«Ja» zu sagen ist viel einfacher als ein klares «Nein». Ein Geschenk zu kaufen, dauert weniger lange, als mit einem Kind ein Brettspiel zu spielen. Und sich Ruhe zu erschleichen ist ganz einfach, wenn man ein Kind kurzerhand vor den Bildschirm setzt. Kurz zusammengefasst: Ein Kind zu verwöhnen ist viel einfacher, als das nicht zu tun.
Mit Liebe kann man ein Kind nicht verwöhnen
Wahrscheinlich ist allen Eltern klar, dass Kinder klare Grenzen brauchen, um sich geborgen und sicher zu fühlen, und dass eine konsequente Erziehung auch das Kind glücklicher macht. Und natürlich ist es auch völlig in Ordnung, mal nachzugeben oder über die Stränge zu schlagen. Wenn ein Kind mal drei Eiscremes am Tag kriegt, ist es deswegen nicht gleich verwöhnt, sondern es lernt, das Leben aus vollen Zügen zu geniessen. Verwöhnt wird es erst, wenn über einen längeren Zeitraum Regeln gebrochen oder Gefühle mit Sachgütern befriedigt werden.
Merke: Mit Liebe, Zuneigung und Geduld kann man ein Kind nicht verwöhnen. Jedoch mit der Art uns Weise, wie man diese Liebe zeigt, sehr wohl. Denn wer einem Kind aus lauter Zuneigung immer nachgibt, schadet ihm im Endeffekt.
Ein Kind das nicht lernt, mit negativen Gefühlen umzugehen, etwa mit Ungeduld oder einem nicht erfüllten Wunsch, wird auch weniger Resilienz entwickeln. Und Resilienz ist das Immunsystem der Seele: Unsere Fähigkeit, nach einem Rückschlag oder Stolperer aufzustehen, die Krone zu richten und weiterzuziehen.
Verwöhnten Kinder fehlt im Erwachsenenalter diese Fähigkeit. Ausserdem leiden sie unter Unzufriedenheit oder hohen Erwartungen, die nicht erfüllt werden. «Als Kinderpsychologin sehe ich, wie verwöhnte Kinder zu verweichlichten, egoistischen, unglücklichen und ständig unzufriedenen Erwachsenen heranwachsen», sagt Erziehungsexpertin Michele Borba auf CNBC.
So erkennen Eltern, ob sie ihr Kind verwöhnt haben
Etwas, das sich wohl keine Mutter und kein Vater für ihr Kind wünscht. Nur, wie erkennen wir, ob wir unsere Kinder zu verwöhnten Gören erzogen haben? Laut Michele Borba gibt es fünf Hinweise darauf. Wenn ein Kind öfter eine oder mehrere der folgenden Verhaltensweisen an den Tag legt, könnte Handlungsbedarf bestehen: Missgunst, Ungeduld, fehlende Dankbarkeit, fehlende Genügsamkeit und wenn Kinder Mühe bekunden, ein «Nein» als Antwort zu akzeptieren.
Wie man ein verwöhntes Kind entwöhnt
Nun ist es glücklicherweise so, dass man Kindern das Verwöhnen auch wieder abtrainieren kann. Damit, dass man das Problem erkennt und nicht dem Kind dafür die Schuld gibt, sondern es bei sich selbst ortet, ist bereits der erste und wichtigste Schritt gemacht. Nun müssen wir den Auslöser für UNSER Verhalten als Eltern orten: Fehlt uns die Energie, um konsequente Regeln durchzusetzen? Wünschen wir uns mehr Anerkennen und machen es uns mit Belohnungen leicht? Versuchen wir, mit dem Verwöhnprogramm fürs Kind ein schlechtes Gewissen zu beruhigen? Was auch immer dahinter steckt: Erst wenn wir den individuellen Auslöser für unser elterliches Fehlverhalten kennen, können wir dagegen vorgehen.
Nun gilt es, sich zu überlegen, wie man eingefahrene Muster brechen könnte. Das Kind sollte in diesen Prozess miteinbezogen werden. Erklärt ihm, womit ihr euch unwohl fühlt und welche Überlegungen dazu führen, dass ihr neue Regeln für das Zusammenleben definieren wollt. Diese Regeln zu definieren, ist wichtig. So wird die Situation für das Kind fassbar. Sich an einem festen Rahmen orientieren zu können, hilft Kindern, mit allfälligem Frust umzugehen. In Frankreich nennt man diese Taktik «le quadre». Damit beschreibt man einen Raum, innerhalb dessen klar definierten Grenzen sich ein Kind selbstbestimmt bewegen darf.
Jetzt kommt der schwierigste Teil: Konsequent bleiben.
Keine Sorge, das kommt schon gut. Einen detaillierten Sieben-Schritte-Plan zur Entwöhnung eines verwöhnten Kindes findet ihr unter diesem Link.