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TV-Doku hat vieles kaputt gemacht

Sollten Harry und Meghan den Titel abgeben?

Prinz Harry und Herzogin Meghan bläst nach ihrem Auftritt in einer TV-Doku eine immer steifere Bise entgegen. Es werden sogar Stimmen laut, die beiden sollten ihre Titel besser abgeben. Doch etwas spricht dagegen.

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Harry Meghan Geburt

Unbeliebte Harry und Meghan: Ein Drittel der Briten wünscht sich, dass sich das Paar ins Private zurückzieht.

Getty Images

Sie meinten es doch nur gut: Herzogin Meghan, 38, und Prinz Harry, 35, liessen sich auf ihrer Afrika-Reise von einem Journalisten des TV-Senders ITV begleiten, zeigten sich in der Doku «An African Journey» von ihrer offenen, ja verletzlichen Seite. Eigentlich ein cleverer Zug: Seht her, wir sind auch nur Menschen, auch wir sind nicht perfekt. Das hat bei vielen auch tatsächlich funktioniert. Meghan, die vor laufender Kamera mit den Tränen kämpfte, erfuhr unter dem Hashtag #WeLoveYouMeghan auf Twitter eine Welle der Sympathie. Diese Woche sicherten Meghan zudem 72 Parlamentarierinnen per offenem Brief ihre Solidarität im Kampf gegen Boulevardmedien zu.

Unausgesprochene Regel gebrochen

Doch parallel zeigte sich: Das Kap der guten Hoffnung wurde für die von Sussex mehr und mehr zur Klippe, die sie nun umschifen müssen. Denn ihre Offenheit kam in der Heimat nicht bei allen gut an. Der Herzogin wurden die ehrlichen Worte auch als Gejammere ausgelegt, mit dem Vorwurf, sie stelle ihre eigenen Befindlichkeiten über die der weit weniger privilegierten Menschen, um die es auf dieser Afrikareise eigentlich hätte gehen sollen.

Meghan brach auch eine ungeschriebene Regel des Königshauses, die da lautet: «Never complain, never explain» (beschwere dich nicht, erkläre dich nicht). Dasselbe gilt für Gatte Harry, der in der Doku antönte, dass das Verhältnis zu Bruder William, 37, tatsächlich angespannt sei. Sogleich wollten britische Medien Hinweise darauf haben, dass bei der Königsfamilie wegen Meghan und Harry Feuer im Dach sei.

Reporter findet: selber schuld!

Zwar hat sich ein kleiner Teil des Grolls der Briten auch auf den Reporter verlagert. Wegen seiner sehr persönlichen Fragen, die er in seinem Interview stellte. Tom Bradby fühlte sich gar genötigt, sich zu verteidigen. Er habe vorgehabt, einen «konventionelleren journalistischen Job zu machen». Doch er habe nun mal die Geschichte eines Paares, das verletzlich und verwundbar erschien, vorgefunden, habe diese aus journalistischer Sicht, deshalb so emphatisch wie möglich erzählt, erklärte er in der US-Show «Good Morning America».

Dann fügt er mit spitzer Zunge an: «Ich habe ihnen vor den Interviews ja gesagt, dass ich ein paar speziell zugespitzte Fragen stellen werde.» Also: selber schuld, ich habe euch ja gewarnt. Und schon ist der Schwarze Peter wieder den Royals untergeschoben.

LONDON, UNITED KINGDOM - OCTOBER 29: (EMBARGOED FOR PUBLICATION IN UK NEWSPAPERS UNTIL 24 HOURS AFTER CREATE DATE AND TIME) Prince Harry, Duke of Sussex attends the launch of Team UK for the Invictus Games The Hague 2020 at the Honourable Artillery Company on October 29, 2019 in London, England. HRH is Patron of the Invictus Games Foundation. (Photo by Max Mumby/Indigo/Getty Images)

Prinz Harry besuchte am 29. Oktober das britische Team für die nächsten Invictus-Games und liess sich bei diesem Termin den aktuellen Wirbel nicht anmerken.

Getty Images
Brutale Umfrage-Werte

So oder so: Der Schaden für das Ehepaar Sussex ist angerichtet.  Wie sehr, untermauert eine Umfrage, die die britische Zeitung «Daily Express» in Auftrag gegeben hat. Dort setzt es eine Klatsche für das royale Paar ab. 31 Prozent sind der Meinung, die Aussagen der beiden in der TV-Doku würden der Monarchie schaden. Sogar 36 Prozent sind dafür, dass Harry und Meghan ihre öffentlichen Pflichten für das Königshaus aufgeben und sich ins Private zurückziehen sollen.

Die Frage stellt sich tatsächlich: Wäre es für Meghan und Harry nicht besser, wenn sie auf die Titel pfeifen und künftig ein Leben als Privatpersonen leben würden? Es läge zumindest im Trend. Auch andere Königshäuser specken ab, so geschehen in Schweden Anfang Oktober. Der Schritt von König Carl Gustaf, 73, mehrere Mitglieder der Königsfamilie von den offiziellen Aufgaben zu entbinden, hat auch bei den Briten die Diskussion darüber entbrannt, ob auf der Insel bald ähnliches angezeigt sei. Allerdings sprach man dabei eher von Prinzessin Eugenie, 29, und Prinzessin Beatrice, 31, den Töchtern von Prinz Andrew.

Vorbild wäre Queen-Onkel Edward VIII.

