Wahrscheinlich haben sich allerhand Wissenschaftler mit der Frage auseinandergesetzt, weshalb kleine Kinder häufig davon träumen, Prinzessin oder Prinz zu sein. Klar, da sind zum einen die Kleider – Galaroben, schicke Anzüge, (verlorene) Stöckelschuhe. Doch wahrscheinlich dürfte der Wunsch so vieler junger Erdenbürger auch damit zusammenhängen, dass uns Disney-Klassiker weismachen wollen, dass in den Königshäusern nicht wirklich mehr auf dem Tagesprogramm steht als Essen an der grossen Tafel, sich zurechtmachen lassen von der Hofdame und am Abend bei einem fulminanten Fest mit eigener Hofmusik den Tag ausklingen zu lassen.
Schön und gut – dass in Filmen nicht zwingend alles der Wahrheit entsprechen muss, ist nun wahrlich ein geschriebenes Gesetz. Doch im konkreten Fall ist nicht nur «nicht ganz alles» frei erfunden, sondern alles völlig auf der Luft gegriffen, wie uns Kronprinzessin Victoria, 44, in den letzten Tagen gezeigt hat.
Nach den – zugegebenermassen ausgedehnten – Sommerferien mit viel Familienzeit nämlich ging es für die künftige Königin Schwedens gleich wieder so richtig los. Die Royal-Dame eilt von Termin zu Termin und absolviert dabei ein echtes Mammut-Programm, wie ein Blick in ihre Agenda zeigt. Und der wiederum demonstriert auch: Kronprinzessin zu sein, ist alles, aber ganz sicher kein Zuckerschlecken.
Dienstag, 24. August
Den ersten Termin nach der Taufe von ihrem Neffen Prinz Julian, fünf Monate, Mitte August nahm Victoria vor anderthalb Wochen wahr. Sie besuchte im Rahmen der Umweltinitiative «Initiativ Utö» zwei Inseln in Haninge. Den Termin ging sie nicht alleine an: Familienhund Rio begleitete Victoria beim Besuch der Feuchtbiotope und des Yachthafens – und stahl ihr tierisch die Show!
Mittwoch, 25. August
Ein bisschen Erholung nach dem Tag in der Natur? Nichts da! Am Folgetag war Victoria gemeinsam mit Ehemann Prinz Daniel, 47, in offizieller Mission unterwegs. Los ging es in einem Spital, dann besuchten die beiden ein Gymnasium für Schülerinnen und Schüler mit Lernschwierigkeiten, wurden am Mittag in einer Kirche erwartet, trafen einen Gründer einer Vereinigung, die abgelaufene Lebensmittel von Restaurants und Shops sammelt, um dann letzten Endes in einem Wissenschaftspark zu landen.
Der Besuch war der Auftakt von Victorias Provinzen-Tour, bei der sie den verschiedenen Regionen Schwedens Besuche abstattet, um sich über die Corona-Lage in entsprechender Umgebung zu informieren.
Freitag, 27. August
Vor einer Woche dann liess sich Victoria nicht nur herumführen, sondern musste auch eine Rede halten. Sie war bei der Verleihung des Raoul-Wallenberg-Preises des Europarats dabei, der alle zwei Jahre aussergewöhnliche humanitäre Leistungen honoriert.
Montag, 30. August
Übers Wochenende hatten Victoria und Daniel offensichtlich für einmal frei. Doch bereits am Montag waren sie schon wieder unterwegs. Perfekt gestylt liessen sie sich in der Kunstgalerie Accelerator der Universität Stockholm herumführen.
Dienstag, 31. August
Gut gestylt war Victoria auch am vergangenen Dienstag. Und: Das musste sie auch. Schliesslich war sie an der Stockholm Fashion Week zu Gast, wo sie den Sustainable Fashion Hub besuchte. Sie wählte hierfür eine weite Marlenehose und einen passenden Blazer. Wer nun aber denkt, dass sie sich nur für Mode-Events so rausputzt, irrt. Denn was Victoria trägt, wird immer beäugt – wenn nicht begeistert, dann kritisch.
Mittwoch, 1. September
Eine weitere Aufgabe von Kronprinzessin Victoria besteht ganz offensichtlich auch darin, sich immer an ihre Umgebung anzupassen. Denn wo sie an der Fashion Week fast schon gezwungen war, sich in ein hippes Outfit zu werfen, ging es tags darauf sichtlich traditioneller zu und her.
