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Der Schauspieler im Interview

Bill Murray über seine Liebe zu Dresdner Stollen und das Älterwerden

Den wenigsten ist bekannt, dass Hollywood-Schauspieler Bill Murray auch tanzt und singt. Im Interview spricht der 71-Jährige über seine Leidenschaft zur Musik, aber auch über das Alter und sein deutsches Lieblingsgebäck.

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Bill Murray bei einem Benefizkonzert in New York.
Bill Murray bei einem Benefizkonzert in New York. imago/ZUMA Wire

Bill Murray (71) ist nicht nur Schauspieler, Komiker und Fan von US-Literatur - er singt auch: Zum Beispiel im Kino, wo er 2016 in der neuen Version von Disneys «Das Dschungelbuch» als Bär Balu «The Bare Necessities» anstimmte. Gemeinsam mit seinem deutsch-amerikanischen Freund, Cellist Jan Vogler (58), hat der 71-Jährige ein künstlerisches Projekt ins Leben gerufen: Die Männer kombinieren Literatur mit Klassik und Klassikern aus der US-Musikgeschichte. 2018 auf einem gemeinsamen Album, ein Jahr später auf Welttour - und jetzt im Kinofilm «New Worlds - The Cradle of Civilization».

Wann haben Sie das Singen für sich entdeckt?

Bill Murray: Bereits vor ein paar Jahrzehnten: Angefangen habe ich in der Badewanne - Anfang der Siebzigerjahre in meinem winzigen Apartment in Chicago. Einer meiner ersten öffentlichen Gesangsauftritte war 1982 in der David-Letterman-Show, wo ich den Hit «Physical» von Olivia Newton-John performt habe.

Und dazu haben Sie auch noch eine Aerobic-Dance-Performance hingelegt, wie man im YouTube-Clip sieht...

Murray: Tja, ich bin eben ein echtes Multitalent: Schauspieler, Sänger, Tänzer, Vorleser. (lacht) Im Programm «New Worlds» tanze ich in einer Sequenz mit unserer Violinistin Mira einen Tango. Ich liebe diesen Tanz! Meine Fähigkeiten sind allerdings immer noch sehr begrenzt, obwohl ich extra Unterricht genommen hatte.

Was unternehmen Sie mit Ihrem Freund Jan Vogler, der wie Sie in New York lebt, am liebsten privat?

Murray: Ich liebe es, gemeinsam mit Jan Sportübertragungen im TV zu sehen. Wenn es um US-Sportarten geht, ist er ein absoluter Amateur. Manche Regeln - zum Beispiel beim American Football - versteht er bis heute nicht. Obwohl ich mir wirklich grosse Mühe gegeben habe, sie ihm zu erklären. (lacht) Manchmal gehen wir auch gemeinsam ins Fitnesscenter zum Trainieren. Ich gebe da mit Anfang 70 natürlich nicht mehr so viel Gas, aber Jan ist voll dabei und liebt ganz besonders Supersätze. Es ist immer herrlich ihn dabei zu beobachten, wie er im Gym-Spiegel seine Brustmuskeln oder Bizeps kritisch überprüft. (lacht)

Was für ein Klischeebild hatten Sie über Deutsche im Kopf?

Murray: Wie viele Amerikaner dachte auch ich für lange Zeit, dass die Deutschen sich hauptsächlich von Bratwurst, Sauerkraut und Bier ernähren. Dieses Klischee hält sich seit Jahrzehnten hartnäckig. Und deshalb konnte ich gar nicht glauben, wie gut euer Brot ist. Dagegen kann man italienisches oder französisches total vergessen. In meinen Augen ist es das beste Brot auf der ganzen Welt! Vom deutschen Wein fange ich erst gar nicht an... Und dann sind da noch diese Weihnachtskuchen, die ich in Dresden gekauft habe.

Sie meinen Dresdner Stollen?

Murray: Kann sein, dass die so heissen. Ich weiss nur, dass die zu den leckersten Dingen gehören, die ich jemals gegessen habe. Sie sind nicht nur köstlich, sondern halten auch noch für Monate. Keine Ahnung, wie ihr das macht. Aber wenn ich das nächste Mal in Deutschland bin, dann kaufe ich mir gleich 20 Stück und verschenke sie an Menschen, die ich ganz besonders gerne mag.

