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Wahlen 2015

Im Porträt: Grüne-Präsidentin Regula Rytz

Er ist der oberste Landschaftsschützer der Schweiz. Sie die Co-Präsidentin der Grünen. Doch Raimund Rodewald und Regula Rytz verbindet viel mehr als die Liebe zur Natur.

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RR und RR. Die Gemeinsamkeiten bei Regula Rytz, 53, und Raimund Rodewald, 56, beginnen schon bei den Initialen. Und gehen weiter bei der Herkunft: Die Mutter von Rytz und Rodewalds Vater stammen beide aus Oppeln in Schlesien, dem heutigen Opole in Polen - und erlebten die Schrecken des Zweiten Weltkriegs. Und dann verbindet sie ihr beharrlicher Einsatz für Natur und Landschaft: Regula Rytz tut es als Nationalrätin und Co-Präsidentin der Grünen, Raimund Rodewald als Geschäftsführer der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz.

«Ich war sehr beeindruckt, als ich Regula erstmals traf», sagt Raimund Rodewald. Das war 1993, als sie gemeinsam im Stiftungs-rat des Ökozentrums Bern sassen. Rytz war bereits Grossrätin und habe, so Rodewald, Kompetenz, Entschlossenheit und gleichzeitig auch viel Menschlichkeit ausgestrahlt. So viele Gemeinsamkeiten, da ist es nur logisch, dass sich Rodewald und Rytz bald anfreunden. «Ich war erst kurz zuvor von Schaffhausen in die Hauptstadt gezogen. Regula wurde quasi zu meiner Berner Integrationsbeauftragten», sagt Rodewald. Auch das berufliche Engagement verbindet. «Im Ökozentrum leisteten wir Pionierarbeit», sagt Rytz. Heute seien Verkehrsberuhigungen in den Quartieren oder das Abfallrecycling selbstverständlich. «Doch damals mussten wir für solche Dinge viel Überzeugungsarbeit leisten.» Im Berner Elfenaupark, wo sich die beiden heute treffen, gelingt ihnen das erste Meisterstück ihres politischen Engagements: 2001 will die Stadt Bern auf der Manuelmatte 60 Luxuswohnungen bauen lassen. Die «Matte» wird zum Politikum, eine breite Front aus Bevölkerung und Politik läuft gegen das Projekt Sturm. «Am Ende legte die Stadt das Vorhaben auf Eis», sagt Rytz. Heute grasen dort im Sommer die Kühe, und im Winter schlitteln die Kinder den Hang runter.

Politisch erfolgreich ist Regula Rytz auch in den Jahren danach. Nach elf Jahren im Grossen Rat wird sie 2005 in den Gemeinderat gewählt, die Exekutive der Stadt Bern. Sie übernimmt die Direktion für Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün mit 750 Angestellten. Beim Spaziergang durch den Elfenaupark kennt (und begrüsst) die ehemalige Chefin noch immer viele der bei Stadtgrün Beschäftigten. «Der Kontakt mit den Menschen ist mir wichtig.»

Schriftsteller Pedro Lenz sagt über Regula Rytz, sie könne reden und zuhören, was eine seltene Begabung sei. «Er bringt es auf den Punkt», sagt Raimund Rodewald. Er schätzt den politischen Stil von Regula Rytz: «Sie poltert nicht möglichst laut wie viele andere Politiker. Sie versucht, Mehrheiten für ihre Anliegen zu finden.» Die eigentliche Politik finde hinter den Kulissen statt. Und dort seien dialogstarke Personen wie sie gefragt.

Rodewald und seine Stiftung Landschaftsschutz verfolgen eine ähnliche Taktik: In der Öffentlichkeit ist er wenig bekannt, doch war er beispielsweise die treibende Kraft hinter der Revision des Raumplanungsgesetzes. «Ein Gesetz, dass im Landschaftsschutz auch europaweit ein Meilenstein ist», wie er sagt. Wer Raimund Rodewald nach den Schwächen von Regula Rytz fragt, wartet etwas länger auf eine Antwort. «Schokolade und klassische Musik», sagt er schliesslich und lacht. Und dann, wieder ernsthaft: Möglicherweise würden die Arbeit und der Einfluss der Grünen Partei in der Öffentlichkeit zu wenig wahrgenommen. «Das ist wohl die Kehrseite ihrer anständigen Art.»

Bei den kantonalen Wahlen haben die Grünen in den vergangenen Jahren meist Stimmenanteile eingebüsst. «Man wird nicht immer belohnt, wenn man an die nächste Generation denkt», sagt Rytz. Klimaschutz und Atomausstieg seien einst als Spinnereien angesehen worden. «Und heute wollen viele den ökologischen Umbau der Wirtschaft bremsen.» Für die Wahlen im Herbst gibt sich Rytz trotzdem optimistisch. Auch wenn die Wirtschaft die Bürgerlichen massiv unterstütze und Steuergeschenke für Konzerne oder Privatisierungen durchsetzen wolle. «Immer mehr Menschen erkennen, dass wir zur Natur und zum sozialen Ausgleich Sorge tragen müssen.» «Man verbaut die Schweiz so stark, weil das Land so schön ist, das ist paradox», sagt Raimund Rodewald. Regula Rytz ergänzt: «Deshalb ist es so wichtig, dass wir uns weiter einsetzen.» Und das werden RR und RR natürlich gemeinsam tun.

Die Grüne Partei Schweiz hat 18'500 Mitglieder. 2011 beträgt ihr Wähleranteil 8,4 Prozent. Das Wahlkampfbudget liegt laut eigenen Angaben bei 200'000 Franken.

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Von Alejandro Velert am 18. September 2015 - 14:18 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 15:49 Uhr