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Isabella Schmid über die Corona-Panik

«Die Angst ist überall. Ich erlebe Kinder, die Angst haben»

Wie nehmen Prominente die aktuelle Situation rund um das Coronavirus wahr? Welche Fragen treiben sie um, welche Befürchtungen haben sie? Schweizer-illustrierte.ch hat unter anderem mit Schauspielerin und Schauspiellehrerin Isabella Schmid darüber gesprochen.

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COLOGNE, GERMANY - OCTOBER 08: Isabella Schmid attends the German premiere of the film 'Der Vorname' at Cineplex Cologne on October 08, 2018 in Cologne, Germany. (Photo by Andreas Rentz/Getty Images for Constantin Film)

Isabella Schmid: «Ich halte besonders bei älteren Menschen den Mindestabstand ein, damit sie nichts von mir zu befürchten haben.»

Getty Images for Constantin Film

Die Meldungen rund um das Coronavirus überstürzen sich. Was macht das mit Ihnen?
Ich versuche, so nüchtern wie möglich zu reagieren und auch immer abzuwägen, was ist einfach Schlagzeile, und was ist wirklich wichtig. Leider empfinde ich viele Medien zurzeit als nicht wirklich seriös und informativ. Da stündlich neue Informationen durchsickern, ist mir bewusst, dass ich mich wahrscheinlich in nächster Zukunft  jeden Tag auf neue Regeln einstellen muss. Respekt hatte ich schon immer. Schon als es in China losging, war mir klar, dass wir dieses Virus natürlich bei uns haben werden. Wir leben in einer globalisierten Welt, wer damals schon glaubte, wir würden verschont bleiben, empfand ich als etwas naiv. Ich mache mir viele Gedanken, aber mehr zu den älteren Menschen und Risikopatienten als zu mir selbst. 

Was ist Ihre grösste Befürchtung?
Dass durch die Angst und Panikmache viele wichtige Schritte übersehen werden und die Dynamik, die dadurch ausgelöst werden kann. Dass unsere Spitäler und Ärzte schon bald an ihre Grenzen stossen.

Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie das Wort Notstand hören?
Notstand ist der Notstand. Da das Virus einfach noch in vielen Bereichen unbekannt ist, ist es in meinen Augen wichtig, dass man aus den Ländern China und Italien lernt und schneller reagiert, als zu lange abzuwarten. Notstand heisst, dass unser Alltag und Leben erstmal eingeengt wird. 

Werden Sie Ihre Massnahmen verstärken?
Ich halte mich an die vorgegebenen Regeln. Ich kaufe normalerweise immer nur für ein paar Tage ein, damit das Essen nicht kaputt geht, im Moment denke ich schon eher auch haltbare Dinge zu kaufen und versuche, die Unsicherheit in mir nicht übermächtig werden zu lassen. 

Welche Massnahmen treffen Sie sonst im Alltag? 
Ich mache das, was, glaube ich, angebracht ist: Ich wasche meine Hände viel, versuche die Hygiene-Vorschriften einzuhalten und halte besonders bei älteren Menschen den Mindestabstand ein, damit sie nichts von mir zu befürchten haben. 

Welche Auswirkungen hat das Ganze auf Sie als Schauspielerin?
Meine Schauspielkurse mit den Kindern sind ab Dienstag komplett eingestellt. Zudem werden Vorstellungen abgesagt, das ist für uns natürlich finanziell, je nach Vertrag, ein finanzieller Verlust. Die Dreharbeiten sind eingestellt worden, beziehungsweise verschoben. Ich kriege aber die Tage, die ich schon gedreht habe, auf jeden Fall bezahlt. Natürlich stehen wir als Künstler mit dem Rücken zur Wand, aber zu jammern, finde ich in so einer Zeit nicht angebracht. Es wird für ganz viele Menschen finanzielle Einbussen geben, aber für mich geht Gesundheit, von meinen Mitmenschen und mir,  vor meinen finanziellen Problemen.

Welche Fragen treiben Sie und Ihren Partner derzeit besonders um?
Natürlich reden wir viel darüber. Gerade auch wegen der vorübergehenden Schliessung meiner beiden Schauspielschulen. Wie weit die Pandemie sich ausbreiten könnte, und was wir davon halten sollen, wie die Politiker zur Zeit mit der Situation umgehen und darüber, dass wir dringend was tun müssen, damit die Ärzte und Krankenhäuser und auch wir, nicht in die gleiche Situation kommen wie in Italien. Wir sind nicht immer gleicher Meinung, und das kann bei so einem Thema dann auch mal hitzig zu und her gehen. 

«Ich erlebe eine sehr angespannte Stimmung, besonders in Köln. Die Strassen sind viel leerer. Die Regale sind leer»

ZURICH, SWITZERLAND - SEPTEMBER 26: Isabella Schmid and guest attend the opening ceremony and "Bruno Manser - Die Stimme des Regenwaldes" premiere during the 15th Zurich Film Festival at Kino Corso on September 26, 2019 in Zurich, Switzerland. The Zurich Film Festival 2019 takes place from September 26 until October 6. (Photo by Andreas Rentz/Getty Images for ZFF)

Schmid redet auch mit ihrem Partner Urs Gantner viel über das Thema.

