Chronische venöse Insuffizienz

Kompressions-Therapie für kranke Venen

Unter dieser Volkskrankheit leidet mindestens jeder sechste Schweizer: Krampfadern! Doch das Beinleiden ist viel mehr als nur ein Schönheitsfehler oder eine Alterserscheinung – es kann schwere Gesundheitsrisiken zur Folge haben.

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Mittel erster Wahl. Kompressionsstrümpfe sind bei Venenleiden die wichtigste und wirk- samste Therapie.
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Jede fünfte Frau, jeder sechste Mann in der Schweiz hat Krampfadern und leidet an deren Folgen. Nicht ohne Grund zählen Venenleiden zu den grossen Volkskrankheiten. In der täglichen Praxis werden sie aber kaum beachtet. Der Arzt misst zwar den Blutdruck, hört die Lungen ab, veranlasst vielleicht sogar ein EKG und macht Blutanalysen. Aber die Beine seiner Patienten im Stehen anschauen, ohne Strümpfe und Schuhe? Nein, das machen nur die wenigsten. Dabei würde der blosse Blick auf die Unterschenkel und vor allem die Knöchelregion schon alles verraten.

Krampfadern werden weitherum immer noch als kosmetisches Problem betrachtet. Und so kommt es, dass das Venenleiden fortschreitet, der Rücktransport des Blutes zum Herzen immer schlechter gelingt und sich das Blut in den Venen und die Flüssigkeit im Gewebe staut. Chronische venöse Insuffizienz nennt man das in der Sprache der Mediziner. Erste Anzeichen der chronisch venösen Insuffizienz sind unterhalb des Knöchels fächerförmig angeordnete Besenreiser. Im fortgeschrittenen Stadium kommt es zu Schwellungen, Braunverfärbungen und Verhärtungen der Haut um die Knöchelregion.

Die chronische venöse Insuffizienz ist eine Erkrankung, die sich mit der Zeit immer weiter verschlimmert. Wird sie spätestens im Stadium mit Hautveränderungen nicht mit aller Konsequenz behandelt – sprich Kompressionstherapie –, droht irgendwann das offene Bein, das Ulcus Cruris. Rund zehntausend Patienten trifft es in der Schweiz jedes Jahr. Die venösen Beingeschwüre heilen nicht nur sehr schlecht, sie bereiten auch starke Schmerzen, erfordern einen grossen Behandlungsaufwand und oft auch langwierige Spital- und Pflegeheimaufenthalte. Das offene Bein ist deshalb ein immenser Kostenfaktor. Nicht zu vergessen das erhöhte Risiko für Thrombosen und oft tödliche Lungenembolien infolge eines unbehandelten Krampfaderleidens!

Krampfadern und schwere, dicke Beine sind deshalb weder ein Schönheitsfehler noch eine normale Alterserscheinung, sondern eine Volkskrankheit mit schweren Gesundheitsrisiken. Unverständlich ist, dass nur ein Bruchteil der Patienten überhaupt behandelt wird oder aber nur eine ungenügende Therapie erhält.

Mit zwei grossen Irrtümern sollten wir gleich jetzt aufräumen. Erstens: Salben und Gele können zwar gewisse Symptome von Venenleiden lindern, das Problem der krankhaft veränderten Venenklappen und den Blutstau in den erweiterten Venen lösen sie in keiner Art und Weise. Zweitens: Auch wer seine Krampfadern operieren lässt, mit welcher Methode auch immer, ist zwar ein paar hässliche erweiterte Blutgefässe los – wenn er eine erbliche Veranlagung zu Krampfadern hat, werden sich trotzdem immer wieder neue Krampfadern bilden.

Bei einem Krampfaderleiden, in welchem Stadium auch immer, ist die wirksamste Basisbehandlung die Kompressionstherapie oder, einfacher gesagt, Kompressionsstrümpfe. Aus irgendeinem Grund hat sich diese Erkenntnis bei Patienten und leider auch bei vielen Ärzten noch nicht durchsetzen können. Die Meinungen und Vorstellungen über die Kompressionsstrümpfe stammen meist noch aus dem letzten Jahrhundert, als Grossmutter unbequeme, altmodische und schlecht sitzende Strümpfe tragen musste, wenn die Füsse nicht mehr in die Schuhe passten. Fakt ist, dass von jenen Patienten, die dringend einen Kompressionsstrumpf bräuchten, nur jeder fünfte einen hat. Und von jenen, die irgendwann einmal einen erhielten, legen ihn viele wieder beiseite, weil die Nachbetreuung beim Arzt oder im Fachhandel unterbleibt und sie in der Folge vermeintlich schlechte Erfahrungen damit machen.

