«Hard to Kill», «Zum Töten freigegeben», «Today You Die», «Halbtot - Half Past Dead», «Driven to Kill - Zur Rache verdammt»: Die Liste an martialischen Filmtiteln im Lebenslauf von Steven Seagal (70) scheint unendlich lang. Mit wenigen Ausnahmen, etwa «Einsame Entscheidung» von 1996, gilt das Motto: Kennst du einen, kennst du sie alle. Seagal zementierte zunächst in A-, dann zunehmend in B-Movies einen Ruf als stoische Ein-Mann-Armee - so wuchtig und unnachgiebig wie eine Abrissbirne.
Bislang zeigte der Star, der am 10. April 70 Jahre alt wird, wenig Interesse daran, diesem Ruf zu entkommen. Sein bislang letzter Film von 2019 hört auf den Namen «Beyond the Law», sprich: Die Leinwand-Rache eines Seagal steht auch über 30 Jahre nach seinem Debütfilm «Above the Law» immer noch jenseits des Gesetzes. Wesentlich spannender - weil vielseitiger - als sein filmisches Schaffen ist ein Blick auf sein Leben abseits der Kamera. Je mehr man sich darauf einlässt, desto mehr wird deutlich: Seagal ist ein wandelnder Widerspruch.
Seagal: Der friedliebende Buddhist, der Umweltschützer, der Reggae-Musiker
Schon seit vielen Jahrzehnten ist Seagal Anhänger des tibetischen Buddhismus. Doch nicht nur das. 1997 wurde er allen Ernstes von Lama Penor Rinpoche zu einem Trülku ernannt, also zur Reinkarnation eines früheren Meisters. Für einen Bericht von damals wurde die treffende Überschrift gewählt: «Der Buddha von einem anderen Planten: Action-Star Steven Seagal wurde nun offiziell zum Action-Lama gesalbt.»
Als Buddhist hat er sich dem Pazifismus verschrieben, gleichwohl er in der Kampfsportart Aikidō den 7. Dan erreicht hat. Seagal ist Vegetarier, setzt sich für Tier- und Naturschutz sowie für die Menschenrechte der amerikanischen Ureinwohner ein. 1999 wurde ihm für sein Engagement zum Schutz von Elefanten eine Auszeichnung der Organisation PETA überreicht.
Wenn Seagal nicht gerade auf der Leinwand (zuletzt eher direct to DVD) Hintern tritt, macht er gerne Musik. 2004 erschien sein erstes Album «Songs from the Crystal Cave», stilistisch haben es ihm sanftere Country-, Blues- und Reggae-Klänge angetan. Seine musikalische Botschaft, die sich mit seiner buddhistischen deckt: Das Streben nach Harmonie.
Seagal: Der Waffenlobbyist, der Putin-Bewunderer - und jede Menge Vorwürfe
«Ich bin Russe, meine Grosseltern stammen aus Wladiwostok und St. Petersburg», beteuerte Seagal 2014. Er tat dies damals gegenüber dem staatlichen TV-Sender Swesda - und auf der soeben von Russland annektierten Schwarzmeerhalbinsel Krim. Nur kurz zuvor sang er in einem Interview eine Lobeshymne auf Wladimir Putin (69), bezeichnete den Machthaber als «Freund», den er «gern als Bruder betrachten» würde. Etwa zur selben Zeit mauserte sich Seagal zum Lobbyisten russischer Waffenhändler, um dabei zu helfen, bislang untersagte Exporte russischer Waffen in die USA zu ermöglichen. Das gebetsmühlenartige Kredo des buddhistischen Waffennarrs und ehrenamtlichen Deputy Sheriffs kommt einem bekannt vor: «Waffen töten keine Menschen. Menschen töten Menschen.»
Dass Seagal die russische Annektierung der Krim guthiess, wurde an oberster Stelle des Kremls nicht vergessen. Und so überreichte ihm Putin 2016 höchstpersönlich die russische Staatsbürgerschaft. Mit dieser trat Seagal der regierungstreuen Partei Gerechtes Russland bei, war 2018 Ehrengast bei Putins viertem Antritt als Präsident und kandidierte 2021 als Abgeordneter der Staatsduma.
So klar seine Kante als Hollywood-Held seit jeher ist, so erwartbar halbärschig mäanderte er unlängst in einem Interview um den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine herum. Natürlich bete er darum, «dass beide Länder zu einer positiven, friedlichen Lösung» kämen.
Um gefährliches Verhalten von Steven Seagal zu beobachten, muss aber nicht in Richtung Russlands geblickt werden. Quasi Zeit seines Schaffens begleiten Seagal schwere Vorwürfe von zumeist weiblichen Co-Stars seiner US-Filme. Verbrieft sind Vorwürfe der sexuellen Belästigung von Beginn der 90er bis hin ins Jahr 2018. Hier wurde im Zuge der #MeToo-Bewegung die schwerste Anschuldigung erhoben: Regina Simons, eine Statistin im Film «Auf brennendem Eis» (1994), gab an, im Alter von 18 Jahren von dem Hauptdarsteller vergewaltigt worden zu sein. Dieser und die vielen weiteren Vorwürfe landeten aber bislang nie vor Gericht.