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Christoph Nufer

Europa im Blick

Er ist unser Mann in Brüssel. SF-Korrespondent Christoph Nufer bringt ein Stück Europa in die Schweiz, vom EU-Hauptsitz direkt ins Wohnzimmer. Wie er arbeitet - wie er lebt.

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Eines der ersten Worte, die Franz sagen kann, ist Papa. «Er stand vor dem Fernseher und hat plötzlich realisiert, dass der Mann da drinnen sein Vater ist», erzählen Christoph Nufer und seine Frau Julia Zürcher schmunzelnd. Es ist Samstagmorgen, und die beiden schlendern mit ihrem 21 Monate alten Sohn Franz über den Markt im Brüsseler Aussenquartier Saint-Gilles.

Auch wenn die belgische Hauptstadt auf den ersten Blick etwas schäbig und rau erscheint: Die Innenarchitektin und der SF-Korrespondent fühlen sich wohl hier. Wegen des vorbildlichen Krippensystems. Des leicht chaotischen Lebensstils der Belgier. Und wegen des Friedens. «In ein Krisengebiet hätte ich Christoph wohl nicht begleitet», sagt Julia Zürcher. An diesem Wochenende hat das Paar Gäste aus der Schweiz. Und braucht Zutaten für den Znacht: marktfrisches Gemüse - was Leichtes solls sein.

Beruflich ist Christoph Nufer harte Kost gewohnt. Seit drei Jahren berichtet der SF-Korrespondent vom EU-Hauptsitz in Brüssel. Für «Tagesschau», «10vor10» und «Rundschau» beobachtet er das Zusammentreffen der Staatsoberhäupter am EU-Gipfel, erläutert Debatten über Steueroasen oder die Vor- und Nachteile der Personenfreizügigkeit.

Als Schweizer Journalist, sagt er, fühle man sich am EU-Hauptsitz manchmal wie ein Vegetarier in der Metzgerei: «Viele Kollegen fragen, was ich hier eigentlich mache.» Dabei seien Informationen aus Brüssel gerade für Schweizer enorm wichtig: «Anders als in den EU-Staaten ist das Volk bei uns stark in die bilaterale Entscheidungsfindung involviert. Das Interesse ist deshalb grösser als in manch einem EU-Land.»

Rückblick: Am Freitagabend steht Christoph Nufer auf dem Dach des Pressezentrums in Brüssel, direkt gegenüber der EU-Kommission. Er schaut runter zu seinen ausgelatschten Turnschuhen mit den gelben Schuhbändeln: «Die sind mein Seriositätsventil - Doris Leuthard fand sie toll.» Die Schuhe passen so gar nicht zu seinem Äusseren: In Anzug und Krawatte, den Blick auf die Kamera gerichtet, ist der 37-Jährige bereit für eine Live-Schaltung zur «Tagesschau». Er schliesst die Augen, wirft den Kopf leicht nach hinten, sammelt Konzentration.

Mit vier Radio- und TV-Kollegen aus der französischen und italienischen Schweiz teilt sich Christoph Nufer sein Büro im dritten Stock des Pressezentrums. Der Raum ist vollgestopft mit Videokassetten, politischer Fachliteratur, einem Kleiderständer voller Hemden und Krawatten. Eine Produzentin unterstützt die Journalisten bei ihren Beiträgen, bucht das kleine, allen Medien im Haus zur Verfügung stehende Fernsehstudio im sechsten Stock, aus dem Christoph Nufer vor allem bei Schlechtwetter sendet.

Die Stadtbilder, die die Zuschauer dann im Hintergrund sehen, werden ins Bild montiert: «Es gibt Sommer- und Winterversionen. Dumm, wenn aus Versehen die falsche Version projiziert wird ... Dann laufen die Passanten im Winter mit T-Shirts rum», erzählt er und lacht.

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Christoph Nufer ist Perfektionist. Seinen Job übt er mit Leidenschaft aus. Etwas trocken sei die Materie manchmal schon. Dafür relevant. Dass ihm Roger Köppel in der «Weltwoche» vorwarf, er berichte tendenziös, sei ein Steigbügelhalter der EU, lässt ihn kalt. «Natürlich habe ich eine persönliche Haltung zur EU, als Berichterstatter kann ich es mir aber nicht leisten, diese zu äussern.»

Kollegen beschreiben Christoph Nufer oder «Nufi», wie sie ihn nennen, als zielstrebig und ambitiös. «Ich bleibe einfach nicht gerne stehen», sagt der Mann, der regelmässig im Park des belgischen Königspalastes joggen geht.

Bereits als 13-Jähriger liest er lieber «Spiegel» und «Stern» als «Bravo». Der Sohn eines international tätigen Geschäftsmannes wächst in einem weltoffenen Elternhaus in Bolligen BE auf. So entwickelt Nufer früh ein Faible für ferne Länder. Er will reisen, Pilot werden, vielleicht auch Diplomat. Kommt dann zum Schluss, dass man als Journalist unabhängiger sei.

In Fribourg studiert er Jus und Journalismus und bekommt 1998 seinen ersten Job bei Tele24. Drei Jahre arbeitet er dort als Videojournalist und Produzent, wechselt danach zur «Rundschau» des Schweizer Fernsehens und entscheidet sich 2005 für ein einjähriges Nachdiplomstudium, den Master in Advanced European Studies: «Ich wollte mich spezialisieren, nicht länger der Allround-Journi sein.»

Im April 2006 tritt Christoph Nufer in Brüssel die Nachfolge von SF-Korrespondent Hans Peter Stalder an. «Ein Sprung ins kalte Wasser - trotz vorgängigem Praktikum bei der ARD in Brüssel», sagt er. Mit seiner Frau Julia zieht Nufer in eine grosszügige Wohnung in einem Brüsseler Aussenquartier.

Die beiden kennen sich aus Jugendjahren in Bern, sind seit Langem ein Paar, seit 2005 verheiratet. Im Juli 2007 kommt Franz zur Welt. Während Julia vom neuen Zuhause in Brüssel aus immer noch Architektur-Projekte in der Schweiz betreut, dringt Christoph Monat für Monat etwas tiefer in die komplexen Strukturen am EU-Hauptsitz vor. «Um gewisse Prozesse zu durchschauen, braucht man extrem lange - deshalb macht es auch Sinn, noch zwei, drei Jahre hier zu bleiben.»

Darüber hinaus hat er keine Zukunftspläne geschmiedet. Für Julia hingegen ist klar: «Ein Nomadenleben wie es Diplomatengattinnen führen, kann ich mir nicht vorstellen.» Beide sind sich einig, dass sie früher oder später in die Schweiz zurückkehren möchten. Erst mal aber steht anderes im Vordergrund: Im Juli kommt Kind Nummer zwei!


am 4. April 2009 - 15:43 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 18:37 Uhr