Check-up: Schlafstörung

Schlechter Schlaf macht krank!

Ein Drittel unseres Lebens verschlafen wir – hoffentlich! Denn Menschen mit Schlafstörung leiden nicht nur unter Müdigkeit. Der Experte erklärt, welche Mittel helfen.

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Schlechter Schlaf macht krank!

Mitternacht ist längst vorbei. Christof M. schaut dem Wecker zu, wie er dem Morgen entgegentickt. Am nächsten Tag muss er früh raus. Er wendet sich hin und her, grübelt. Irgendwann schläft er ein, wacht wieder auf, schaut auf die Uhr: vier! Er bringt kein Auge mehr zu, steht auf, liest ein Buch – so wie jede Nacht.

Schlafforscher gehen davon aus, dass bald jeder zweite Mensch an einer Schlafstörung leidet. Das ist der Fall, wenn der Schlaf während vier bis sechs Monaten gestört ist und sich auf die Tagesbefindlichkeit auswirkt. Im Durchschnitt sollten wir sieben bis acht Stunden schlafen. Nur fünf Prozent aller Menschen kommen mit fünf aus. Oft gönnen wir uns zu wenig Ruhe. «Viele meiner Patienten sind einfach übermüdet und schläfrig», sagt Privatdozent Dr. Ramin Khatami von der Klinik Barmelweid im Aargau. Das kann gefährlich werden, vor allem beim Autofahren.

Die Anzeichen für einen gestörten Schlaf machen sich häufig erst am Tag bemerkbar. Betroffene klagen über Konzentrationsschwäche, Gedächtnislücken und schlechte Stimmung. In einem fortgeschrittenen Stadium können Herz-Kreislauf-Störungen folgen, das Risiko, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden, erhöht sich. Neue Studien weisen gar darauf hin, dass bestimmte neurologische Schlafstörungen Vorstadien der Parkinsonkrankheit sein können. «Wir wissen, dass zu wenig Schlaf dumm, dick und krank macht», sagt Dr. Khatami.

Die Gründe für einen gestörten Schlaf werden in drei Gruppen unterteilt: 1. Herz- und Lungenkrankheiten wie Schlafapnoe, also sekunden- bis minutenlange Atemstillstände. 2. Neurologische Störungen wie bei dem Restless-Legs-Syndrom (rastlose Beine). 3. Psychische Störungen wie Stress und Angst. In einem Patientengespräch ermittelt der Arzt die Ursache für die Schlafstörung und teilt sie einer der drei Gruppen zu. Herz- und Lungenkrankheiten können mit Geräten behandelt werden. Eine Schlafmaske hilft dem Patienten, während der Nacht zu atmen. Bei neurologischen Störungen gibt eine Untersuchung im Schlaflabor Aufschluss über die richtige Therapie. Dabei kommt man selten an Medikamenten vorbei. Aber aufgepasst: «Wenn nicht ausdrücklich vom Arzt verordnet, sollten Patienten von Schlafmitteln die Finger lassen», sagt Dr. Khatami. Denn meistens verschlimmern sie die Situation nur.

Bei der dritten Gruppe, also den psychischen Ursachen, hilft oft eine Verbesserung der Schlafhygiene. Das heisst:

1. Gehen Sie nur dann ins Bett, wenn Sie richtig müde sind. Wenn Sie dann nicht schlafen können: Bleiben Sie nicht liegen, sondern stehen Sie auf, und beschäftigen Sie sich mit etwas Beruhigendem, bis Sie wieder müde werden. Bei gewissen Schlafstörungen hat das Gehirn verlernt, dass das Bett Ruhe und Schlaf bedeutet. Das muss es wieder lernen. Richtig schlafen kann also mithilfe von bestimmten Programmen wieder geübt werden.

2. Trinken Sie keinen Alkohol, bevor Sie ins Bett gehen. Damit kann man zwar schnell einschlafen, Alkoholkonsum führt aber zu Durchschlafproblemen in der zweiten Nachthälfte.

3. Entspannen Sie sich vor dem Schlafen. Schaffen Sie Rituale: immer die gleiche Musik hören, einen kurzen Spaziergang, etwas lesen. Das Ritual sollte nicht länger als 30 Minuten dauern.

4. Den Fernseher sollten Sie aus dem Schlafzimmer verbannen, die bewegten Bilder und das Licht sorgen für Unruhe.

5. Verdunkeln Sie Ihr Schlafzimmer. Licht vermittelt dem Körper, dass es noch Tag ist.

Licht spielt eine wichtige Rolle beim Thema Schlaf: Es gibt den Takt der inneren Uhr an und aktiviert Hormone. Wenn die Dunkelheit einbricht, schüttet die Zirbeldrüse das Hormon Melatonin aus. Es signalisiert dem Körper, dass jetzt Schlafenszeit ist. Der Stoffwechsel schaltet auf Regeneration. Bei vielen Patienten mit Schlafstörungen hat die innere Uhr ihren Takt verloren und muss durch Licht am Tage und Dunkelheit am Abend neu geeicht werden. Nur Tageslicht oder spezielle Therapielampen, nicht aber normales Raumlicht sind geeignet, die innere Uhr zu verstellen.

Doch nicht nur die Betroffenen selbst leiden: «Viele Patienten suchen einzig deshalb professionelle Hilfe, weil der Partner sich beklagt», sagt Dr. Khatami. Der Experte rät in extremen Fällen zu getrennten Schlafzimmern. Das kann dann auch wieder Lust machen auf das Einzige, was im Bett ausser Schlafen gestattet ist …

Dr. Ramin Khatami, Privatdozent und Leiter Kompetenz-Zentrum Schlafmedizin Klinik Barmelweid im Aargau. www.barmelweid.ch

Check
Das sollten Sie wissen!
  • Wenn Sie während drei bis sechs Monaten einen gestörten Schlaf haben, sollten Sie Ihren Hausarzt aufsuchen. Konsultieren Sie einen Spezialisten, wenn sich keine Besserung einstellt.
  • Wenn nicht ausdrücklich vom Arzt verschrieben: keine Schlafmedikamente!
  • Manchen hilft ein Schläfchen zwischendurch, es sollte nicht länger als 30 Minuten dauern und erholsam sein. Wer vor lauter Müdigkeit mehrmals am Tag einschlafen könnte, kontaktiert am besten seinen Arzt.
  • Ein Lichtwecker simuliert den Sonnenaufgang und kann das Aufstehen erleichtern. Von teuren Schlafphasen-Weckern rät Dr. Khatami ab.

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Der Ratgeber von Jürgen Schuster und Dr. Susanne Kümmerle mit vielen Erklärungen und Tipps, wie man wieder ungestört durchschlafen kann.

Von Lisa Merz am 23. November 2010 - 17:04 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 20:05 Uhr