Bei der Eröffnung der achten Amtszeit des samischen Parlaments am Ufer des Flusses Umeälven zeigte sich Victoria in einer farbenfrohen Tracht der Sami. Das Sameting in Schweden ist das Parlament des indigenen Volkes der Samen, dem zu Ehren Victoria sich in ein traditionelles Kleid aus Wollstoff hüllte. Highlight waren die Lederschuhe mit hochgezogener Spitze und bunten Bändern um die Knöchel.
Einen klassischen Feierabend, wie Otto Normalbürger ihn kennen, gibt es für Victoria nur selten. Auch an jenem Mittwoch war ihr Arbeitstag mit der Eröffnungsfeier noch längst nicht zu Ende.
Am Abend stand für sie ein Dinner in einem Restaurant an, dem sie mit vielen weiteren geladenen Gästen beiwohnte. Dafür wechselte sie ihr Outfit und zeigte sich in einem schicken hochgeschlossenen Kleid und hochhackigen Schuhen.
Donnerstag, 2. September
Am darauffolgenden Tag ging es für Victoria wieder weiter auf der Tour de Schweden. Diesmal reiste sie in die Provinz Västerbotten, wo sie wiederum einen straffen Tagesplan hatte. So traf sie sich etwa mit Vertretern der Infektionskontrolle sowie Gymnasiasten der Region.
Wie bereits am Vortag war Victoria ohne ihren Gatten unterwegs. Dieser hätte sie schon zu der Eröffnung des samischen Parlaments begleiten sollen, musste aber krankheitsbedingt passen. «Der Prinz ist erkältet und hat sich entschieden, mit Rücksicht auf die Menschen, die das Kronprinzessinnen-Paar treffen würde, nicht nach Västerbotten zu reisen, sondern zu Hause zu bleiben», zitierte die Agentur «Dana Press» die Hofsprecherin. Victoria schien das nicht allzu gross aus dem Tritt zu bringen. Sie absolvierte den Termin gewohnt lässig, routiniert – und wie immer mit einem Lächeln auf den Lippen.
Zugegeben: Der Job der Kronprinzessin mag auch nach der genauen Studie einer Arbeitswoche auf den ersten Blick nicht so körperlich anstrengend sein wie derjenige eines Büezers auf dem Bau, mag keinen strukturierten Tagesablauf bieten wie bei einer KV-Angestellten im Büro und erscheint womöglich weniger fordernd, weil keine spezifische Ausbildung dafür an einer Schule gemacht werden kann.
Wahrscheinlich aber ist es genau das, was den Beruf so anspruchsvoll macht: dass man nie Feierabend hat. Dass man immer lächeln muss, weil man die Krone und sein Land repräsentiert. Und dass jeder Fehltritt, jeder Fauxpas, jedes Malheur medial ausgeschlachtet wird. Eine Pause? Gibts für eine Kronprinzessin nicht. Einen Tag lang keine Lust zu haben? Kann sie sich nicht leisten.
Victoria zumindest hat sich nach einem abgeschlossenen Studium in Politikwissenschaft und Geschichte in Yale daran gewöhnt, Kronprinzessin zu sein. Geboren dafür fühlte sie sich aber nicht, wie sie durchschimmern liess. Sie entwickelte in jungen Jahren eine Magersucht, weil der Druck von aussen so stark war, dass sie nicht mehr klarkam. «Ich wollte immer so viel mehr als das, was ich leisten konnte», erinnerte sie sich in einem Interview mit «TV4». Auch deshalb zog sie für das Studium in die USA – um Abstand zu gewinnen.
«Ich wollte immer so viel mehr als das, was ich leisten konnte»
Kronprinzessin Victoria von Schweden
Der hat ihr gutgetan. Heute ist Victoria eine der beliebtesten Royals der Welt, eine Kronprinzessin, die ihre Aufgabe gewissenhaft wahrnimmt. «Sie wird eine sehr gute Königin», zeigt sich denn auch ihre Mutter Königin Silvia, 77, bei «SVT» überzeugt. «Sie ist aufmerksam, interessiert, sie macht sich Gedanken. Das ist das Wichtigste: dass man sich kümmert. Dass man versucht, zu helfen.»