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Campingplatz Tennwil

«Hier fühlen wir uns wie kleine Könige»

Campieren liegt im Trend. Die Stammgäste von Tennwil entdeckten diese Faszination schon vor Jahrzehnten, auf einem der ältesten Campingplätze der Schweiz. Ein Besuch bei den Royals von Tennwil.

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Campingplatz Tennwil am Hallwilersee. Es riecht, wie es hier riechen soll. Nach Pommes frites, Sonnencreme und ganz viel Freiheit. Familie Bas findet man hier ganz einfach: Sie sind dort, wo es etwas zu feiern gibt.

Und das gibt es hier am Hallwilersee fast immer. Ein Geburtstag, eine Pensionierung, ein Enkelkind. Und schon rücken sie Stühle und Tische zusammen. Und öffnen ein Fläschchen. Oder zwei oder drei. Mutter Andrea, 47, Vater Levent, 41, Tochter Leyla, 9, und die Zwillinge Cem und Cam, 10, haben sich vor sieben Jahren hier installiert. Mit Wohnwagen, Yorkshire-Terrier aus Keramik und mehreren Paella-Pfannen. Seither verbringen sie die Ferien und Wochenenden in Tennwil.

«Hier fühlen wir uns wie kleine Könige», sagt Andrea, die lange in Spanien gelebt hat und seither eine Paella einem Cervelat vorzieht. Den Wohnwagen haben sie als Occasion gekauft, den Stammplatz auf dem Camping würden sie um kein Geld der Welt mehr hergeben. «Was sollen wir ans Meer reisen, wenn wir das Paradies vor der Wohnwagentüre haben?», sagt Levent, der in einer Glaswolle-Fabrik in der Gegend arbeitet.

Die Wohnwagen der Familien Stocker und Marti stehen strategisch perfekt: genau in der Mitte der sogenannten Baslerstrasse. Von hier aus haben sie den perfekten Überblick über den Platz. «Inzwischen bin ich zwar fast der einzige Basler hier», sagt Heinz Marti, 69. «Aber die Aargauer sind ja auch ganz flotte Cheibe.» Das erste Mal nachTennwil gekommen ist Marti mit seinem Schwager. Das war vor 39 Jahren. Vier Jahre später bezogen Ruth, 68, und Walter Stocker, 69, die Parzelle nebenan. Seither leben die Familien den Sommer über Tür an Tür. «Streit gibt es auf dem Platz praktisch nie», sagt Walter Stocker. «Und wenn, dann wird das schnell gelöst und nachher eins zusammen getrunken.»

Der schnellste Mann auf dem Platz heisst Willy Eichenberger, 76. Fast ein halbes Jahrhundert hat er in Seon AG den Frauencoiffeursalon geführt. Seit er das Geschäft aufgegeben hat, verbringt er jede freie Minute auf dem Campingplatz. Und im Sattel. Eichenberger strampelt in guten Jahren immer noch 8000 Kilometer auf dem Rennvelo ab. Und er denkt nicht ans Aufhören. «Wenn ich 99 Jahre alt bin, dann kaufe ich mir einen Motorroller und fahre die Strecke halt so. Aber gefahren wird, bis ich vom Sattel falle.»

Cornelia Bruhin, 45, mags gemütlicher. Sie kam erstmals vor 20 Jahren zum Campieren nach Tennwil. Damals mit ihrem Mann kurz nach der Hochzeit. Inzwischen ist der Mann weg, die Zeltferien in Tennwil sind geblieben. Mit von der Partie: Tochter Gina, 11, die Söhne Mirco, 17, und Ronny, 19, und Nico Liechti, 16, ein Kollege von Mirco. Übernachtet wird in zwei Zelten. Eins für Gina und eine Freundin, die sie eingeladen hat. Und eins für den ganzen Rest der Familie. «Das ist kein Problem. Wir sind uns Nähe gewohnt», sagt Ronny. «Schlimm sind nur die Schnarcher. Die hörst du in der Nacht über den ganzen Platz.» Am Tag hat sich das Problem mit der Nähe sowieso gelöst. «Die Kinder siehst du eigentlich nur zweimal am Tag. Das erste Mal beim Frühstück und dann am Abend wieder, wenn sie Hunger haben.» Was die Kinder dazwischen so treiben? «Das möchte ich bei den Grösseren gar nicht so genau wissen», sagt Cornelia.

Von Silvan Grütter am 5. August 2012 - 10:35 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 22:36 Uhr