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Digi-Tal 2021: Das CEO-Interview

«Wer Geld braucht, soll anrufen»

Sie darf Millionen verschenken! Pascale Vonmont ist die Chefin der Gebert Rüf Stiftung. Wer von ihr Geld bekommt, was sie ihren Töchtern beibrachte und warum sie bei der Suche nach dem digitalsten Tal der Schweiz mitmacht.

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Pascale Vonmont, Gebert Ruef Stiftung, Digital Valley

Pascale Vonmont, 55, CEO der Gebert Rüf Stiftung, fördert Innovationen – auch auf dem Land.

Geri Born

Morgens zehn Uhr im Basler Arbeiterquartier Kleinhüningen. Das EduLab wirkt wie ein grosses Schulzimmer, doch die Wandtafel und der Lehrer fehlen. Hier können Kinder selbst experimentieren – Zangen, Legos und Mikroskop stehen bereit. Gleichzeitig geht es um etwas ganz Modernes: die Digitalisierung. Wie hängt das eine mit dem anderen zusammen? Pascale Vonmont, CEO der Gebert Rüf Stiftung, gibt Auskunft.

Präsentiert von

Digital Valley im Rahmen des Digitaltags

Frau Vonmont, wie digitalisiert sind Sie?
Ich trage die Digitalisierung am Finger. 

Was meinen Sie? 
Dieser Ring hier misst meine Schritte, meinen Puls und Schlaf – Schmuck und Gesundheitstracker in einem.

Warum tun Sie das?
Ich nutze Digitalisierung, wenn ich damit Zeit sparen oder etwas automatisieren kann. So handhaben wir es auch in unserer Stiftung. Wir sind nur fünf Mitarbeiter und überlegen uns deshalb oft, was wir optimieren können. 

Also leiden Sie unter Optimierungszwang?
Ich finde es schön, sich zu überlegen, was man besser machen kann. 

Sind Sie jemand, der ständig am Smartphone ist? 
Nein. Ich lasse mein Handy in der Garderobe, wenn ich abends schlafen gehe.

Unser Gespräch hier findet im sogenannten EduLab statt, das von Ihrer Stiftung unterstützt wird. Was hat es mit diesem Ort auf sich?
Wir sind in einem bildungsfernen Quartier in Basel. Im EduLab experimentieren die Kinder selbstständig. Sie müssen dranbleiben, Frust erleben und dann zum Resultat kommen. 

Pascale Vonmont, Gebert Ruef Stiftung, Digital Valley

Pascale Vonmont mit Monika Schatte, der Leiterin des EduLab in Basel. «Ein iPad ist nur ein Werkzeug.»

Geri Born

Und was machen die Kinder genau?
Bei einem Projekt bauten sie eine Murmelbahn – manche wussten vorher gar nicht, was das ist. Bei einem anderen recherchierten sie im Internet, wie ein Auge funktioniert, und bauten es mit einem Modell nach.

Die Gebert Rüf Stiftung unterstützt Projekte, die Kinder im Umgang mit der Digitalisierung schulen. Sollen Fünfjährige zu Hackern werden? 
(Lacht.) «Schule der Zukunft» heisst nicht, dass jedes Kind programmieren lernt. Sie müssen kritisch denken, kreativ sein, kommunizieren und miteinander kooperieren. Wir wissen nicht, welche Jobs sie später einmal erwarten – aber sie sollten auf jeden Fall verantwortungsvolle Gestalter werden. 

Aber Sie wollen, dass jedes Schulkind ein iPad hat? 
Eine Technologie ist nicht per se gut oder schlecht. Drohnen kann man in der Landwirtschaft einsetzen – oder im Krieg. Wir Menschen sagen, wozu die Technologie da sein soll. Das iPad selbst ist nur ein Werkzeug. Deshalb unterstützen wir mit der Stiftung auch keine Technologien, sondern Lehrkräfte.

