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Ökoleben

Öko-Luxus von Morgen

Umweltgewissen – Dafür reicht der Kauf eines Elektroautos nicht. Es bildet aber eine Basis auf dem Weg zur energieoptimalen Lebensweise und zum Lifestyletrend des nachhaltigen Wohlstands.

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Tesla vor Eigenheim

Nachhaltiger Wohlstand: Ein Tesla Model S vor dem schmucken Eigenheim. Das ist aber erst der Anfang einer energieoptimalen Lebensweise.

ZVG

Spüren Sie es auch? Wir befinden uns derzeit in einem Zeitenwandel, dessen Sogwirkung stärker ist als so manch andere gesellschaftliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte. Innerhalb kurzer Zeit steigerte sich der zuvor eher unter Experten diskutierte Klimawandel zur Klimakrise oder gar zur Klimakatastrophe. Das noch schnellere Auto, das noch grössere Haus, die noch weitere Urlaubsreise geraten zunehmend ins Abseits. Das neue Streben hat ein gesünderes Leben und einen sorgsameren Umgang mit Umwelt und Ressourcen zum Ziel.

Der Kauf eines Elektroautos stellt ohne Zweifel eine gute Antwort auf die Herausforderungen der Zukunft dar – greift aber zu kurz, wenn es um die Verwirklichung eines tatsächlich reinen Umweltgewissens geht. Die Batterieproduktion geht mit einigen unerwünschten Nebenwirkungen einher, zudem ist die Elektromobilität nur lokal emissionsfrei. Die Gesamtbilanz hängt stark vom Energiemix des jeweiligen Landes ab. Die Schweiz hat hier einen bedeutenden Standortvorteil, liegt doch durch die reichlich genutzte Wasserkraft der Anteil an erneuerbarer Energie bei 65 Prozent, während der deutsche Nachbar 2019 nur auf 37,8 Prozent kam.

Nissan Leaf beim Aufladen

Moderne Elektroautos wie der Nissan Leaf können Strom nicht nur laden, sondern auch wieder abgeben.

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gewonnene Energie wird gespeichert

Kommendder Trend? Mit dem Gebäude Strom gewinnen und die gewonnene Energie selbst nutzen. 

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Bei der ersten Welle des Öko-Trends fiel Tesla-Fahrern eine wichtige Pionierfunktion zu, und sie genossen diese Rolle sichtlich. Ein Model S machte cool und visionär und bot dazu einen in der E-Mobilität bisher ungekannten Alltagsnutzen. In Zukunft wird allerdings ein schicker Stromer als Ausdruck eines nachhaltigen Lebensstils nicht mehr ausreichen. Gesamtheitliches Denken wird mehr gefragt sein als plakative Gesten. Der Luxus von morgen könnte ein energieoptimiertes Leben sein, das alle technischen Möglichkeiten nutzt, vom Elektroauto bis zur eigenen Stromversorgung.

Der Grundgedanke ist bestechend einfach: Warum nicht die Aussenfläche des eigenen Hauses zur Stromerzeugung nutzen und die dabei gewonnene Energie für den Eigenbedarf verwenden, statt sie für relativ kleines Geld ins Netz abzugeben?

Die für diesen Schritt notwendigen Bausteine existieren bereits, sie sind erprobt und werden in den nächsten Jahren teils ganz automatisch in unseren Alltag einfliessen.

Smart Meter sollen bis 2027 in den meisten Schweizer Haushalten vorhanden sein. Diese intelligenten, vernetzten Stromzähler werden einen der Nachfrage angepassten Strompreis ermöglichen. Es könnte also schon bald nicht mehr egal sein, wann man den Geschirrspüler oder die Waschmaschine einschaltet.

Greenrock-Salzwasser-Akkus, umweltfreundliche Stromspeicher

Gespeicherter Strom lässt sich in Greenrock-Salzwasserakkus (r.), den sichersten und umweltfreundlichsten Stromspeichern auf dem Markt, zwischenspeichern.

Alex Gretter Fotografie

Private Energiespeicher werden dadurch zunehmend interessant. Diese Heim-Akkus werden in den nächsten Jahren schon alleine deshalb stark an Bedeutung gewinnen, weil die Lebensdauer der ersten Elektroauto-Welle langsam dem Ende entgegengeht. Ein Lösungsansatz für das entstehende Entsorgungsproblem besteht darin, die Batteriesätze in aufbereiteter Form als stationäre Energiespeicher zu nutzen. Das funktioniert deshalb, weil dieser Betrieb weitaus weniger stressig ist – es erfordert nun einmal weniger Energie, die Wäsche zu schleudern als ein Zwei-Tonnen-Vehikel zu beschleunigen. Die Ergebnisse erster Testreihen lassen vermuten, dass sich in der Kombination aus mobilem und stationärem Betrieb die gesamte Nutzungsdauer eines Akkupakets mehr als verdoppeln lässt.