Es kam bei den Briten tatsächlich schon mal vor, dass sich ein Royalmitglied aus den heiligen Mauern des Palasts verabschiedet hat. König Edward VIII. (1894-1972) wars, der Onkel von Queen Elizabeth II., 93, der 1936 abdankte, sich mit seiner Gemahlin Wallis Simpson (die aus Hofsicht aus mehreren Gründen untragbar war) aus England verabschiedete und sich mit einer grosszügigen Apanage nach Frankreich absetzte, die ihm weiterhin ein Leben im Luxus ermöglichte.

Was für diesen Schritt spricht: Harry betont immer wieder, wie hart für ihn die ständige Beobachtung durch die Medien sei, weil er jedes Mal, wenn er eine Kamera klicken höre, an seine Mutter denken müsse. Meghan hingegen stört sich daran, bei der Ausübung ihrer Pflichten stets freundlich lächeln zu müssen, während sich keiner dafür interessiere, wie es ihr wirklich gehe.

Aus dieser Sicht wäre ein Rückzug ins Privatleben verständlich. Man ist von Millionen von Menschen unter Dauerbeobachtung, muss höllisch aufpassen, was man sagt, was man tut, auch was man nicht sagt und nicht tut, wird kritisiert. Beide erfuhren mehrfach schmerzlich: Sie können eigentlich nur Fehler machen. Ermöglichen täte diesen Schritt auch Harrys Position auf der Thronfolge: Hinter Vater Prinz Charles, 70, Bruder William und dessen drei Kindern George, 6, Charlotte, 4, und Louis, 1, steht der 35-Jährige lediglich an der sechsten Stelle.

Prinz Harry, Herzogin Meghan und Archie

Wäre es wirklich besser für Harry, Meghan und Archie, wenn sie keine Royals mehr wären?

WireImage
Experten sind sich uneinig

Der bekannte Journalist und Adelsexperte Alexander von Schönburg, 50, etwa plädiert aus all diesen Gründen dafür. «Sie hätten besser daran getan, Harry zuzureden, die Heirat mit Meghan zum Ausstieg zu nutzen. Statt die beiden mit dem pompösen Herzog-und-Herzoginnen-Titel auszustatten, hätte man sie mit einem bescheidenen Grafen-und-Gräfinnen-Titel ausstatten können und ihnen, ausgestattet mit einer schönen Apanage, erlauben können, sich ins Privatleben zurückzuziehen», schreibt er auf «stylebook.de».

Am besten hätte man die beiden mit dem Tag ihrer Hochzeit aus den königlichen Pflichten entlassen können, so von Schönburg weiter. Dies wäre damals mit weniger Aufsehen von statten gegangen, als wenn sie es jetzt, als Konsequenz der Geschehnisse der letzten Wochen, tun würden. «Aber wenn es eine richtige Entscheidung gibt, dann sollte man sie lieber spät als gar nicht treffen.»

Arm sind sie nicht

Doch wie wäre das denn mit dem Geld? Weil die beiden keinen Repräsentationsverpflichtungen für Land und Krone mehr nachkommen müssten, wäre Meghan wieder frei, als Schauspielerin gut bezahlte Rollen anzunehmen. «Für Meghan könnte es finanziell also ein Vorteil sein, sich vom offiziellen Titel und den damit verbundenen Verpflichtungen zu lösen», erklärt Adelskennerin Astrid von Stockar. «Aber natürlich wäre sie erst recht unter Beobachtung, welche Angebote sie und ihr Mann annehmen würden.»

Finanziell darben müssten die beiden aber ohnehin nicht. Prinz Harrys Gesamtvermögen wird von «Independent» und «The Richest» auf umgerechnet 40 Millionen Franken geschätzt (darunter eine Erbschaft von Lady Di in der Höhe von 13 Millionen Franken), dasjenige von Herzogin Meghan auf 5 Millionen Franken.

«Denke nicht, dass das Interesse weniger würde»

Es stellt sich somit vielmehr die Frage, ob es bei einem derart im Fokus stehenden Paar wie Meghan und Harry als Privatpersonen tatsächlich besser werden würde. Marco Hirt, langjähriger Royalexperte bei der «Glückspost», ist skeptisch. «Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass es für die beiden besser wäre, Privatpersonen zu werden – da ja offenbar der Leidensdruck, den ihr derzeitiges Leben mit sich bringt, so gross ist», sagt er zu schweizer-illustrierte.ch. «Aber ich denke nicht, dass das Interesse an ihnen weniger würde, im Gegenteil. Und ich glaube auch nicht, dass sie das ernsthaft in Betracht ziehen. Ihr Bedürfnis war es einfach, über ihre aktuelle Situation nicht länger zu schweigen – in der Hoffnung, dass mit ihnen zukünftig sorgsamer umgegangen wird.»

Harry könne sich das, da nicht wie William in vorderster Front der Thronfolge, aber auch erlauben, so Hirt. «Und nicht zu vergessen: Derzeit bieten ihnen die Palastmauern einen wichtigen Schutz – sie geniessen den Vorteil von Sicherheitspersonal, das sie als Privatpersonen selbst berappen müssten, verdanken diesem ein abgeschottetes Dasein, haben auch vor Paparazzi ihre Ruhe. Das wäre sonst anders.»

Oder krasser ausgedrückt: Sie wären vermutlich Freiwild. Und genau das möchte Harry derzeit weder seinem Sohn Archie, noch seiner Gattin Meghan, noch sich selbst zumuten. Meghan und er können nur hoffen, dass während ihrer Auszeit in den USA, die sie ab Mitte November antreten wollen, endlich Ruhe einkehrt. Nach dem Motto: Ein Königreich für ein bisschen Frieden. Aber das ist vermutlich ein höchst frommer Wunsch.

Von Tom Wyss am 31. Oktober 2019 - 06:00 Uhr