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Clarissa Crotta

«Ich bin kein braves Mädchen»

Am Wochenende nimmt sie als eine der besten Springreiterinnen der Schweiz am CSI Zürich (29.- 31. Januar) teil. Clarissa Crotta, 31, eine sexy Amazone.

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Laut, rauchig, heiser. So lacht Clarissa Crotta. Etwas verrucht irgendwie. Purer Kontrast zur zierlichen Postur der blonden Schönheit. Und fluchen kann die Tessinerin selbst auf Deutsch ganz schön heftig! Pferdevernarrte Girls stellt man sich anders vor. Auch wenn sie der Pubertät längst entwachsen sind. Niedlich, naiv, nett.

Brave Mädchen kommen in den Himmel, böse Mädchen überall hin, sagt der Volksmund. Stimmt das, Clarissa? Schon tönt es wieder, dieses Lachen. «Klar, ich war nie ein braves Mädchen. Also komm ich überall hin.» Zum Beispiel mit der Schweizer Equipe zuoberst aufs Siegerpodest bei der Springreit-EM im englischen Windsor vergangenen Sommer. Oder mitten ins Rampenlicht beim CSI Zürich vom kommenden Wochenende, dem wichtigsten Hallen-Reitevent der Welt. Aber auch in eine Ehe, die nach gerade mal sechs Monaten nur noch auf dem Papier bestand und inzwischen längst geschieden ist.

«Er war ein Hobbyreiter aus reichem Elternhaus in Norditalien. Wir zogen erst nach der Heirat zusammen, in unmittelbare Nähe seiner Eltern – der blanke Horror!», erinnert sich Clari. Dem Ehemann fehlte das Verständnis für das Nomadenleben einer Turnierreiterin. Ein Hindernis, das sich selbst mit dem besten Pferd im Stall nicht hätte überspringen lassen. «Er war eifersüchtig, wenn ich an Wettkämpfen unterwegs war. Und als mir das bei einem Turnier in Belgien zu viel wurde, hielt ich auf dem Rückweg zu Hause bei meinen Eltern in Giubiasco TI an und fuhr nie mehr zu ihm nach Italien.»

Zu Hause auf Papa Edios Reithof – das ist die Pferdewelt, in der sich Clarissa wohlfühlt wie nirgends sonst. Dort sass sie mit zwei Monaten erstmals auf einem Pferderücken, dort hatte sie als Dreikäsehoch ihr erstes eigenes Pferd Big Fox, mit dem sie als Siebenjährige das erste Turnier ritt. «Den Steigbügel mussten sie mir neben dem Sattel befestigen. Und ich brachte es nicht übers Herz, dem Pferd die Peitsche zu geben. Also schlug ich auf meine Stiefel, damit es wenigstens so tönte, als ob.» Da erahnt man es dann doch, das pferdenärrische kleine Mädchen.

«Als Kind stellte ich alles Mögliche an, wenn mein Vater eines unserer Pferde verkaufen wollte. Einmal schloss ich eine Box ab und versteckte den Schlüssel, als ein Pferdehändler seinen Besuch anmeldete. Ein anderes Mal schlug ich per Brief einen Handel vor: Ich wollte auf das Velo verzichten, das mir zu Weihnachten versprochen war, wenn dafür ein bestimmtes Pferd nicht verkauft wird.»

Und wenn Teenager Clarissa mal Stress mit ihren Eltern hatte, übernachtete sie einfach im Stroh bei ihren Pferden im Stall. «Sicher liebe ich Pferde nicht mehr als Menschen. Aber manchmal ist es gut, sich ihnen anzuvertrauen. Sie können nicht widersprechen …» Inzwischen ist das Reiten längst Clarissas Beruf. Wie der ihres 13 Monate jüngeren Bruders Fabio übrigens auch, der für die Schweiz schon Olympiareiter war. Eine KV-Lehre in Bellinzona hat sie zwar mit einem Notenschnitt von 5,2 abgeschlossen.

Und in England besuchte sie das College. «Doch das habe ich vor allem meinen Eltern zuliebe gemacht. Meine Mama Clarita glaubt immer noch, ich hätte dort etwas gelernt. Dabei habe ich die Schule mehrheitlich geschwänzt und bin geritten.» Jetzt ist bella Clarissa eine der besten Springreiterinnen der Schweiz. Nicht zuletzt auch dank dem Basler Unternehmer Stephan Stamm, der ihr gleichmehrere Spitzenpferde zur Verfügung stellt. Bestes darunter: der 10-jährige Fuchswallach Westside van Meerputhove, der Millionenwert hat.

Zweiter Förderer ist der frühere Spitzenreiter Willi Melliger, bei dem sie auf dessen Reithof im solothurnischen Neuendorf seit gut einem Jahr trainiert und auch in der Nachbarschaft eine Wohnung hat. Mit Stamm wie auch mit Melliger verbinden Clarissa Crotta rein beruflichfreundschaftliche Bande. «Unglaublich, was da für Gerüchte verbreitet werden. Beide sind fest liiert. Und ich bin auch nicht auf der Suche nach einer Beziehung. » Kein neuer Eheversuch irgendwann? «Ich kann mir schon vorstellen, einmal Kinder und Familie zu haben. Und mein Mann muss nicht mal ein Pferdefreund sein. Aber Verständnis für das Leben einer Turnierreiterin muss er schon haben.» Nachsatz mit Clarissa-typischem Lachen: «Und Italiener muss er nicht mehr unbedingt sein …»   

Von Iso Niedermeier am 29. Januar 2010 - 13:31 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 23:38 Uhr