Kompressionsstrümpfe sind bei jeglicher Art von Venenleiden die wirksamste und wichtigste Therapie überhaupt und das Mittel der ersten Wahl. Die Wirkung tritt sofort ein. Nebenwirkungen gibt es keine, wenn der Strumpf korrekt angepasst ist. Der Kompressionsstrumpf bringt von aussen Druck auf das Bein – und zwar vom Knöchel nach oben hin abnehmend. So wird der Rückstrom des Blutes zum Herzen erleichtert und verhindert, dass sich das Blut in den Venen staut und sie sich krankhaft erweitern. Die heutigen Medizinalstrümpfe sind absolute Hightech-Produkte, zudem noch topmodisch in den verschiedensten Ausführungen und Farben für Männer und Frauen. Die Krankenkassen vergüten zwei Paare pro Jahr. Die restlichen sollte man sich selber besorgen. Man hat ja auch mehr als zwei Garnituren Unterwäsche im Schrank.

Venen-Check

Üben Sie eine vorwiegend stehende oder sitzende Tätigkeit aus?
Ja  1                  Nein  0

Haben Sie Übergewicht?
Ja  1                  Nein  0

Leidet jemand in Ihrer Verwandtschaft an Beinbeschwerden, z. B. an Krampfadern?
Ja  1                  Nein  0

Sind Sie schwanger?
Ja  1                  Nein  0

Sind Sie älter als 50 Jahre?
Ja  1                  Nein  0

Nehmen Sie Hormonpräparate, z. B. die Pille oder Präparate zur Erleichterung der Wechseljahre?
Ja  1                  Nein  0

Hatten Sie Eingriffe an Ihren Beinen?
Ja  1                  Nein  0

Haben Sie Veränderungen an Ihren Beinen festgestellt?
Ja  3                  Nein  0

Hat sich Ihre Haut am Unterschenkel oder Knöchel verändert?
Ja  3                  Nein  0

Haben Sie Besenreiser an den Beinen?
Ja  1                  Nein  0

Haben Sie Krampfadern?
Ja  3                  Nein  0

Wurde bei Ihnen einmal eine Venenentzündung nachgewiesen?
Ja  3                  Nein  0

Leiden Sie unter abendlichen Knöchelschwellungen?
Ja  3                  Nein  0

Bessern sich Ihre Beschwerden, wenn Sie die Beine hochlagern?
Ja  1                  Nein  0

0

Hatten Sie bereits einmal eine Thrombose?
Ja  5                  Nein  0

Hatten Sie bereits einmal ein offenes Bein?
Ja  5                  Nein  0

Ihre persönliche Auswertung

0 bis 7 Punkte
Momentan liegt kein akutes Risiko vor. Dennoch sollten Sie Venenleiden vorbeugen und zur Sicherheit vor einer langen Reise Vorsichtsmassnahmen treffen, z. B. einen Reisestrumpf tragen. Lassen Sie sich in Ihrem Fachgeschäft beraten.

8 bis 10 Punkte
Sie sollten Ihre Beschwerden ernst nehmen und etwas für Ihre Venengesundheit tun. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt.
Manchmal lassen sich Beschwerden durch einfache vorbeugende Massnahmen oder eine leichte Kompressionstherapie beseitigen.

Mehr als 10 Punkte
Eine fachärztliche Beratung durch einen Spezialisten für venöse Erkrankungen und eine nachhaltige hausärztliche Betreuung helfen, Ihre Beschwerden zu lindern und ein weiteres Fortschreiten der Erkrankung zu verzögern.

Von Dr. med. Samuel Stutz am 2. Juni 2013 - 10:25 Uhr, aktualisiert 21. Januar 2019 - 00:40 Uhr