Getty Images for ZFF

Wie erleben Sie die Leute im Alltag, nehmen Sie einen Rückgang der Solidarität wahr respektive eine Zunahme von ängstlichen Leuten oder gar «Kontrolleuren»?
Ja, ich erlebe eine sehr angespannte Stimmung, besonders in Köln. Die Strassen sind leer. Die Regale sind leer. Mir fehlt bei der Bevölkerung manchmal die Besonnenheit, aber jeder Mensch geht mit Ängsten anders um, darum würde ich mir wünschen, dass in den Medien weniger die Schlagzeile der Panik verbreitet wird, sondern eher die Verständigung, was zurzeit wichtig wäre und warum. Ängste und Panik werden schlimmere Auswirkungen haben, als das Virus selbst. Vorsichtig sein, Respekt der Krankheit gegenüber und sich an Regeln halten, fände ich besser. Menschen die gefährdet sind, sollten wir mit unserem Verhalten schützen.

Wie nehmen Sie die Welt wahr, wenn Sie zwischen Köln und Zürich unterwegs sind?
Die Angst ist überall. Ich denke, in Köln sind derzeit die Auswirkungen noch mehr spürbar. Auch die Kinder und Jugendlichen bei mir im Unterricht sind überfordert von dem Sekundentakt von neuen Berichten. Ich erlebe Kinder, die Angst haben und natürlich noch weniger damit umgehen können als die Erwachsenen. Ich sehe meine Aufgabe darin, ihnen zuzuhören und sie und ihre Ängste ernst zu nehmen. Darum werde ich meinen Unterricht übers Internet weiter machen, damit ich in Kontakt bleiben kann und mit Ihnen auch reden kann, wenn sie die Situation zu sehr belastet.

Gibt es Unterschiede bezüglich Corona-Umgang zwischen Deutschland und der Schweiz?
Ja, auf jeden Fall. Meiner Meinung nach wartet die Deutsche Regierung zu lange ab. «Wir haben alles im Griff. Wir sind gut vorbereitet» finde ich schwierige Aussagen zum jetzigen Zeitpunkt, die sind auch für die Bevölkerung alles andere als beruhigend. In der Schweiz sind schon sehr früh einiges früher starke Massnahmen getroffen worden, das empfinde ich als überlegter und verantwortungsvoller. Aber auch bei uns ist der Druck der Politiker, zwischen Wirtschaft und Medizin Entscheidungen zu fällen, viel stärker geworden.

«Ich fühle mich auf jeden Fall in der Schweiz besser aufgeklärt und sachlicher informiert als in Deutschland»

Was glauben Sie wird Corona mit unserer Gesellschaft machen – werden wir alle zu Egoisten oder gar Menschenfeinden jetzt, im Sinne von: Misstraue deinem Nächsten? 
Ich glaube an uns Menschen, und dass wir in kritischen Zeiten sozialer sind als in guten. Es ist kein italienisches, schweizerisches oder deutsches Problem, es ist ein globales Problem, und wenn wir gegen das Virus ankommen wollen, wären Austausch und gegenseitige Unterstützung meiner Meinung nach viel sinnvoller, als nur für sich zu schauen. 

Kann diese Situation umgekehrt die Menschen einander näherbringen?
Ich denke schon. Oder sagen wir: Ich hoffe es. Wenn ich von mir ausgehe, weiss ich, dass es mir nur gut geht, wenn es auch den anderen um mich herum gut geht. Wenn also jemand Hilfe braucht, und ich sie auch erfüllen darf oder kann, kommt Isabella erst an zweiter Stelle. 

Was ist für uns alle jetzt am wichtigsten?
Ich plädiere an die Presse, sich mehr auf Fakten zu reduzieren, keine Panik zu verbreiten, die Regierung zu unterstützen mit seriösen, unspektakulären Informationen. Kurz: Aufklären und uns nüchtern informieren, was jeder einzelne tun kann. Unsere Mediziner und Spitäler so gut wir können mit unserem jetzigen Verhalten zu unterstützen. Ich sehe in dieser Krise und beängstigenden Zeit aber auch ein kleines Licht. Vielleicht verstehen wir Menschen durch solche Situationen, dass das gute Luxusleben ganz schnell vorbei sein kann, dass eine Seife plötzlich wichtiger sein kann als ein neues Handy oder ein Laptop. Dass wir vielleicht wieder mehr im eigenen Land produzieren sollten, um uns nicht von anderen Ländern so abhängig zu machen und bereit sind, dass es keine Sicherheit im Leben gibt. Zusammenhalten, sich gegenseitig unterstützen und an diejenigen denken, die gefährdet sind. Nicht jetzt die Schuldigen suchen und Fehler aufzeigen. Wenn alles vorbei ist, kann man zurückblicken und analysieren, was nicht gut gelaufen ist. Aber sicher nicht jetzt.

Von Tom Wyss am 15. März 2020 - 19:09 Uhr