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Wegen Coronavirus

Schweizer Segler-Familie in Mexiko gestrandet

Die vierköpfige Familie Zäch aus dem Kanton Zug ist im Frühling 2019 losgesegelt mit dem Ziel, die Welt zu entdecken. Doch dann hat ihnen das Coronavirus einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aktuell sitzen sie in Zentralamerika fest.

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familie zäch mexico

Vor dem Corona-Lockdown: Familie Zäch ist im Dezember in Mexiko Stadt angekommen.

ZVG

Der Winter auf See vor Italien war schwierig. Aus diesem Grund entschieden sich Oliver und Liset Zäch mit den Kindern Atl und Lou Mitte Dezember für einen spontanen Besuch bei der Familie in Mexico. Das Segelboot wurde sicher vertaut, die wichtigsten Sachen gepackt. Sie wollten im Frühling zurück sein und ihren Segeltörn in Richtung Karibik fortsetzten. Doch dann kam ihnen, wie so vielen anderen, das Coronavirus dazwischen.

Hier erzählen sie uns von den schönen Momenten ihrer Reise nach Mittelamerika und davon, wie sie in Mexiko mit der Corona-Krise umgegangen wird.

Stürme verunmöglichen das Segeln

«Als wir Mitte Dezember spontan nach Mexiko geflogen sind, hatte das zwei Gründe. Da waren einerseits die Winterstürme, welche nun in regelmässigen Abständen über das Mittelmeer hinwegzogen und das Segeln verunmöglichten. Und dann war da die Chance, nach vielen Jahren in der starren Struktur aus Arbeit und Schulferien der schulpflichtigen Kinder, eine längere Zeit in unserer zweiten Heimat mit unserer mexikanischen Familie zu verbringen.

Eigentlich wollten wir ja bis im Dezember mit unserem Segelboot die Kanaren erreichen. Aber Planen und Segeln hört sich leichter an, als es ist.

So haben wir also nach einer weiteren Sturmnacht mit fast 120 Stundenkilometern unsere geliebte «Hardrock» am Steg in Roccella Ionica in Süditalien vertaut und sind mit dem Zug nach Rom gefahren. Zwei Tage später sassen wir im Flieger nach Mexiko Stadt.

«Abends beginnt auf dem Dorfplatz das Leben. Kinder spielen Fangen und die Alten trinken ein kühles Bier.»

Oliver Zäch
Zurück zu den Wurzeln

Im Schosse der Familie angekommen, verging kaum ein Tag ohne Einladung für ein Fest. Gemeinsam unternahmen wir Reisen nach Acapulco, wo die Kinder den Pool genossen und ich meinem Schwiegervater Renovationen am Haus vornahm.

Wir reisten auch nach San Jerónimo, ein kleines Fischerdorf an der Pazifikküste, etwa 150 Kilometer nördlich von Acapulco. Hier im mexikanischen Niemandsland liegen die Wurzeln meiner Frau und unserer Kinder. Der Grossvater meiner Frau war hier sein ganzes Leben lang Lehrer. Das Haus ist einfach, Fenster sucht man vergebens. Im oberen Stock wird in einer Art Massenlager geschlafen. Vor jeder Matratze steht ein Ventilator. Bei Stufe fünf fühlt man sich im freien Fall.

Abends, wenn die Sonne untergeht und die Temperatur auf 28 Grad sinkt, beginnt auf dem Dorfplatz das Leben. Kinder spielen Fangen, die Alten unterhalten sich bei einem kühlen Bier und die Frauen sitzen zusammen. Paare tanzen zu Chilena, der typischen Musik in Guerrero und am Strand gibts frischen Fisch. Während wir es uns schmecken lassen, verschwindet unser Nachwuchs mit den einheimischen Kindern zum Spielen. So verbringen wir Tage und Wochen.

Präsident ruft zum Tragen von Amuletten auf

Wenn uns die Fluggesellschaft nicht unseren Rückflug gestrichen hätte, wir hätten hier in Mexiko nichts von der Covid-19-Pandemie gemerkt. Präsident Obrador ermahnt zum Tragen von spirituellen Amuletten und meinte, dass eine Umarmung noch niemanden geschadet hätte. Aber was will er auch sagen, in einem Land in dem drei Viertel der Bevölkerung im informellen Sektor ohne Vertrag arbeiten, wo es den Lohn abends bar auf die Hand gibt?

Hier europäische Quarantäne-Pläne durchzusetzen gestaltet sich sehr schwierig. Geschäfte würden geplündert und Chaos bräche aus. Beim Segeln haben wir gelernt, gelassen zu bleiben und Dinge so anzunehmen wie sie sind. Darin sind die Mexikaner Weltmeister. Aufregen? Panik? Fremdwörter. Das tägliche Familiengebet wird nun einfach via Zoom-Konferenz veranstaltet. Der katholische Glaube gibt den Menschen hier nicht nur während der Corona-Krise Halt.

«Die Selbstquarantäne fühlt sich fast ein bisschen so an wie das Leben auf unserem Segelboot.»

Oliver Zäch

Wir haben mittlerweile ein Haus in Queretaro, rund 1.5 Stunden von Mexiko Stadt, gemietet. Hier fühlen wir uns wohl. So gut es geht vermeiden wir den Kontakt mit unserem Umfeld. Homeschooling, gemeinsam Kochen, Netflix schauen, Spiele spielen, im Garten Sport machen – die Selbstquarantäne fühlt sich fast ein bisschen so an, wie das Leben auf unserem Segelboot.

Dank regelmässiger Nachrichten aus der Marina in Italien wissen wir, dass es unserem 25-Quadratmeter-Daheim gut geht. Doch Segeln ist aufgrund des Lockdowns bis auf Weiteres verboten. Da bleibt nur Warten. Wir hoffen, dass wir im Mai zurückfliegen können. Aber Planen und Segeln, das ist bekanntlich so eine Sache…»

Familie Zächs Segeltörn

Famlie Zäch ist seit dem Frühling 2019 auf ihrem Segelboot unterwegs. Start der Reise war in der Südtürkei, das Traumziel ist die Karibik. Wie lange Schreiner und Sozialpädagoge Oliver, 40, Eventmanagerin Liset, 37, und die Kinder Atl, 9, und Lou, 5, über die Weltmeere tingeln wollen, wissen sie selbst noch nicht. Auf ihrem Reiseblog «Familia por el mundo» könnt ihr nachlesen, wie es im Alltag auf den 25 Quadratmetern so läuft.

familie zäch

Familie Zäch auf ihrem Segelboot.

ZVG
Von edi am 13. April 2020 - 18:09 Uhr