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Serie Krebs, Teil 4, Darmkrebs

Gute Heilungs-Chancen!

Über die Hälfte aller Darmkrebspatienten können geheilt werden. Schlechter sieht es bei anderen Tumoren des Magendarmtraktes aus. Besonders wichtig: auf Symptome achten und bei Auffälligkeiten zum Arzt. Der Experte über die besten Untersuchungsarten und neue Therapien.

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Darmkrebs (rot) entsteht in den meisten Fällen aus gutartigen Wucherungen der Darmschleimhaut. Wenn sich Metastasen (blau) bilden, ist der Krebs schwerer zu behandeln.
Science Photo Library

Die Zahlen
Neuerkrankungen pro Jahr: 4011
Todesfälle pro Jahr: 1591
Anteil an allem Krebsneuerkrankungen pro Jahr: 11,3 %

Für weit über 10 000 verlorene Lebensjahre sind die Tumore des Magendarmtraktes jedes Jahr in der Schweiz verantwortlich, und das nur bis zum 70. Lebensjahr gerechnet. Der häufigste bösartige Tumor ist der Darmkrebs. Aber auch das Magenkarzinom und Krebs der Bauchspeicheldrüse und der Leber gehören zu dieser Gruppe. «Während beim Darmkrebs über die Hälfte der Patienten geheilt werden kann, sind die Aussichten bei den anderen Tumoren des Magendarmtraktes meist deutlich schlechter», sagt Prof. Markus Borner, Chefarzt Onkologie, Spitalzentrum Biel, und Leitender Arzt Onkologie, Inselspital Bern. Ein wichtiger Grund: die späte Diagnose. Der Darm ist direkt mit der Aussenwelt verbunden und der direkten Untersuchung mit Spiegelung oder dem Untersuchen von Ausscheidungsprodukten gut zugänglich.

Demgegenüber ist die Bauchspeicheldrüse weit hinten im Bauchraum versteckt und zeigt erst Symptome, wenn sie deutlich vergrössert ist und durch Druck auf Nerven oder Behinderung des Gallenabflusses – im Volksmund Gelbsucht – Beschwerden verursacht. Auch die Leber macht erst Beschwerden, wenn bereits ein grosser Teil vom Tumor befallen ist.

«Die meisten dieser Krankheiten treten zufällig auf, ohne dass der Patient etwas falsch gemacht hat. Ein übermässiger Genuss von zu stark gebratenem Fleisch oder zu wenig Ballaststoffe können einen gewissen Einfluss haben, die meisten Schweizer ernähren sich aber vergleichsweise gesund», erklärt der Berner Onkologe. «Ich sehe Dickdarmkrebs sehr häufig auch bei Leuten, die sich sogar vom eigenen Bauernhof ernähren. Beim Speiseröhrenkrebs können starke Schnäpse eine Rolle spielen.» Die alkoholbedingte Form des Speiseröhrenkrebses geht in der Schweiz erfreulicherweise zurück. Dafür nimmt eine andere Form leider stark zu, welche übergewichtige Männer im mittleren Alter mit Säurerückfluss aus dem Magen betrifft. Prof. Borner: «Seit man die entsprechenden Schmerzen mit Säureblockern unterdrückt, wird diese Krankheit häufiger gesehen, wahrscheinlich, weil man auf die Warnsignale nicht entsprechend mit einer Spiegelung reagiert.»

Es gibt auch Familien mit einer erblichen Veranlagung für Darmkrebs. Das ist aber in weniger als fünf bis zehn Prozent der Fall. Mehrere direkt verwandte Mitglieder sind jeweils betroffen. Eine Frühuntersuchung kann helfen, die Erkrankung noch vor dem Ausbruch zu entdecken. Beim Leberkrebs gibt es Faktoren, die ein erhöhtes Risiko zur Folge haben. Dazu gehören bestimmte Arten von Leberentzündung, Eisenüberlastung und Übergewicht in Kombination mit Diabetes und erhöhtem Cholesterin.