Der künftige Alltag mit einem privaten Energiespeicher könnte so aussehen: Im Normalfall wird gratis über die hauseigene Fotovoltaikanlage aufgeladen, zusätzlichen Bedarf kauft man günstig abseits der Spitzenzeiten ein, zum Beispiel nachts. In Skandinavien funktioniert das Prinzip bereits, das auch zur schnelleren Wirtschaftlichkeit des eigenen Stromspeichers beiträgt. 

BMW i3 kann auch Strom speichern

Bald Alltag? Moderne E-Autos wie der BMW i3 (l.) sollen ihren Strom auch abgeben. Dies könnte mehrere Problemfelder der Energiewende entspannen.

ZVG
Mercedes EQV

Das Unternehmen Build Your Dreams (BYD) ist der grösste Produzent von aufladbaren Batterien. Davon profitiert auch der neue Mercedes EQV. 

Daimler AG

Fest steht, dass private Energiespeicher gleich mehrere Problemfelder der Energiewende entspannen könnten. Der Vorteil für den Einzelnen: Neben Einsparungen bei den laufenden Betriebskosten bietet ein energieautarkes Leben auch einen beachtlichen Sicherheitsaspekt. Bei entsprechender technischer Vorbereitung funktioniert das hauseigene Stromnetz auch im Inselbetrieb, man wird also von den Auswirkungen eines eventuellen längeren Blackouts weit weniger betroffen sein als die Umgebung.

Der Vorteil für die Allgemeinheit: Das Hauptproblem der regenerativen Energieträger Sonne und Wind besteht darin, dass sie nicht immer dann und dort zur Verfügung stehen, wo sie gerade gebraucht werden. Der eigene Batteriesatz im Keller würde gleichermassen zur Entlastung des Stromnetzes wie zur Speicherung beitragen.

«Bei entsprechender Vorbereitung wäre man von den Auswirkungen eines Blackouts weit weniger betroffen als die Umgebung.»

Theoretisch wäre es gar möglich, dass das Elektroauto im Carport als zusätzlicher Energiespeicher dient, indem es Strom nicht nur aufnimmt, sondern auch wieder abgeben kann. Dazu ein kleines Rechenmodell: Der Strombedarf eines Haushalts liegt zwischen fünf und zehn Kilowattstunden, der volle 95-kWh-Akku eines Audi e-tron könnte also mehr als zehn Tage den Bedarf einer Familie abdecken. Noch gibts Vorbehalte der Hersteller für den bidirektionalen Einsatz, da sich die Erhöhung der Ladezyklen auf die Lebensdauer der Batterien auswirkt. Aber Nissan hat mit dem Leaf einen Anfang gemacht. So überprüft derzeit der Netzbetreiber Tennet, ob Elektroautos geeignet sind, lokal produzierten Strom zu speichern und wieder abzugeben und so einen Betrag zur Stabilisierung des Stromnetzes zu leisten.

Heute mag ein Leben, das ganz auf der eigenen Strom-Ernte beruht, für viele noch wie eine fantastische Vision klingen. Die Zukunft liegt aber näher, als man denkt, drehen doch gerade wesentliche Parameter ins Positive – Smart Meter, Preise für Energiespeicher und Fotovoltaik. Machbar ist der Traum der weitgehenden Unabhängigkeit vom Stromnetz heute schon. Die notwendigen Investitionen hängen stark vom Einzelfall ab, ganz pauschal kann allerdings gesagt werden, dass der Schritt in ein energieautarkes Leben keinesfalls mehr kostet als eines der gerade hochaktuellen Luxus-Elektroautos vom Schlage eines Audi e-tron oder Porsche Taycan – allerdings bei deutlich höherer Nachhaltigkeit und letztlich auch wirtschaftlicher Effizienz. Wer für sich selber den Luxus von morgen in nachhaltigem Wohlstand entdeckt, könnte also in vielerlei Hinsicht einen guten Deal erleben. 

Von Christian Kornherr am 20. Oktober 2019 - 08:09 Uhr