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DJ Tanja La Croix

«Ich habe meine Ausgaben heruntergefahren»

Wegen des Coronavirus bekommt DJ Tanja La Croix noch heute Event-Absagen. «Es ist eine schwierige Situation für uns alle», sagt die St. Gallerin. Dennoch bleibt sie ­positiv und hofft, dass sich nun alle an die Regeln halten «nicht nur im Nachtleben».

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Tanja La Croix

Viel Sonne, wenig Schlaf: Tanja La Croix, 38, sprudelte während des Lockdowns vor Kreativität. «Ich habe noch nie so vor Energie gesprudelt wie in dieser Zeit.» (Foto Pascal Albisser)

ZVG

Tanja La Croix, wie ist es in dieser Zeit DJ zu sein?
Das Handwerk an sich konnte ich durch meine Livestreams ausüben. Mir fehlte aber der direkte Kontakt zu meinen Fans und Partygästen sehr. Die Situation hat bei mir Auswirkungen bis Ende Jahr. Ich bekomme für Grossveranstaltungen auch Absagen für bis im Oktober. Seit ein paar Tagen kommen aber wieder neue Bookings für August und September rein.

Wann hatten Sie Ihren letzten Auftritt?
Ich kam anfangs März von Mallorca nach Hause. Für März und April hatte ich sehr viele Buchungen. Das wären die besten zwei Monaten des Jahres für mich gewesen mit vielen Auftritten in Skigebieten und noch meiner Geburtstagsparty in Zermatt. Mitte März habe ich dann realisiert, dass die zwei guten Monate wegfallen werden – dachte aber, dass es im Juni langsam wieder weitergeht. Die längerfristigen Auswirkungen aufs Nightlife und auf die Eventbranche waren mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewusst. Die Nachtclubs sind mittlerweile wieder aktiv und prompt gibt es die ersten Corona-Hotspots.

Haben Sie nun Angst vor den Menschenmengen oder in einem Club aufzutreten?
Ich bin hinter dem DJ-Pult abgeschottet. Vom 10. bis 19. Juli lege ich jeden Tag als Pré-Act für das «Skylights Drive-In»-Openair im Zürich Flughafen auf. Dort kann der Abstand gut eingehalten werden. Aber zum Beispiel hatte ich am Valentinstag in Ischgl im Pascha Club einen Auftritt. Nur ein zwei Wochen danach ist dort Corona ausgebrochen. Ich hatte Glück und habe mich danach sehr zurückgehalten, meine Eltern und Omi auch nicht mehr persönlich gesehen, sondern nur über Facetime. Ich versuche mich an die Regeln zu halten, damit wir schnellst zur Normalität zurückkehren können.

Was denken Sie ist von Seiten der Clubs und der Besucher wichtig?
Es ist eine schwierige Situation für uns alle. Das gilt nicht nur für das Nachtleben. Jetzt müssen wir uns an die Regeln halten und eben auch unsere Kontaktdaten angeben. Tun wir ja auch, wenn wir bei Facebook oder Instagram ein Profil erstellen. Und hier geht es um unsere Gesundheit und Sicherheit.

Haben Sie Angst vor einem zweiten Lockdown?
Es macht mir vor allem Angst, weil es um die Existenzen von vielen Menschen geht. Einen zweiten Lockdown können sich viele nicht leisten. Ich habe diese Zeit gut überbrücken können, aber jetzt muss es weitergehen ansonsten bin ich wahrscheinlich auch gezwungen nach einer beruflichen Ersatzlösung zu schauen.

Tanja La Croix

«Die Natur und die Zeit waren mein Luxus», sagt die St. Gallerin über den Lockdown. (Foto Pascal Albisser)

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Wie fühlten Sie sich, als der Lockdown kam?
Zuerst hat es mir komplett den Boden unter den Füssen weggezogen. Ich war echt sehr traurig, fast schon ohnmächtig. Aber schon bald fing ich an, neue Konzepte für die Zeit danach auszuarbeiten. So hatte ich bereits wieder Ziele. Auch gestand ich mir zu, die Zeit für andere Dinge zu nutzen. Ich fand so ziemlich schnell wieder Mut. Ich bin eine Kämpferin, innovativ und glaube an mich.

Wie haben Sie denn die Corona Zeit erlebt?
Äusserst kreativ. Der Lockdown hat mich zurück zum Malen gebracht. Ich habe mir viel Zeit fürs Wandern und meine Familie genommen. Ich habe viel gekocht und auch versucht via Livestreams mit meiner Community in Kontakt zu bleiben. Mit den Live DJ Sets und mit dem aktiven Social Media Auftritt habe ich die Nähe zu meinen Fans aufrechterhalten. Ich habe trotz der nicht vorhandenen Auftritten versucht, innovativ zu sein.

