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  4. Schweizer Design: Linie Twentyforseven von After Work Studio

Schweizer Label After Work Studio

Der Pulli für die Ewigkeit kommt aus der Schweiz

Basics – ohne basic zu sein. Täglich tragbar – ohne an Aussergewöhnlichkeit einzubüssen. Karin Wüthrich und Matthias Fürst vom Schweizer Label After Work Studio verkauften bisher am besten nach Südkorea. Mit einer neuen Stricklinie wollen sie den Alpenraum zurückerobern.

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aws twentyfourseven (c) Maurice Haas

Katrin Wüthrich und Matthias Fürst von After Work Studio – sie in einem Pullover ihres Labels.

Maurice Haas / 13 Photo

Eigentlich wollten Karin Wüthrich und Matthias Fürst seit Langem wieder mal in die Ferien, erinnern sie sich. Im April 2020. «Wir wollten nach … wohin noch mal? Schon wieder vergessen.» Er schüttelt den Kopf. «Ah, doch: Teneriffa!», ruft sie. Teneriffa fiel aus. Stattdessen entwickelte das fleissige Paar hinter dem Label After Work Studio, kurz AWS, rasch eine zweite Modelinie. Wir treffen das Design-Duo gut ein Jahr später in Huttwil BE. 

Wüthrich und Fürst führen uns durch die hiesige Textil AG, in der ihre Kollektionen entstehen. Als wir den ersten Stock der alten Strickerei erklimmen, wird selbst das krachende Geräusch der engen, dunklen Treppenstufen übertönt. In langen Reihen hämmern die Maschinen. Die nach Öl riechenden Metallriesen fabrizieren Kreationen aus weicher Wolle. Sie wandeln Skizzen ab Papier und digitale Bilder ab Computer um. Mehrmals im Jahr fahren der gelernte Grafiker und die gelernte Schneiderin von Basel, wo sie wohnen und ihr Atelier haben, hierher. Sie suchen Garne aus, spinnen Ideen, realisieren komplexe neue Muster.

aws twentyfourseven (c) Maurice Haas

Wüthrichs Definition von einem Basic-Teil: Lieblingsstück, unverkennbar, passt dennoch zu allem.

Maurice Haas / 13 Photo

«Es ist Irrsinn, wie sich die Preisbeziehung zu Kleidung entwickelt hat.» Matthias Fürst erzählt von der aufwendigen Kunst, der es Bedarf, um nur schon Kragenübergänge zu fertigen. «Moderiesen verlangen zehn Franken pro Shirt – das deckt nicht mal die Herstellung des Kragens», sagt er. «Wir wollen die Wertigkeit von Mode wieder herstellen. Wir wollen zeigen, dass man durchaus in der Schweiz produzieren kann», schliesst sie seine Ausführungen ab. 

«Moderiesen verlangen zehn Franken pro Shirt – das deckt nicht mal die Herstellung des Kragens.»

Die beiden sind ein eingespieltes Team, seit fast vierzehn Jahren ein Paar. Und seit 2016 mit dem gemeinsamen Label auch geschäftlich. Die Idee entstand während des gemeinsamen Modedesign-Studiums an der Fachhochschule Nordwestschweiz.

Mit AWS erfinden die beiden 37-Jährigen den Strick neu. Nicht bieder – sondern sie schaffen Lautes, Buntes. Sie lismen asymmetrische Kleider, ausladende Pullover mit grafischen Mustern und Schlitzen. «Wir brauchten dafür jemanden, der das Handwerk nicht nur am Leben erhalten, sondern weiterentwickeln möchte», sagt Fürst. Mit der Textil AG fanden sie einen experimentierfreudigen Partner.

Swiss Design aws twentyfourseven GRUEN 02/21 aws twentyfourseven (c) Maurice Haas

Alte Umspulmaschine in der über achtzig Jahre alten Textil AG in Huttwil.

Maurice Haas / 13 Photo

«AWS ist unsere Spielwiese», sagt er. Das Paar will Aussergewöhnliches schaffen. Aber manchmal läuft man als Marke Gefahr, so einzigartig zu sein, dass man einsam wird. «Wir brauchen AWS, um uns kreativ auszutoben, aber wir wollen auch getragen werden», sagt Karin Wüthrich. «Darum beschlossen wir vor einem Jahr, eine weitere Linie zu erarbeiten. Eine, die eine breitere Masse anspricht.»

Twentyforseven heisst die neue. So oft könne man die Kreationen daraus nämlich tragen. Ständig. 24 Stunden am Tag. Sieben Tage die Woche. Er: «Die Stücke aus der Sideline sind zeitloser.» Sie: «AWS verkaufen wir vor allem ins Ausland, nach Südkorea zum Beispiel. Twentyforseven findet in der Schweiz grösseren Anklang, denn sie beinhaltet eher Basics.» Und mit Basics meinen sie Teile, die das Zeug dazu haben, Lieblingsstücke zu werden. Solche, die zu allem passen, die man ganz selbstverständlich trägt, in denen man sich wohlfühlt, unabhängig von der Laune.

Gestrichene Spanien-Ferien und dafür einen noch grösseren Workload. Statt Teneriffa im April gab es dann aber neue Velos und damit eine Tour durch den Jura im Sommer. Dabei konnten sie trotzdem mal Schnuuf holen, rasch lokale Bergluft durchatmen – vor einem Jahr voller Umstellungen, aber eben auch neuer Ideen.

Von Rahel Zingg am 2. Juni 2021 - 11:40 Uhr