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Lehrlinge in traditionellen Berufen

Altes Handwerk, junge Büezer

Kaum Nachwuchs, vom Aussterben bedroht: Das traditionelle Handwerk kämpft ums Überleben und gegen Vorurteile. Fünf Lehrlinge erzählen der «Schweizer Illustrierten», warum ihr Wunschberuf so gar nicht veraltet und verstaubt ist. Im ersten Teil: eine Kürscherin und ein Messerschmied. 

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MARIE-LOUISE STÄMPFLI, 29, KÜRSCHNERIN
Mit einem Schuhmacher als Vater wuchs Marie-Louise Stämpfli mit der Bearbeitung von Leder auf. «Die Arbeit mit Naturmaterialien hat mich immer fasziniert.» Sie wollte wissen, wie man Felle und Leder zu Kleidung und Taschen verarbeitet, suchte einen passenden Beruf, fand den Kürschner und den Ausbildungsplatz bei Thomas Aus der Au in Zürich - dem einzigen Kürschner in der Schweiz, der noch ausbildet. «Oft muss ich erklären, was ein Kürschner ist», sagt die 29-Jährige. Ihre Familie und Freunde hätten geteilte Meinungen über ihren Berufswunsch: «Die einen finden es cool, edel und wertvoll, die anderen sehen das Fell lieber am Tier.»

In seinem Geschäft verarbeitet Thomas Aus der Au vor allem Rotfuchsfelle - bis zu 300 Stück im Jahr. Um den Bestand zu regulieren, werden in der Schweiz jährlich rund 30'000 Füchse erlegt, das Fell landet oft im Abfall, denn die Verarbeitung ist aufwendig. Die Arbeitstechniken des Kürschners haben sich über die Jahre kaum geändert. Für die heutige Pelzmode sowie Reparaturen und Änderungen werden die Felle per Hand bearbeitet, zugeschnitten und mit der Nähmaschine vernäht. Marie-Louise findet das Kürschner-Handwerk sehr wertvoll und erhaltenswert. Dafür solle der Bund Anreize schaffen und die Lernenden finanziell unterstützen, sagt sie. Denn um ihren Beruf in Zukunft erfolgreich ausüben zu können, müsse sie innovativ und flexibel sein.

Lehre: Bekleidungsgestalterin (Kürschnerin) EFZ
Lehrzeit: 3 Jahre
Kürschner in der Schweiz: rund 30
Lehrlinge pro Lehrjahr: 1
Ausbildungsstätte: Kürschner Thomas Aus der Au, Zürich

DANIEL STOCKER, 23, MESSERSCHMIED
Eigentlich wollte Daniel Stocker eine Ausbildung zum Schmied machen, doch als das nicht klappte, suchte er nach einer Alternative und fand den Messerschmied. «Ich schnupperte eine Woche lang rein, dann habe ich die Lehrstelle gehabt.» Am Beruf fasziniere ihn vor allem das Feuer und die Möglichkeit, Metall zu formen. Gerne würde er über einem offenen Kohlefeuer arbeiten, doch das brauche viel Platz und daure länger. Stattdessen arbeitet Daniel mit einer 1000 Grad heissen Gasflamme, bringt Messerklingen auf dem Amboss mit dem Hammer in Form. Dazu arbeitet der 23-Jährige am Schleifstein und erledigt Serviceaufträge.

Der Beruf ist anstrengend und bedarf vieler Übung. «Beim Messerschleifen kann es schon mal bluten», sagt Daniel und testet die Schärfe einer Klinge, indem er mit seiner Daumenspitze über die Schneide fährt. Und wie erkennt man einen guten Messerschmied? «Gib ihm eine Schere zum Schleifen.» Das sei die höchste Kunst, sagt er und erzählt, dass er an der Berufsschule der einzige Messerschmied sei.

Obwohl die Auftragslage für Messer- und Werkzeugschmiede gut sei, würden immer weniger Lehrstellen ausgeschrieben. Der Nachwuchs sei oft schlecht qualifiziert. Und: «Es gibt keine Arbeit, die eine Maschine nicht auch übernehmen kann.» Denn Handarbeit sei teuer, die Arbeit einer Maschine längerfristig billiger. Nach der Ausbildung will Daniel die Berufsmatura machen, etwas von der Welt sehen und dann in seinem gelernten Beruf arbeiten.

Lehre: Messerschmied EFZ
Lehrzeit: 4 Jahre
Betriebe: in der Schweiz 24
Lehrlinge pro Lehrjahr: 2
Ausbildungsstätte: F. Zulauf Messerschmiede und Werkzeugfabrikations AG, Langenthal BE

Im zweiten Teil: Korb- und Flechtwerkgestalterin, Müller, Textiltechnologe

Von Maren Meyer am 31. Juli 2015 - 10:08 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 15:57 Uhr