Wo und wie haben Sie Energie und auch Vertrauen getankt?
Ich bin sehr viel an die frische Luft, da ich generell ein Naturkind bin und darin schon immer die Balance zum stressigen Nachtleben gefunden habe. Ich habe vor Kreativität nur gesprudelt, habe viel neue Tracks produziert, gezeichnet und aber auch viele administrative Arbeit erledigt. Ich hätte Bäume ausreissen können.

Vermissen Sie die Partys?
Vor allem die Nähe zu den Leuten, ihr Lächeln, die Freude und das Strahlen in ihren Augen, wenn sie zu meiner Musik vom stressigen Alltag abschalten konnten.

Kam nie der Gedanke, dass Sie sich vielleicht einen neuen Beruf suchen müssen?
Meine Berufung und meine Leidenschaft habe ich nie in Frage gestellt, aber was ich schon länger merke – und das hat mit der Corona Situation nichts zu tun – ist, dass ich neben den Grossveranstaltungen und Clubs schon immer gerne für private und kleinere Anlässe auflege. Auch Marketingtechnische Aufgaben und Umsetzungen von Events interessieren mich sehr. Ich plane jetzt auch einige Events und ich kann mir gut vorstellen später einmal als Brandmanagerin tätig zu sein. Aber immer zweigleisig. Die Musik ist meine Erfüllung.

Tanja La Croix

Durch die Krise hat Tanja La Croix gemerkt, dass sie sich an ihrem Wohnort nicht daheim fühlt. «Mir fehlt das Grüne. Ich möchte einen Ort ziehen, an dem es sich nach einem Heimkommen anfühlt.» (Foto Pascal Albisser)

ZVG

Spürten Sie Existenzängste?
Nein, aber es tat mir einfach weh, da ich 17 Jahre sehr intensiv an meiner Karriere gearbeitet habe und dann plötzlich meiner Leidenschaft nicht mehr nachgehen konnte. Aber existenzielle Ängste hatte ich nicht. Ich habe meine privaten Ausgaben sehr heruntergefahren. Und es hat mir auch an nichts gefehlt. Die Natur und Zeit waren mein Luxus. Ich war viel alleine, meditierte und habe mich mit meinen Gedanken auseinandergesetzt und mich oft gefragt, was mir eigentlich wirklich wichtig ist und welche Ziele ich nach Corona verfolgen möchte.

Und?
Ich will – und das war mir schon immer wichtig – eine enge Beziehung zu meiner Familie und Freunde aufrechterhalten. Das ist für mich oberste Priorität neben Gesundheit und Natur.

Und über was haben Sie konkret nachgedacht?
Elementare Dinge. Wo will ich wohnen? Wo fühle ich mich Zuhause? Was ist Heimat für mich? Ich will wieder meine Heimat finden. Ob ich zurück nach St. Gallen ziehe, weiss ich nicht. Aber ich möchte einen Ort, an dem ich mich daheim fühle, es sich nach einem Heimkommen anfühlt. Das ist nicht hier, wo ich jetzt bin. Mir fehlt das Grüne.

Wie sieht die Zukunft einer DJ aus?
Die Bookings im Ausland – auf Mykonos, Mallorca, Ibiza, Marbella – werden dieses Jahr sicher nicht mehr alle stattfinden. Dieses Jahr hätte ich acht Mal in Mykonos gespielt. Vielleicht komme ich noch einmal dazu. Aber ehrlich gesagt, trifft es mich nicht so sehr, wie ich anfänglich gedacht habe. Ich liebe die Schweiz und bin jetzt wie froh, dass ich den Sommer vermehrt hier verbringen kann. Nun steht das «Sunrise Skylights Drive-In»-Openairs am Flughafen Kloten an, wo ich vor den Hauptacts wie Nena, Robin Schulz oder Bastian Baker einheize, wenn die Autos einfahren. Des Weiteren plane ich in Vitznau und Luzern einige Veranstaltungen umzusetzen.

Haben Sie sich eigentlich ohne die nächtlichen Auftritte einen neuen Schlafrhythmus zugelegt?
Lustigerweise habe ich vorher mehr geschlafen. Momentan brauche ich weniger Schlaf und gehe etwas später ins Bett, aber stehe auch früher wieder auf. Ich bin voller Energie!

Von Aurelia Robles am 4. Juli 2020 - 18:17 Uhr