Sollen alle Kinder ein Handy haben? 
Unsere ältere Tochter hatte früh eins, weil sie allein zum Chor ging. Die Kinder müssen lernen, damit umzugehen. 

Heute erhalten Sie aber nicht dieselbe Art Handy wie Ihre Tochter damals.
Das stimmt, aber man kann Barrieren einrichten – zum Beispiel für Pornosites – und mit den Kindern definieren, was sie tun und was nicht. 

Sie sind ursprünglich Naturwissenschaftlerin. Lebten Sie Ihren Töchtern die Emanzipation vor?
Nicht ich, wir! 

Als Paar?
Mein Mann und ich studierten, arbeiteten, kochten und putzten gemeinsam. Deshalb käme es unseren Töchtern nie in den Sinn, dass da ein Unterschied gemacht werden sollte. 

Wie haben Sie Beruf und Familie konkret vereinbart? 
Mit Engagement, Flexibilität und Unterstützung. Nicht jede Minute zu Hause ist wichtig, aber auch nicht jede Sitzung. Ich habe immer gearbeitet, auch nach der Geburt – da bereitete ich die Lektionen für meine Gymi-Schüler vor, und mein Mann hat sie dann vor Ort ausgeführt (lacht)

Pascale Vonmont, Gebert Ruef Stiftung, Digital Valley
Geri Born

Als Chemikerin forschten Sie über «Urzellen, die sich selbst erschaffen» – eine Parallele zu Ihrer Arbeit als Start-up-Förderin? 
Vielleicht. Der rote Faden besteht für mich aus Bildung, Innovation und Technik. 

Wie oft sagen Sie Ja zu einem Projekt, das Ihrer Stiftung vorgeschlagen wird – und wie oft Nein?
Wir lehnen viel davon ab, oft schon am Telefon. 

Sie entscheiden telefonisch?
Ein schriftlicher Antrag bedeutet für die Verfasser viel Aufwand. Wenn sie mich anrufen, sage ich nach 30 Sekunden, ob das passen könnte oder nicht.

Warum machen Sie das so?
Es spart allen Zeit. Zudem spüre ich am Telefon mehr. Ein Gespräch ist auch in Zeiten der Digitalisierung wertvoll.

Wie erreicht man Sie? 
Meine Handynummer steht im Netz. 

Und welche Vorschläge nerven Sie? 
Keine! Das ist das Schöne an meinem Job. Die meisten, die mich anrufen, sind spannende Menschen.

Das Geld der Gebert Rüf Stiftung stammt von Geberit – der WC-Firma. Müssen Sie darüber manchmal schmunzeln?
Nein, gar nicht, denn die Vision und die Mission von Heinrich Gebert finde ich grossartig. Er übernahm nach dem Zweiten Weltkrieg den maroden Familienbetrieb und machte sein Geld mit Innovationen – Kunststoff im Sanitärbereich brachte den Durchbruch. So baute er einen weltweit erfolgreichen Konzern auf. Heinrich Gebert war überzeugt, dass die Schweiz Leute mit guter Ausbildung und guten Ideen braucht. 

Welche Rolle spielt dabei die Gebert Rüf Stiftung?
In der Phase, in der sich sonst noch niemand traut, eine neue Idee finanziell zu fördern, springen wir ein. 

Warum unterstützt Ihre Stiftung die «Schweizer Illustrierte» bei der Suche nach dem «Digi-Tal 2021»?
Um zu zeigen, dass es Innovationen nicht nur in den Metropolen gibt. Städte können übersättigt sein. In
den Randregionen entsteht oft Kreatives. 

Wie lange reicht das Geld der Gebert Rüf Stiftung noch?
Etwa bis zum Jahr 2030. Wir werden alles ausgeben – das finde ich super. Wir müssen doch nicht ewig unsere eigenen Löhne finanzieren. Lieber jetzt die innovativen Projekte volle Kanone fördern! 

LS
Lynn ScheurerMehr erfahren
Von Lynn Scheurer und Werner De Schepper am 16. Juni 2021 - 09:52 Uhr