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Beziehung

Wenn Handy & Co. die Liebe ruinieren

Eigentlich sollen Smartphones, Computer und Tablet-PCs das Leben erleichtern. Doch genau das Gegenteil ist der Fall: Technische Gadgets bieten hohes Konfliktpotential für Paare. SI online hat sich mit einer Paartherapeutin über den Beziehungskiller unterhalten.

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Gift für die Liebe: Wenn der Mann lieber an seinem Laptop als an ihr rumspielt, hält das auf Dauer keine Beziehung aus.
Getty Images

Camille hat die Nase gestrichen voll. Morgens wacht sie mit den Tastentönen eines Handys auf, und abends schläft sie damit ein. Ihrem Freund hat sie bereits die Trennung angedroht, der scheint in seiner Abhängigkeit jedoch resistent gegen ihr Zetern und Schimpfen. Steif und fest behauptet er, nur den Wecker zu stellen. Zumindest am Abend. Nicole ergeht es ähnlich: Ihr Freund streichelt sein iPad öfters als sie und denkt, das Gerät könnte zaubern und Probleme lösen. Dabei ahnt er nicht, dass er sich die Probleme genau mit diesem Ding ins Haus geholt hat. 

Grundsätzlich komme es auf die Situation an, wann Handys oder Computer eingesetzt werden, sagt die Paartherapeutin Dr. Christine Hefti im Gespräch mit SI online. Aber «wenn man neben seinem Partner liegt und der beispielsweise Kurznachrichten schreibt, dann ist das schon daneben», findet die Psychologin. Auch wenn der Mann (oder die Frau) während eines romantischen Dinners das Telefon zur Hand nimmt, habe das nur wenig Schmeichelhaftes. «Logisch, fühlt sich der Partner dann abgewertet», sagt Hefti. «Wenn die Frau jedoch weiss, dass sie einen viel beschäftigten Manager zum Freund hat, der auch mal abends eine Mail schreiben muss, dann muss das nicht zwingend zum Problem werden.» 

Handyfreie Zonen im ganzen Haus einzuführen, davon hält die Psychotherapeutin nichts. «Die Geräte gehören doch schliesslich zum Alltag.» Es müsse einfach ein gesundes Mass an Konsum gefunden werden, so die Expertin. Ausserdem zeuge es von Respekt gegenüber dem Partner, ihn proaktiv zu informieren, an wen man gerade die SMS schreibt, wenn dieser daneben sitzt. Das beuge Misstrauen und Fragen vor. Denn schliesslich ist es das Mobiltelefon, das die Logistik fürs Fremdgehen vereinfacht hat. Und Betrüger werden nach wie vor meist übers Handy überführt. Befürwortet Christine Hefti den Blick ins Telefon des Partners? «Jein», sagt sie. «Grundsätzlich ist das Privatsphäre, die respektiert werden muss. Wenn man aber ein komisches Bauchgefühl hat, weil der Verdächtige immer wieder geheimnisvoll tut, aber nicht offen spricht, dann ist der Blick ins Handy erlaubt.» Von einer Tastensperre, um den Schnüffler abzuhalten, hält Hefti jedoch nicht viel. «In einer gesunden Beziehung gibt es keinen Grund, sein Handy vor dem anderen verbergen zu müssen.» Ausserdem mache man sich damit doch erst recht verdächtig.

In Christine Heftis Praxis ist das Handy weniger Thema als der Computer. Der würde in Beziehungen für wesentlich mehr Zündstoff sorgen. «Viele Menschen sehen den Computer als Rückzugsmittel. Dann driftet schon mal der eine oder andere auf Seiten ab, welche die Partnerschaft stören.» Dass daher speziell den Männern geraten wird, im Privatmodus zu surfen, fordere nach Ansicht der Psychologin geradezu zur Heimlichtuerei auf: «Das ist gar nicht so blöd zum Eigenschutz, aber das muss man nicht noch als grossen Tipp verklickern.» Am Ende stünden doch sowieso über allem Ehrlichkeit, Respekt und Vertrauen. 

Und jene Paare, so Christine Hefti, die sich im Restaurant schweigend gegenüber sitzen und an ihren Tablet-PCs oder Smartphones rumspielen, hätten sowieso ein grundlegendes Problem. «Das Handy kommt ihnen als Ausweichmittel gerade recht. Auch wenn sie kein Handy hätten, wüssten sie sich vermutlich nicht viel zu erzählen.» Schlussendlich sei das Problem also nicht die Technologie, sondern der Mensch, der nicht damit umgehen kann. 

Übrigens: Bei Camilles Freund hat das anfängliche Interesse an seinem Smartphone nachgelassen. Er hat das Handy aus dem Schlafzimmer verbannt und sich einen Wecker gekauft. Nicole konnte ihren Partner überzeugen, dass ihre Haut doch weicher (und vor allem spannender) ist als die seines iPads. Es ist die Dosis, die das Gift macht, wusste vor rund 500 Jahren schon Paracelus. Doch damals hatten die Paare ganz andere Probleme. 

Von Nadine Bauer am 5. Februar 2013 - 02:07 Uhr, aktualisiert 21. Januar 2019 - 00:39 Uhr