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Lola Studio

Im richtigen Flow

Einkaufen oder entspannen? Bei Lola Studio in Zürich geht beides – über Mittag rollen im Shop die Yogis ihre Matten aus. Sonst findet man hier Sportmode, die auch im Alltag getragen werden kann.

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Jeanenette Bucher Susanne Spirig Yoga Studio Shop

Der richtige Dreh: Jeannette Bucher (l.) und Susanne Spirig ziehen die Kleiderstangen per Flaschenzug unter die Decke – so wird der Laden in der Zürcher Europaallee zum Yogastudio.

Anja Wille

Am Mittag schliesst Lola Studio in der Zürcher Europaallee jeweils seine Türen. Dann werden die Vorhänge geschlossen, das Licht gedimmt und per Flaschenzug die Kleiderstangen bis unter die Decke gezogen: Der Laden wird zum Yogastudio. Die Kursteilnehmer rollen ihre Matten aus, die Verkäuferin geht in die Mittagspause, der Yogalehrer richtet seinen Dutt.«Ich war von Anfang an konsequent», sagt Susanne Spirig. «Über Mittag heisst es bei uns entspannen statt einkaufen.»
Vor zehn Jahren gründete die 42-Jährige Lola Fred und verkauft seither ihre selbst designte Yogakleidung – jedes Teil ist ökologisch und fair produziert. «Früher trugen die meisten Leute in den Studios Sachen, die nichts mit Nachhaltigkeit zu tun hatten. Das passte für mich einfach nicht zusammen», sagt sie.
Auch der Marketingjob für American Airlines fühlte sich damals nicht mehr richtig an. «Immer wenn ich im Flugzeug unterwegs war, traf ich auf die gleiche Art Businessleute. Sie wirkten gestresst und überarbeitet. Mir ging es ähnlich, und Yoga war das Einzige, was mir half. Ich dachte: Könnte man es nur für alle zugänglich machen, ganz einfach und auf eine moderne Art», sagt Susanne Spirig. Wenig später zog sie die Reissleine und kündigte. Dafür musste sie nach Madrid fliegen. Noch in der Luft fing sie an, Entwürfe zu skizzieren: ein langer Hoodie mit Leggings, T-Shirts und Wickelbodys – Lola Fred war geboren. Schon bald verkaufte Susanne Spirig ihre Yogakollektion und eröffnete in der Europaallee, mitten in einem Geschäftsquartier, ihren Shop mitsamt Yogastudio. Die Nachfrage war gross, das Label etablierte sich. Vor gut einem Jahr hat sie sich entschlossen, sich weiterzuentwickeln, und holte Jeannette Bucher ins Team. Aus Lola Fred wurde Lola Studio.

«Einkaufen sollte kein schlechtes Gewissen ­machen, sondern sinnlich sein.»

«Wir haben uns neu erfunden», sagt die 47-Jährige, die bis vor Kurzem in einer Bank arbeitete. Bei Lola Studio ist Jeannette Bucher vor allem für die Finanzen, die Organisation und die IT zuständig. «Ich bin unkreativ und unmodisch», sagt sie und lacht. «Und ich verstehe rein gar nichts von Excel-Tabellen», ergänzt ihre Kollegin. Die beiden möchten, dass Lola Studio wächst. Dabei setzen sie auf Innovation: beim Design, bei den Materialien, bei der Verarbeitung. Der ökologische Grundgedanke steht als Verkaufsargument nicht im Vordergrund, er ist eine Selbstverständlichkeit. «Unsere Kollektionen sollen so stylish und funktional sein, dass wir mit den grossen Sportmode-Labels mithalten können.»

Das Wachstum hat einen weiteren Vorteil, wer grösser ist, kann mehr Geld in neue Technologien stecken. «Es ist unglaublich, was sich im Moment alles tut», sagt Susanne Spirig. Sie schwärmt von Kleidern aus gezüchteten Pilzen, die komplett kompostierbar sind, von veganem Leder aus Ananasblättern oder von Kleidung, bei der jede Komponente mit dem Handy gescannt und nachverfolgt werden kann. Die Leitfrage bei jeder Firmenentscheidung: Mit welchen Materialien und Verfahren belasten wir die Umwelt am wenigsten? Momentan werden die Kleider in Europa hergestellt. «In der Schweiz ist das leider noch nicht möglich. Einerseits aus Kostengründen, anderseits weil hier keine Manufaktur die Maschinen besitzt, um unsere technischen Kleider herzustellen. Eine Produktion im eigenen Land ist aber sicher ein Traum von uns.»

Auch das Design soll einen Schritt in die Zukunft machen. Susanne Spirig entwirft feminine und gleichermassen funktionale Bekleidung, mit der man von der Sitzung direktins Fitness flitzen kann. Die Grenzen zwischen Sport und Alltag sollen verschwinden, die Farben mutiger werden.
Susanne Spirig entschloss sich als Vierjährige, Vegetarierin zu werden, besitzt kein Auto und kauft meist Secondhandkleidung. «Die Kunden merken, dass Umweltschutz bei uns nicht einfach Marketing ist, sondern dass wir diese Philosophie leben», sagt sie.
Das Ladenlokal in der Europaallee dient neben dem Yogastudio auch als Firmenbüro. Wenn Susanne Spirig und Jeannette Bucher eine Pause vom Bildschirm brauchen, schliessen sie kurz die Augen und lauschen dem beruhigenden Om aus der Yogaklasse.

Von Lisa Merz am 21. März 2019 - 23:48 Uhr