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Adventure

Eiskalte Versuchung

Fantastischer Wellengang, wilde Natur und schneebedeckte Strände: Surfen auf den Lofoten ist nichts für Warmduscher. Noch gilt Norwegen in der Szene als unentdeckte Perle.

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Arktik, Surfen, Lofoten

Wintersport: Die Freeriderinnen Aline Bock und Lena Stoffel unterwegs zum Arctic Surfing in Unstad auf den Lofoten.

Andrea Frazzetta/INSTITUTE

Beinahe unberührt liegt der Schnee in der Bucht von Unstad. Am Strand staksen zwei schwarze Silhouetten mit ihren Surfbrettern unterm Arm auf die Brandung zu. Ein kurzes Aufwärmen, dann stürzen sie sich mit ihren Brettern ins drei Grad kalte Wasser. Die Lufttemperatur misst minus zwei Grad. Was etwas sonderbar anmutet, nennt sich Arctic Surfing. Und 100 Kilometer nördlich des Polarkreises, an Norwegens Westküste, herrschen perfekte Bedingungen dafür. Hier kommen die Wellen so sicher wie das Amen in der Kirche. Da das Meer vor Unstad einen halben Kilometer tief ist, bauen sich die Wellen von Grönland kommend ungebrochen in Richtung Lofoten auf. Wenn sie dann mit ihrer ganzen Energie in der sich direkt vor der Küste befindenden lang gestreckten Untiefe auflaufen, türmen sich die wogenden Wassermassen in beeindruckende Höhen. Und genau jetzt sollte man startklar auf seinem Brett im Meer liegen. Dieser einzigartige Wellengang und die atemberaubende Kulisse führen dazu, dass das kleine nordnorwegische Dorf Unstad mit Biaritz in Frankreich und Nazaré in Portugal um den besten Surf-Strand Europas wetteifert.

Arktik, Surfen, Lofoten

Eismeer. In Bewegung bleiben heisst der Trick. Ansonsten setzt die Kälte den Surfern noch schneller zu.

Andrea Frazzetta/INSTITUTE
Arktik, Surfen, Lofoten

Schneegestöber. Auf den Lofoten kann das Wetter innert fünf Minuten umschlagen.

Andrea Frazzetta/INSTITUTE
Arktik, Surfen, Lofoten

Neopren. Die Ausrüstung ist beim Arctic Surfing das A und O. Denn die Bedingungen sind extrem rau.

Andrea Frazzetta/INSTITUTE
Arktik, Surfen, Lofoten

Warteposition. Türmt sich die Welle auf, müssen Aline Bock (vorne) und Lena Stoffel startklar auf dem Brett liegen.

Andrea Frazzetta/INSTITUTE

Wer nördlich des Polarkreises eiskalte Wellen reitet, ist weder verrückt noch zwingend Norweger. Aline Bock und Lena Stoffel beispielsweise stammen aus Deutschland und sind in Innsbruck zu Hause. In ihrer Faszination für Natur und Sport bereisen sie die Welt. Als ehemalige Freestyle-Snowboarderin wurde Aline Bock 2009 Vize-Weltmeisterin der Freeride World Tour und holte sich danach den Titel als Freeride World Champion 2010. Lenas Wurzeln liegen im alpinen Rennlauf. 2003 war sie deutsche Juniorensiegerin im Slalom und startete eine internationale Karriere als Freeriderin. Mittlerweile zählt auch Surfen zu den Leidenschaften der Mitdreissigerinnen. Trotz ihrer skialpinen Vergangenheit, dem Neoprenanzug, der Haube, den Handschuhen und Stiefeln – die ein bis zwei Stunden im eiskalten Wasser bleiben auch für die beiden Arctic-Surferinnen eine Herausforderung. Doch die Wellen vor Unstad entschädigen für alles. Und das Beste daran: Hier hat man die Welle für sich alleine. Mit etwas Glück sogar eine ganze Bucht. Und mit ganz viel Glück läuft man am späteren Nachmittag unter funkelnden Polarlichtern zurück zur Unterkunft.

Arktik, Surfen, Lofoten

Naturschauspiel: Ein Erlebnis der Extraklasse: die funkelnden Nordlichter.

Andrea Frazzetta/INSTITUTE
Arktik, Surfen, Lofoten

Aufwärmen: Die Outdoor-Sauna, designt von Kaltwasser-Surfer Erik Botner für seine «Lofoten Apartments».

Andrea Frazzetta/INSTITUTE

Die vom Herbststurm gejagte, von links auf die Bucht zurasende Welle zählt zu den besten der Welt. Während in der kälteren Jahreszeit erfahrene Surfer vor Unstad an ihrer Technik feilen, haben Anfänger in Flakstad im Südwesten der Lofoten (wo das Meer nicht so ungehobelt ist) die Möglichkeit, sich im Kaltwasser-Surfen zu üben. Im Sommer finden sich zwischen den hohen, rauen Wellen regelmässig sanfte Wogen, die sich für Anfänger eignen. Dann kommen Familien und Erwachsene ohne Erfahrung, um sich in der Kunst des Wellenreitens zu versuchen. Während die Mitternachtssonne fast 24 Stunden vom Himmel strahlt, bleibt genug Zeit, das Brett auch mal liegen zu lassen, um die wild zerklüftete Inselwelt mit ihren tiefen Fjorden, romantischen Felsbuchten und bunten Fischerhäusern zu entdecken. Dass man in Unstad aufs Surfen kam, liegt übrigens am ersten Plattencover der Beach Boys. «Surfin’ Safari» inspirierte 1963 ein paar einheimische Jungs zum Bau eigener Surfbretter. Auf einer Seereise in Australien zum Wellenreiten inspiriert, wussten sie um die imposanten Wellen ihrer Heimat, aber auch um das Fehlen von Surfbrettern. Also fertigen sie diese im Werkunterricht der Schule. Und siehe da: Surfin’ Unstad war geboren. Mittlerweile soll das besser sein als auf Hawaii – mit dem Vorteil, dass man sich beim Paddeln auf den Lofoten nicht vor Haien zu fürchten braucht. Hier grüssen höchstens Seehunde, Schweinswale oder mal ein Orca.

Arktik, Surfen, Lofoten

Einzigartig. Eine Welle oder gar eine Bucht zum Surfen für sich alleine zu haben, das gibt es nirgendwo sonst.

Andrea Frazzetta/INSTITUTE
Arktik, Surfen, Lofoten

Wellenritt: Die Kulisse mit tiefen Fjorden, verschneiten Felsen und magischem Licht macht das Surfen hier unvergesslich.

Andrea Frazzetta/INSTITUTE

5 for the road

Anreise Mit dem Flugzeug via Oslo über Bodø nach Leknes. Weiter mit dem Mietwagen. www.rentacar-lofoten.com
Hotel Lofoten Apartments Direkt am Wasser. Top: die Sauna! www.lofotenapartments.no
Surfen Packages inklusive Coaching, Material und Unterkunft. www.unstadarcticsurf.com
Restaurant Stockfisch Der getrocknete Kabeljau gilt als Gold der Lofoten. Restaurant-Tipp: «Børsen Spiseri». www.svinoya.no/restaurant
Sightseeing Nordlichter Zu sehen von September bis April – bei klarem Himmel.

Infos: www.tui.ch, Tel. 0848 848 444

Von Bettina Bono am 4. Oktober 2019 - 08:00 Uhr