1. Home
  2. People
  3. Life
  4. Gesundheit und Fitness
  5. Schilddrüsenkrebs – Jodmangel begünstigt die Entstehung von Krebs

Schilddrüsenkrebs

Jodmangel begünstigt die Entstehung von Krebs

Meist wird Schilddrüsenkrebs zufällig entdeckt. Jedes Jahr erkranken 550 Menschen, vorwiegend Frauen im Alter zwischen 50 und 60, daran. Dank den Fortschritten in der Medizin stehen die Chancen gut, diesen Krebs vollständig zu entfernen, auch in Fällen, wo er sich bereits über das Organ hinaus ausgedehnt hat. Neue biotechnologische Methoden helfen bei der Therapie.

Artikel teilen

Schilddrüsenkrebs

Wie ein Schmetterling präsentiert sich die Schilddrüse. Nach atomaren Katastrophen ist das Risiko, an Schilddrüsenkrebs zu erkranken, um ein Vielfaches erhöht.

Keystone

Schilddrüsenkrebs ist eine heimtückische Erkrankung. Oft wird er nur zufällig im Rahmen einer Routineuntersuchung diagnostiziert. Die Betroffenen merken meist gar nichts, bis sich der Tumor in das umliegende Gewebe ausgebreitet hat. In der Schweiz gibt es jedes Jahr rund 550 neue Fälle. Frauen sind wesentlich häufiger betroffen als Männer. Der Erkrankungsgipfel liegt bei 50 bis 60 Jahren.

Beobachtungen haben gezeigt, dass Einwohner von Regionen mit Jodmangel häufiger an Schilddrüsenkrebs erkranken als Bewohner mit einer guten Jodversorgung der Bevölkerung. Eine eindeutige Ursache von Schilddrüsenkrebs ist radioaktive Strahlung. In Gebieten nach atomaren Katastrophen ist das Risiko um ein Vielfaches erhöht. Besonders die Schilddrüse von Kindern ist sehr strahlensensibel, sodass es noch Jahrzehnte nach einer radioaktiven Belastung zur Entstehung von Schilddrüsentumoren kommen kann. Eine weitere Risikogruppe sind Menschen mit einer familiären Belastung mit Schilddrüsenkrebs.

Bei Jodmangel kommt es meistens zu einer langsam wachsenden, gutartigen Vergrösserung der Schilddrüse, dem sogenannten Kropf. Treten rasch wachsende Knoten in der Schilddrüse oder Lymphknotenschwellungen im Halsbereich auf oder entsteht ein Kropf innert weniger Wochen oder Monaten oder fühlt sich ein bestehender Kropf stellenweise härter an als zuvor, sollte man das dem Arzt sagen.

Die Diagnose Schilddrüsenkrebs ist für alle Betroffenen zunächst ein Schock. Doch die Heilungschancen sind bei den häufigsten Formen, den sogenannt differenzierten Schilddrüsenkarzinomen, im Allgemeinen sehr gut. Der Begriff differenziert besagt, dass die Tumorzellen den normalen Schilddrüsenzellen sehr ähnlich sind. Undifferenzierte Karzinome treten vor allem im höheren Alter auf. Die Krebszellen ähneln gesunden Schilddrüsenzellen kaum noch. Diese Tumore sind sehr bösartig und bilden Fernmetastasen – sie sind zum Glück aber selten.

In den letzten Jahren hat die Medizin bei dieser Krebsart grosse Fortschritte gemacht. So ist es heute möglich, selbst in Fällen, wo der Krebs schon über das eigentliche Organ hinausgewachsen ist, den Tumor ebenso vollständig zu entfernen wie in Fällen, wo er noch auf die Schilddrüse beschränkt ist. Bis auf wenige Ausnahmen beginnt die Behandlung mit der vollständigen Entfernung der Schilddrüse, was eine lebenslange Einnahme von Schilddrüsenhormonen notwendig macht. Sind die angrenzenden Lymphknoten befallen, werden sie ebenfalls entfernt. Wird die Operation von einem erfahrenen Chirurgen mit der geeigneten Technik durchgeführt, sind die Operationsrisiken gering. Eine mögliche Komplikation ist die Verletzung eines oder beider Stimmbandnerven.

Bei differenzierten Schilddrüsenkarzinomen schliesst sich einige Wochen nach der Operation eine Radiojod-Therapie an, um die im Körper verbleibenden Tumorzellen abzutöten. Die Patienten nehmen dazu radioaktives Jod in Form von Kapseln ein. Dieses reichert sich in den Krebszellen an und zerstört sie. Weil die anderen Körperzellen praktisch kein Jod speichern, werden sie geschont. Im Vorfeld müssen die Schilddrüsenzellen jodsensibel gemacht werden. Dies geschieht durch den Botenstoff TSH, der die Hormonbildung in der Schilddrüse anregt. Er wird in der Hirnanhangsdrüse gebildet. Für die Sensibilisierung gibt es eine herkömmliche, für den Patienten sehr belastende Methode und eine neuartige, schonende. Bei der herkömmlichen dürfen die Betroffenen mehrere Wochen lang keine Schilddrüsenhormone mehr nehmen. Die Folgen sind die typischen Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion. Seit Kurzem erübrigt sich diese Tortur. Eine kaum belastende und vor allem schnelle Methode, um die Schilddrüsenzellen für das radioaktive Jod sensibel zu machen, ist biotechnologisch hergestelltes menschliches TSH. Ein Absetzen der Schilddrüsenhormone ist nicht mehr notwendig. Diese Methode hat zudem den Vorteil, dass das radioaktive Jod nach der Behandlung schneller ausgeschieden wird und somit die Strahlenbelastung geringer ist. Die totale Behandlungszeit lässt sich insgesamt auf ein Minimum reduzieren.

Weil der Krebs in manchen Fällen auch noch Jahre später erneut auftreten kann, sind regelmässige Kontrolluntersuchungen nötig. Dazu macht man nicht nur Ultraschall-Untersuchungen, sondern bestimmt auch das Thyreoglobulin im Blut. Da dieses Eiweiss nur von aktiven Schilddrüsenzellen produziert wird, dient es als Tumormarker. Um seine Aussagekraft zu erhöhen, gibt man vorher wiederum das biotechnologisch hergestellte TSH. Eine weitere Untersuchung im Rahmen der Nachsorge ist das Ganzkörper-Szintigramm mit radioaktivem Jod. Auch hier werden die Schilddrüsenzellen zuerst wieder jodhungrig gemacht, entweder mit der herkömmlichen Methode des Schilddrüsenhormon-Entzuges über mehrere Wochen oder mit dem rekombinant hergestellten TSH. Nach Gabe einer Jodkapsel wird der ganze Körper mit einer Spezialkamera auf verdächtige Stellen untersucht. In den meisten Fällen ist die Nachsorge das ganze Leben lang nötig. Nur so kann ein Rückfall frühzeitig erkannt und behandelt werden. Spricht der Schilddrüsenkrebs nicht oder nicht mehr auf eine Radiojod-Therapie an, stehen neue, zielgerichtete Krebsmedikamente zur Verfügung. Das gilt auch für inoperable, metastasierende Schilddrüsenkarzinome.

Selbsthilfegruppe Schilddrüsenkrebs Schweiz www.schilddruesen-krebs.ch

Von Dr. Samuel Stutz am 20. September 2014 - 15:00 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 16:57 Uhr