Bei einzelnen Krebsarten wurden grosse Fortschritte gemacht, vor allem beim Darmkrebs. Eine ganze Reihe von Chemotherapien steht zur Verfügung, aber auch neue molekulare Medikamente. «Chemotherapie ist eigentlich ein schlechter Begriff, der fälschlicherweise stets mit Haarausfall, Erbrechen und schlechter Lebensqualität in Verbindung gebracht wird», sagt Professor Borner. «Als Chemotherapie wird alles bezeichnet, was gegen Krebs nützt. Das sind Dutzende verschiedene Medikamente, Spritzen, Infusionen oder Tabletten. Unzählige Patienten erhalten diese Medikamente, ohne dass das es jemand bemerkt, weil sie so gut vertragen werden.» Viele der Medikamente, die bei Tumoren des Magendarmtraktes wirken, verursachen keinen Haarausfall. «Mit den neuen molekularen Krebsmedikamenten greift man nun spezifisch Krebszellen an. Zum Beispiel brauchen Krebszellen die Stimulation durch aktivierte Wachstumsfaktoren. Wenn man diese Stimulation gezielt blockiert, sterben die Krebszellen ab. Die Kollateralschäden an gesunden Organen sind meist geringer als bei der konventionellen Chemotherapie», sagt der Onkologe.

Damit neue Therapien den Weg in den klinischen Alltag finden und von den Krankenkassen bezahlt werden, sind umfangreiche Studien notwendig, welche die neue Therapieform mit Zahlen belegen. In der Schweiz spielt die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Klinische Krebsforschung SAKK eine wichtige Rolle, indem sie solche Therapieverbesserungen koordiniert. Prof. Borner: «Gerade bei selteneren Krebsarten, wo neue Impulse dringend nötig sind, ist diese vom Bund unterstützte Organisation aktiv. Patienten mit Speiseröhren- und Leberkrebs muss man sagen, dass es neue Behandlungsprotokolle gibt. Durchbrüche sind Cetuximab, Panitumumab und Bevacizumab beim Darmkrebs, Trastuzumab beim Brustkrebs sowie beim fortgeschrittenen Speiseröhren- und Magenkrebs und das orale Sorafenib beim Leberkrebs. Beim Leberkrebs gehört auch die Verödung der den Krebs versorgenden Blutgefässe durch Medikamente oder kleine Kügelchen, auf die Chemotherapiemedikamente aufgeladen werden, dazu. Somit gelangt das Medikament nur in die Leber und verursacht viel weniger Nebenwirkungen.»

Medikamente können häufig auch die Wirkung einer Operation unterstützen. Noch immer ist eine Operation die wichtigste Massnahme, so viel Krebszellen wie möglich aus dem Körper zu entfernen. Restliche im Körper vorhandene Krebszellen können dann eventuell mit Medikamenten eliminiert werden.

Check:
Infos und Hilfe bei Darmkrebs

Was ist Darmkrebs? 
In den allermeisten Fällen entwickelt sich Dickdarmkrebs aus sogenannten Polypen, am Anfang noch gutartigen Wucherungen der Darmschleimhaut. Werden diese Polypen rechtzeitig entfernt, ist der Patient zu fast 100 Prozent geheilt.

Untersuchung:  
Die Darmspiegelung ist die wirksamste Vorsorgeuntersuchung bei Dickdarmkrebs, aber noch nicht Pflichtleistung der Krankenkassen. Sinnvoll ist sie ab dem 50. Lebensjahr, bei familiärer Belastung früher. Die Untersuchung des Stuhls auf verborgenes Blut hat eine vergleichsweise geringe Treffsicherheit und ist sehr unspezifisch.

Hilfe:

Der Experte rät:

  • Auf Symptome achten: Alle Menschen haben einmal Bauchschmerzen oder unregelmässige Stuhlgewohnheiten, gerade auch bei banalen Ursachen wie Aufregung. Es lohnt sich trotzdem, hellhörig zu sein, wenn das gleiche Symptom immer wieder, immer häufiger oder vor allem konstant vorhanden ist und immer stärker wird. Dann sollte man eine Abklärung veranlassen, zum Beispiel eine Blut- oder Röntgenuntersuchung oder eine Magen-Darm-Spiegelung.
  • Ernährung: Sich ausgewogen ernähren heisst nicht nur immer dieselben, scheinbar gesunden Nahrungsmittel essen. Je eine bis zwei Portionen Gemüse und Obst pro Tag, wenn möglich mehr. Drei Drinks oder 4,5 dl Wein pro Tag erhöhen das Risiko eindeutig. Ein Glas ab und zu ist natürlich erlaubt.
  • Bewegung: ist gut für die Gewichtskontrolle, regelmässigen Stuhlgang und gute Laune. Diese stimuliert wahrscheinlich auch ein gutes Immunsystem.

 

 

Von Dr. Samuel Stutz am 24. Oktober 2010 - 10:14 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 20:01 Uhr