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Moderne Nomaden

Zu zweit im Zelt

Hereinspaziert! Selten war das Daheim so wichtig – und der Wunsch nach anderen Wohnformen grösser. Zu Besuch in der Jurte.

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Cristian Reymond und Rolf Nungesser leben in einer Jurte. Momentan in Montagny-la-ville - 22. Dezember 2020 - Gruen Living - Copyright Olivia Pulver

Nomaden in der Jurte
Rolf Nungesser (links) und Cristian Reymond haben letzten Frühling ihr Haus gekündigt, einen grosser Teil ihres Besitzes verschenkt und eine Jurte gekauft. Alle paar Monate packen sie ihre Sachen und ziehen um, längerfristig suchen sie aber einen festen Platz, um sich niederzulassen.

Olivia Pulver

Im März hat uns der Lockdown den Teppich unter den Füssen weggezogen. Ich leite in Zürich eine Eventagentur, Cristian war für sein Projekt gerade noch in Indien gewesen – und dann wumm! Unser Leben fühlte sich plötzlich unsicher, falsch an. Mit der Panik wollten wir nicht mitschwingen. Wir sahen es eher als ein Zeichen des Universums und fragten uns: Was haben wir uns in den letzten Jahren nie getraut? Was ist das Krasseste, das wir tun können? Denn jetzt ist der Moment dazu! Bei mir war es unser Haus, das ich bis dahin nie loslassen konnte. Es war mein Anker in unserem doch recht turbulenten Alltag.

Cristian Reymond und Rolf Nungesser leben in einer Jurte. Momentan in Montagny-la-ville - 22. Dezember 2020 - Gruen Living - Copyright Olivia Pulver

Geerdet: Cristian Reymond (links) und Rolf Nungesser beim Mittagessen. 

Olivia Pulver

«Was haben wir uns in den letzten Jahren nie getraut? Was ist das Krasseste, was wir tun können? Denn jetzt ist der Moment dazu!»

Rolf Nungesser

Aus dem Nichts kam der Wandel nicht: Permakultur, Minimalismus und alternative Wohnformen haben uns in den letzten Jahren immer mehr beschäftigt. Wir schliefen auch schon in Jurten. Schliesslich ging es dann ganz schnell – das ist typisch für uns. Innert einer Woche kauften wir eine Jurte, fanden einen Biohof, wo wir sie den Sommer über aufstellen konnten und ich bei der Arbeit mithelfen durfte. Dann kündigten wir unser Haus. Das Räumen fiel uns leicht. Wir gingen durch die Zimmer und packten jene Sachen ein, die uns am Herzen liegen und in die Jurte passten. Eine Truhe für alle Kleider, das alte Fernsehmöbel als Gestell für den Gasherd, je eine Lampe für die beiden Nachttische. Was wir nicht brauchten, wurde verschenkt oder eingestellt. Lustig war es, als wir unabhängig voneinander ein Plüschtier auswählten. ‹Ich nehme eine Giraffe mit›, sagte ich. Und Cristian: ‹Ich auch!›

Cristian Reymond und Rolf Nungesser leben in einer Jurte. Momentan in Montagny-la-ville - 22. Dezember 2020 - Gruen Living - Copyright Olivia Pulver

Auf jedem Nachttisch steht eine kleine Giraffe.

Olivia Pulver

Nach dem Sommer auf dem Biohof sind wir im Herbst in die Romandie weitergezogen, zufälligerweise in die Nähe des Orts, wo Cristian aufgewachsen ist. Mithilfe von Freunden ist unser neues Zuhause in einem Tag eingepackt und anderenorts wieder aufgestellt. 
Das Wohnen in einer Jurte ist in der Schweiz eine rechtliche Grauzone. Wir sind auf einen Gastgeber angewiesen, der uns sein Grundstück zur Verfügung stellt. Und wir ziehen alle paar Monate um. Dieses nomadische Leben passt zurzeit für uns, aber längerfristig suchen wir ein Stück Land, wo wir uns niederlassen können. Wir sind froh um jeden Tipp!

Cristian Reymond und Rolf Nungesser leben in einer Jurte. Momentan in Montagny-la-ville - 22. Dezember 2020 - Gruen Living - Copyright Olivia Pulver

Traditionelle mongolische Jurten bestehen aus Holzgittern, Baumwolle und Filz. Ihr Modell hat sechs Meter Durchmesser, ein Glasfenster und einen Holzboden.

Olivia Pulver
Von Barbara Halter am 12. Februar 2021 - 08:00 Uhr