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Kinder auf dem Schulweg

Sind Trottinetts die neuen Elterntaxis?

Miniscooter, Trottinetts und Kickboards – so ist auch ein langer Schulweg schnell zu schaffen. Wenn Eltern ihren Kindern erlauben, mit einem solchen Hilfsmittel in die Schule zu fahren, ist das zwar gut gemeint, aber nicht unbedingt sinnvoll, meinen Experten. Aus drei Gründen.

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Three kids riding to school. The kids are wheeling their bike and scooters across zebra crossing.Nikon D850

Vor der Mittelstufe seien Kinder weder motorisch noch entwicklungspsychologisch in der Lage, den Schulweg auf einem Trottinett zurückzulegen, sagt Schulwegexperte Pascal Regli.

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1. Schnelligkeit gefährdet die Sicherheit

Was die Sicherheit angeht, sind sich die Fachorganisationen einig: Fahrzeugähnliche Geräte, kurz fäG, wie eben Trottis oder Miniscooter, haben auf dem Schulweg nichts verloren. Zumindest nicht im Kindergarten oder der Unterstufe. «Ich würde sagen, dass Kinder motorisch und entwicklungspsychologisch erst ab der Mittelstufe in der Lage sind, die Fahrdynamik eines fäG im Strassenverkehr richtig einzuschätzen und zu beherrschen», sagt Schulweg-Experte Pascal Regli von Fussverkehr Schweiz.

«Wenn Kinder mit erhöhter Geschwindigkeit unterwegs sind, sehen Automobilisten sie oft zu spät.»

Pascal Regli, Schulwegexperte

Die Zahlen geben ihm recht. Kinder sind zu Fuss im Kindergartenalter mit ein bis zwei Stundenkilometern unterwegs, später mit bis zu drei Stundenkilometern. Auf dem Trottinett erhöht sich ihre Geschwindigkeit um ein Vielfaches. Damit steigt auch die Unfallgefahr durch Stürze oder Kollisionen mit dem motorisierten Verkehr sowie die schwere der Verletzungen an.

«Wenn Kinder mit erhöhter Geschwindigkeit unterwegs sind, sehen Automobilisten sie oft zu spät», sagt Regli. Deshalb wird unter Anderem empfohlen, dass die Kinder bei der Querung der Strasse vom Gerät steigen sollen, um zu Fuss über die Strasse zu gehen.

Zwar zeichnet die Entwicklung des Unfallgeschehens bei Kindern zwischen 5 und 14 Jahren im Strassenverkehr ein positives Bild, die Zahl der im Strassenverkehr schwer verletzten und getöteten Kinder ist seit 1980 um ca. 90 Prozent zurück gegangen, jedoch verunfallte zwischen 2011 und 2015 jedes fünfte Kind mit einem fäG. Darunter fallen auch Miniscooter, Trottinetts und Kickboards. 42 Prozent der Unfälle, in die Kinder verwickelt waren, passierten auf dem Schulweg.

2. Der Schulweg als Lernfeld und Freiraum

Der Schulweg ist mehr als eine Strecke von A nach B. Für viele Kinder ist er eine der wenigen Freiräume, in denen sie sich unbeobachtet entwickeln können. Ein immens wichtiges Lern- und Erlebnisfeld. Dass Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen, ihnen damit schaden können, ist hinreichend bekannt.

Hat ein Scooter auf dem Schulweg denselben Effekt wie das Elterntaxi? Hier gibt der Schulwegexperte teilweise Entwarnung: «Gehen ist natürlich die ursprünglichste Form der Fortbewegung und macht auf dem Schulweg besonders viel Sinn, weil man dabei Gestikulieren, das Rad schlagen, reden, Hecken durchforsten, Konflikte austragen und Selbständigkeit lernen kann.»

Mit dem Miniscooter sei dies etwas eingeschränkter möglich. «Man muss sich konzentrieren und bremsen können. Auf dem Trottoir fährt man zudem eher hinter als nebeneinander.» Wenn Miniscooter allerdings im privaten Umfeld nicht als Fahrzeuge sondern als Spielgeräte eingesetzt werden, kann Pascal Regli ihnen nur Positives abgewinnen. «Wer seine Kinder mit Laufrädern, Trottinetts und anderen Geräten spielen lässt, fördert ihre motorische Entwicklung sehr. Später, wenn die Kinder alt genug sind, um mit dem Velo zur Schule zu fahren, kommt ihnen das zugute.»

School kids running in schoolyard

Der Schulweg ist ein Freiraum, in dem sich Kinder unbeobachtet entwickeln können.

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3. Gehen hält gesund und fit

Kinder gehen den Schulweg durchschnittlich 3.1 Mal am Tag. Da kommen schnell einige Kilometer zusammen, die der kindlichen Gesundheit zuträglich sind. Und zwar auch dann, wenn die Kinder sie auf einem fäG zurücklegen. «Trottinettfahren ist eine aktive Mobilitätsform. Wer so unterwegs ist, übt eine relativ intensive Bewegung aus und hält sich damit fit», sagt Regli.

Allerdings weiss der Schulweg-Experte aus eigener Erfahrung: «Wenn die Strecke sich länger zieht, wird es unangenehm, sie mit dem Trottinett zurückzulegen, da man immer dasselbe Bein und die dieselben Muskelgruppen belastet. Ich finde das unbequem und anstrengend.»

Sylvie Kempa
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Von Sylvie Kempa am 21. Februar 2020 - 16:26 Uhr