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  4. Gesunder Znüni für Kinder: Schokolade ist verboten

Znüni-Falle

Mama, alle haben im Fall Schoggi dabei

Es gehört zu den Aufgaben der Eltern schulpflichtiger Kinder. Jeden Morgen packen tausende und abertausende leicht übermüdete Erwachsene Znüni-Boxen. Das ist gar nicht so einfach. Fünf Phasen der Verzweiflung.

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Znüni

Herausforderung für alle Eltern: Was packe ich meinem Kind in die Znüni-Box?

Getty Images/Westend61

Eigentlich wissen wir es ja alle: Zucker in der Znüni-Box? Böse, böse, böse. Einzeln verpackte Mozzarella-Sticks mit einer Garnitur Minipic. Der Untergang der Menschheit (Plastik! Böse Fette!) Schoggi mit Brot? Minimal nostalgisch, maximal verboten. Wir können das besser, natürlich. Aber nicht immer. Willkommen bei «Znü-no-sophy» – einem geschlossenen Drama in fünf Akten.

1. Exposition 
Ihr habt Kinder? Dann erfüllt ihr die wichtigste Voraussetzung schon mal. Wer sonst würde freiwillig Znüni-Boxen packen. Das Zeitfenster ist klar gesetzt und gleichzeitig auch wahnsinnig beschränkt. Ihr habt – je nach Tagesablauf – geschätzte vier bis sieben Minuten Zeit, die Znüni-Boxen zu packen (wir gehen davon aus, dass ihr entweder superkrassgut erzogene Kinder habt, die ihre Boxen jeden Tag brav nach Hause tragen oder in weiser Voraussicht ein Lager an Dosen aufgebaut habt, die ihr hoffentlich nach jedem Abwasch inklusive Deckel an einem klar definierten Ort verräumt habt). Erschweren wir noch kurz die Grundbedingungen: Während ihr eure Küche nach halbwegs angemessenen Snacks durchforstet, motiviert ihr gleichzeitig mit liebevoll gebellten Worten eure Kinder dazu, sich fertig zu machen. Ach was, ihr zieht sie gleich selbst an. Multitasking, kännsch? 

2. Erregendes Moment 
Im klassisch-geschlossenen Drama folgt auf die Exposition ein erregendes Moment. Die Helden (also ihr) treffen eine bedeutsame Entscheidung – das Drama beginnt. Womöglich habt ihr eure bedeutsame Entscheidung bereits im Vorfeld getroffen: Ihr habt den Wocheneinkauf verschoben und habt nichts im Schrank? Dann empfehlen wir gleich hier und jetzt abzubrechen und direkt zum Bäcker des Vertrauens zu gehen. Das wird nichts mehr. Alle anderen: Ihr habt eine Auswahl und im Prinzip zwei Möglichkeiten: Liebevoll Gürkchen parat säbeln, Karöttchen klein schneiden, irgendeine Art von Beeren dazu dekorieren, um das Kunstwerk dann mit ein paar Vollkorn-Guetzli abzurunden. Oder: Minipic und Mozzarella-Stick. Das Schicksal nimmt seinen Lauf, denn... 

3. Peripetie – wir sind am Wendepunkt  
...das inzwischen bestenfalls korrekt gekleidete Kind gesellt sich dazu. Allenfalls knabbert es an seinem Frühstück herum oder ist grumpy (Kinder sind nicht per se Morgenmenschen). Und – herrje – es sieht seine Znüni-Box – und ist nicht einverstanden. Es will lieber ein Linzertörtli haben, oder hat gerade keine Lust auf Gurken, weil Kumpel X in der Pause am Vortag von den Vorzügen liebevoll geschnippelter Kohlrabi geschwärmt hat. Nun haben die Helden der Geschichte wiederum zwei Möglichkeiten: a) einknicken, alles nochmals von vorne oder b) schlau argumentieren (oder manipulieren «du, ähm, Linzertörtli, die darf man am Dienstag nicht einpacken, weisch...»).  

4. Das tragische Moment entfaltet sich 
Inzwischen sind die Kleinen wohlgenährt von Schule und Kindergarten zurückgekehrt. Liebevoll packt ihr die Schultaschen aus und freut euch, dass ihrs nochmals geschafft hat. Plötzlich flattern euch kleine Nachrichten entgegen – manchmal sind die direkt in die Znüni-Box verpackt, manchmal kommen sie mit der Kindergarten-Post, gelegentlich fliegen sie euch ins elektronische Postfach. Es gibt drei Möglichkeiten: Möglichkeit 1, passiv-aggressiv: Ihr findet den städtischen Flyer mit Empfehlungen für ein gesundes Znüni. Jetzt wisst ihr: Die Minipics, nun, es ist aufgefallen. Möglichkeit 2, offen-allgemein: Die Mail tarnt sich als allgemeine Empfehlung an alle Eltern, man möge doch bitte ein bisschen schauen, dass der Box-Inhalt gesund bleibt. Ihr fühlt euch ertappt, verschwindet aber noch in der Masse. Möglichkeit 3, offen-direkt-autsch: Ihr findet eine handgeschriebene Nachricht, dass das organisch-zuckerfreie Apfelmus eben doch nicht so zuckerfrei ist mit dem Hinweis, künftig doch bitte lieber einen ganzen Apfel einzupacken. Das Kind bekräftigt dies und sagt: «Du darfst mir das nicht mehr mitgeben.»  

5. Moment der Spannung – nun entscheidet es sich 
Ihr seid von den Socken. Ihr schwankt zwischen, «gehts noch?!?!» und «ich schade meinem Kind». Ihr gelobt natürlich Besserung (habt ihr eine andere Wahl?) und schlaft eine Nacht drüber.  

Eine Tragödie endet meist mit dem Untergang der Helden. Weil ihr Eltern seid, geht ihr nicht unter. Das ist sowieso nie eine Option. Vielleicht klebt ihr jetzt den städtischen Flyer mit den Empfehlungen für ein gesundes Znüni in den Schrank. Nur als Inspiration, ihr seid immerhin erwachsen und habt alle Tassen im Schrank, logisch gibts das Linzertörtli maximal einmal in der Woche. Möglicherweise nehmt ihr euch einen Tipp aus der Mail zu Herzen. Wenn die Kinder Vollkorn-Guetzli einfach mal satt haben, dann ist Popcorn nicht die dümmste Alternative. Ihr notiert mental «Popcorn kaufen» und lebt euer Leben weiter. Denn – und das ist das Schöne daran – es geht auch hier um ein bisschen Balance. Das klassische Schoggi-und-Brot-Znüni der 80er dann und wann hat uns auch nicht am Wachsen gehindert. Wachsen wir also auch jetzt über uns hinaus und erkennen: Alles wird gut. Mit und ohne gelegentliches Minipic.

Von Bettina Bendiner am 27. Februar 2020 - 07:09 Uhr