gemeinderätin Susanne Brunner, 47. Gutjahr ist ausserdem Vizepräsidentin des Gewerbeverbands des Kantons Thurgau. Daneben sollen auch Alt-CVP-Nationalrat Arthur Loepfe,76, sowie Patrick Eugster, Vizepräsident der Jungfreisinnigen Zürich, anwesend sein.

Nach Bekanntwerden der Referendums-Lancierung hat sich das Family-Ressort spontan ein paar Gedanken gemacht – und gute Gründe für einen zweiwöchigen (oder längeren) Vaterschaftsurlaub gefunden. Hier vier Punkte, die definitiv für mehr Vaterzeit sprechen:

Die 50er wollen ihre Ideen zurück – Vaterschaftsurlaub ist auch eine Gleichstellungs-Frage 
Die Schweiz ist bezogen auf die Familie ein wahnsinnig mütterbezogenes Land. Mütter bekommen Mutterschaftsurlaub, damit begleiten Mütter das Neugeborene federführend durch die ersten turbulenten Wochen und die Mütter, nun, bleiben für immer die Mütter. Irgendwann sind sie dann vielleicht berufstätige Mütter, oder sie sind stay-at-home Mütter – aber Mütter halt, mit potenziell reduzierten Karriere-Chancen oder in der Gratis-Betreuungsarbeit-Falle, die sich langfristig auswirkt.

Die Diskussion rund um den Vaterschaftsurlaub ist deshalb auch eine Gleichstellungsdiskussion. Und darum unglaublich wichtig. Wenn Vätern zumindest im Kleinen (zwei Wochen, ernsthaft, sind ziemlich wenig) die Relevanz für ein Kinderleben zugestanden wird, die sie verdienen, dann ändert sich vielleicht auch das Mind-Set im Grossen. Das heisst: Die Kinder sind in vielen Bereichen unseres sozialen Zusammenlebens nicht automatisch für immer per imaginärer Nabelschnur an die Mütter gebunden, sondern die Väter würden auch ihr Schärflein tragen. Vielleicht würden wir dann nicht für immer und ewig die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu diskutieren haben, weil wir einen grossen Schritt in Richtung Gleichstellung schon getan haben. Wäre das nicht schön? 

Medizinische Gründe 
Nach einer Geburt haben Frauen Schmerzen – egal wie sie ihr Kind auf die Welt gebracht haben. Manchmal sind die Schmerzen grösser, manchmal kleiner, manchmal münden sie in ernsthafte Komplikationen. In kurz: Mütter brauchen in den ersten Tagen nach einer Entbindung Unterstützung in vielen Bereichen. Schon mal wenige Tage nach einer Geburt gestaubsaugt? 

Familien müssen sich finden 
Eine stabile Familie hat gewisse Herausforderungen mit der Zeit ausgeknobelt, die Logistik steht, die Aufgaben sind verteilt. Das braucht Zeit. Und gerade am Anfang prallt da viel auf Neu-Eltern ein. Die Zwei ist plötzlich eine Drei – das ist nicht leicht. Langfristig ist es für alle von Vorteil (ja, auch für Unternehmen) wenn Eltern ihr Familienfundament auf Betonplatten bauen. Zwei Wochen reichen, um immerhin schon mal ein erstes Fundament zu giessen. 

Beruhigt euch 
Laut dem Bundesamt für Statistik (BfS) hat sich die Geburtenrate 2018 seit 1975 «pro Frau auf tiefem Niveau stabilisiert». Sie schwanke zwischen 1,5 und 1,6 Kindern für die in der Schweiz ansässigen Frauen. Was heisst das für den Vaterschaftsurlaub? Auf Jahrzehnte voller Arbeit innerhalb eines durchschnittlichen Männer-Arbeitslebens bis zur Pensionierung kämen im Durchschnitt rund 3 Wochen Extra-Ferien. Das ist nicht viel.  

Ob die nötigen Unterschriften für ein Referendum zustande kommen, ist noch unklar. Unterstützung findet es jedenfalls vom SVP-Vorstand. Die Partei hatte zuvor erfolglos Allianzen für ein Referendum gesucht. Der Schweizerische Gewerbeverband und auch der Arbeitgeberverband gaben ihr bislang einen Korb.

Von Schweizer Illustrierte am 8. November 2019 - 12:31 Uhr