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Check-up: Wenn Athleten-Herzen versagen

Wenn Athleten-Herzen versagen

Warum sterben junge, leistungsstarke Elite-Athleten plötzlich auf dem Spielfeld? Meist ist eine unentdeckte Herzerkrankung die Ursache. Regelmässige Tests helfen, solche tragischen Ereignisse zu reduzieren.

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Der Spanier Dani Jarque (rechts) starb mit 26 im Trainingslager. Andrés Iniesta widmete ihm seinen Siegtreffer im WM-Final (links).
Keystone

Tod beim Joggen! Aufrüttelnde Schlagzeile in der«Neuen Luzerner Zeitung» vom 1. April dieses Jahres. Das Opfer: der erst 28-jährige Oliver Tonelli, Mittelfeldspieler beim FC Ibach und Juniorentrainer beim FC Luzern. Weitere Schlagzeilen zum plötzlichen Tod von Leistungssportlern: Der ehemalige Krienser Mittelfeldspieler Benson Owusu erlitt während des Trainings einen Herz-Kreislauf-Kollaps und lag mehrere Tage im Koma. Antonio Puerta, Abwehrspieler beim FC Sevilla, brach vor drei Jahren auf dem Spielfeld zusammen. Diagnose: Herzstillstand.

Die Liste junger Fussballer, die in letzter Zeit durch plötzliches Herzversagen verstarben, ist lang: Marc Vivien Foé aus Kamerun, der Ungar Miklos Feher, Hugo Cunha aus Portugal und der Brasilianer Serginho. Vor drei Jahren erlitt der 28-jährige Obwaldner Schwinger Peter Gasser am Eidgenössischen Schwingfest einen Infarkt und starb kurz darauf. Am vergangenen Silvesterlauf in Zürich brach eine 36-jährige Frau kurz nach dem Start tot zusammen.

Die Schlagzeilen erschrecken. Immer und immer wieder wird uns eingehämmert, Sport stärke das Herz. Und ausgerechnet junge Elite-Athleten sterben an Herzversagen bei der Ausübung ihres Sportes. Ist Sport doch Mord?«Man könnte es meinen, aber der plötzliche Herztod bei Sportlern ist nicht so häufig. Statistisch rechnet man mit einem herztoten Menschen auf 100 000 bis eine Million Sportstunden», erklärt Dr. Kerstin Warnke, Chefärztin der Abteilung Sportmedizin an der Schulthess Klinik in Zürich. Die Ursachen ortet die Ärztin bei unentdeckten Herzerkrankungen, die erst bei maximaler Belastung auftreten.«An erster Stelle stehen Veränderungen des Herzmuskels, gefolgt von Anomalien des Gefässsystems, also der Arterien und deren Abgänge und Verläufe, sowie die Erregbarkeit des Herzmuskels. Die unterschiedlichen zugrunde liegenden Erkrankungen zeigen regionale Unterschiede.»

Im norditalienischen Veneto zum Beispiel wurde eine bestimmte strukturelle Veränderung der rechten Herzkammer mit begleitender Rhythmusstörung des Herzens gehäuft festgestellt.«Durch ein gezieltes Screening konnte die Rate des plötzlichen Herztodes gesenkt werden. Junge Sportler, bei denen der Defekt frühzeitig entdeckt wurde, bekamen Sportverbot», erklärt Dr. Warnke. Heute liegt in Venetien die Sterblichkeit junger Athleten durch tödliche Herzattacken auf einem ähnlichen Niveau wie bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die keinen Leistungssport betreiben. Das bestätigte eine Studie der medizinischen Fakultät der Uni Padua.

Ein weiterer Risikofaktor ist das männliche Geschlecht. Bis zu zehnmal häufiger sterben junge Männer als Frauen beim Sport.«Bei Afroamerikanern stellen wir häufiger Veränderungen des Herzmuskels und Anomalien fest als bei Weissen», ergänzt sie.

In den Sportarten Fussball, Basketball, American Football und Laufsport werden, statistisch gesehen, mehr Athleten mit plötzlichem Herztod verzeichnet als in anderen Sportarten.«Das Risiko des plötzlichen Herztodes hängt auch von der Intensität der sportlichen Belastung ab. Fussball ist in den letzten Jahren sehr schnell geworden. Das hat man gerade an der WM gesehen», sagt Dr. Kerstin Warnke. Bei Fitness- und Kraftsportarten kann der plötzliche Herztod auch durch Medikamente, Hormone oder Doping getriggert werden.«Doping-Substanzen verändern nicht nur den Bizeps, sondern auch den Herzmuskel. Er verdickt. Die Folge ist eine gestörte elektrische Aktivität», fügt Dr. Warnke hinzu.

Der Herztod beim Sport ist aber kein schicksalhaftes Ereignis. Durch gezielte Voruntersuchungen kann ein Teil der bisher noch nicht diagnostizierten Herzleiden entdeckt werden.«Allen Schweizer Athleten und Sportlerinnen, die einer Nationalmannschaft oder einem nationalen Kader angehören, wird von den Trainern oder Leistungssportchefs empfohlen, jedes Jahr mindestens eine sportmedizinische Untersuchung und alle zwei Jahre ein EKG durchführen zu lassen. Bei Elite-Sportlern bereits ab 14 Jahren», sagt die Ärztin. Zu einer sportmedizinischen Untersuchung gehören eine ausführliche Anamnese, also die Erhebung der Krankengeschichte, ein Check des gesamten Bewegungsapparates, Blutdruckkontrolle, Abhören des Herzens und der Lunge und eine Blutuntersuchung.«Stellen wir beim Herz-Check Rhythmusstörungen oder andere Abweichungen fest, folgen ein Ultraschall des Herzens und weitere individuelle Abklärungen», sagt Kerstin Warnke. Am aussagekräftigsten in Relation zu den Kosten ist laut der Sportmedizinerin aber die Anamnese mit der Suche nach erblichen Einflüssen wie plötzlichen Todesfällen und Herzleiden in der Familie.

CHECK
Wichtig für Hobby-Sportler
Neueinsteiger - zuerst zum Arzt

Gesunde, leistungsfähige, symptomfreie Menschen unter 45 Jahren, die regelmässig Sport wie moderates Jogging oder Walking betreiben, müssen sich nicht untersuchen lassen.

Diese Sportler sollten zum Arzt:

  • Neueinsteiger oder -einsteigerinnen mit Bluthochdruck, Stoffwechsel-Erkrankungen und Herzproblemen im familiären Kreis.
  • Hobbysportler, die während der Belastung oder danach Schwindel verspüren.
  • Bei auftretenden Gelenkbeschwerden.
  • Leistungseinbruch bei der ausgewählten Sportart.
  • Bei Druck, Schmerz oder Atemnot auf der Brust.
  • Nie trainieren, wenn man sich krank oder erkältet fühlt!
  • Wichtig: Lieber einmal zu viel als einmal zu wenig zum Arzt!
Von Verena Thurner am 29. Juli 2010 - 13:13 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 19:48 Uhr