Politiker zählen laut ihrer Aussage nicht unbedingt zu dieser Sorte Mensch... Wie fällt Ihre erste Zwischenbilanz nach mehr als einem Jahr Amtszeit von Joe Biden und Kamala Harris aus?

Murray: Im US-Kongress herrscht seit Jahren mehr oder weniger Stillstand und das ist natürlich für jeden Amtsinhaber sehr unattraktiv. Noch kann ich nicht beurteilen, ob Biden mehr oder weniger als seine Vorgänger zustande bringt, aber wenigstens erledigt er seinen Job sehr viel leiser.

Demnach mögen Sie es eher ruhig?

Murray: Es gibt auch Situationen, in denen ich Lärm mag, aber ohne die entspannende Ruhe zwischendurch macht er mir dann irgendwann keinen Spass mehr. Trump hat viel verbockt, auch ein paar gute Dinge wie zum Beispiel die US-Strafrechtsreform auf den Weg gebracht - aber er war ganz bestimmt nicht leise. Mir tut jeder leid, der sich diesen ganzen Lärm anhören und dieses ganze Streiten, Schikanieren und Mobben ertragen musste. Und die Welt bekam den falschen Eindruck, als wäre Amerika ein lauter Ort voller lauter Menschen. Aber so ist dieses Land nicht. Wer einmal mit dem Auto von der Ost- an die Westküste gefahren ist, der weiss genau, wovon ich spreche. Da ist immer wieder diese unglaubliche Weite und Stille.

Glauben Sie weiterhin an die Macht der Politik?

Murray: Mir ist da grundsätzlich zu viel heisse Luft im Spiel - ganz egal, ob die nun von Demokraten oder Republikanern produziert wird. Zu oft schiessen Politiker einfach nur laute Töne von der einen Seite des Raumes in die andere hin und her. Wenn dann vor Weihnachten, Osten oder den Sommerferien mal etwas Wichtiges erledigt werden muss, raufen sie sich vielleicht mal zusammen. Aber die restliche Zeit vertrödeln sie nur. Und das geht dann immer wieder auch mal furchtbar schief, wie der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine aktuell auf tragische Art und Weise beweist.

Wie gehen Sie mit dem Bewusstsein um, dass das Leben endlich ist und die Jahre immer schneller dahinfliegen?

Murray: Alt werden kann ein ganz schöner Schock sein, weil es so plötzlich passiert. Auf einmal bist du 70 und du denkst still bei dir: «Oh Mist, was zum Teufel habe ich in all den Jahren eigentlich gemacht?» Die Zeit, die mir noch bleibt, ist beängstigend überschaubar geworden. Es geht mir dabei nicht darum, dass der Körper verfällt und ich älter, schwächer, vergesslicher und gebrechlicher werde. Es geht mir nicht um den Schrecken beim Blick in den Spiegel, wenn ich die Person, die ich da sehe, nicht mehr erkenne...

Sondern?

Murray: Wir alle stellen uns doch irgendwann dieselbe Frage: Habe ich meine Lebenszeit gut genutzt - oder habe ich viel zu viele Jahre einfach nur verschwendet, weil ich dachte, dass für mich andere Gesetze gelten und ich deshalb noch ewig Zeit habe, um alles nachholen zu können? Fakt ist: Dir bleibt nur eine gewisse Zeitspanne, um es einigermassen gut hinzubekommen, ein Leben zu führen, dass dich mit innerer Zufriedenheit erfüllt.

Wären Sie gerne noch mal 35?

Murray: Wenn es um das Körperliche geht, dann hätte das sicherlich seinen Reiz. Aber ansonsten ist Alter für mich nur eine Zahl. Es gibt junge Menschen, die im Kopf schon so alt wie 80-Jährige sind. Und es gibt Menschen, die mit 80 noch den Witz, Esprit und die Neugierde eines 30-Jährigen haben. Das kommt nicht so oft vor, aber es gibt diese wunderbar inspirierenden Menschen. Die einfach unbezähmbar sind und auch im hohen Alter noch voller Unfug und Spass stecken. So zu werden - das ist mein Ziel!

Von spot on news AG am 24. März 2022 - 09:38 Uhr