1. Home
  2. People
  3. International Stars
  4. Montserrat Caballé ist tot: Nachruf von Noëmi Nadelmann

Nachruf von Sopranistin Noëmi Nadelmann

«Montserrat Caballé ist und bleibt eine ganz Grosse»

In Barcelona ist Montserrat Caballé geboren. In Barcelona ist sie nun 85-jährig gestorben. Doch dank der Olympia-Hymne «Barcelona» bleibt die letzte Operndiva unsterblich. Die Hommage von ihrer Gesangskollegin Noëmi Nadelmann.

Artikel teilen

Montserrat Caballé

Verstummt: Mit Montserrat Caballé ist eine grosse Stimme der Oper gegangen. Die Spanierin hinterlässt ihren Gatten, zwei Kinder und ein Enkelkind.

HO

Montserrat Caballé – dem Namen bin ich oft begegnet. «Montserrat tut dies, Montserrat sagt das …», hiess es fast täglich in Madrid, wo ich vor wenigen Monaten die Gräfin de la Roche an der Oper, dem Teatro Real, gesungen habe. Die Frau mit dem mächtigen Brustkasten war nicht nur auf der Opernbühne, sondern in ganz Spanien eine mächtige Frau.

Mitte der 90er-Jahre habe ich sie persönlich getroffen. Wir sangen zur selben Zeit im Gran Teatre del Liceu und danach in Madrid an der Oper; allerdings in verschiedenen Programmen. In den Gängen der Oper unterhielten wir uns auf Italienisch, aber die Allrounderin hatte wenig Zeit; sie sang Duettabende mit ihrer blutjungen Tochter Montserrat Martí, die am Anfang ihrer Karriere stand. Sie war einerseits eine besorgte Mutter, andererseits aber auch unter Druck, da sie nicht nur Gesangscoach, sondern auch deren Agentin war. 

Montserrat Caballé

Unvergessen: Mit Queen-Sänger Freddie Mercury, † 45, singt die Sopranistin die Olympia-Hymne «Barcelona».

Getty Images

Eine der letzten Diven

Es berührte mich sehr zu sehen, wie sie sich für ihre Tochter einsetzte. Seit unserem Treffen verfolgte ich sie mit noch grösserem Interesse. Ihr Duett «Barcelona» mit Queen-Sänger Freddie Mercury für Olympia 1992 empfand ich als Meilenstein: Die Caballé war neben Luciano Pavarotti die erste Opernsängerin, welche die längst überholten Grenzen zwischen den Musikgenres einzureissen versuchte. Soll die Oper überleben, heisst es, vom hohen Ross herunterzusteigen und zu akzeptieren, dass es nur gut und schlecht gemachte Musik gibt – in jedem Genre.

Im Video: «Barcelona» von Freddie Mercury & Montserrat Caballé

Ich bewundere Montserrat für ihren Mut und ihre Weitsicht. Viele bezeichnen sie als eine der letzten Diven. Doch ihr Benehmen war – wie man mir erzählte – freundlich und fair. Man darf nicht vergessen, das sie ja auch eine grosse, einflussreiche Sängeragentur führte. So half sie etwa beim Aufbau von José Carreras’ Weltkarriere. 

Noëmi Nadelmann

Die Schweizer Sopranistin Noëmi Nadelmann, 56, lebt mit Partner Lyndon Terracini in Sydney. Sie ist Mutter einer Tochter.

Fabienne Bühler

Montserrat Caballé sang mit den grössten Dirigenten alle wichtigen Partien des Sopranfachs. Immer auf Belcanto bedacht – auf einen schönen, warmen Klang ohne Druck. Wenige spannen solche Silberfäden-Piani bis in die höchsten Höhen und haben eine solche Atemkontrolle. Ihre Interpretation der Arie «Casta Diva» aus Bellinis «Norma» ist überirdisch schön. Toscas «Vissi d’arte»: Ich kenne keine Sopranistin, die die berüchtigte letzte hohe Phrase in einem Atem singt!

Leider bin ich nie mit ihr zusammen aufgetreten

Leider bin ich nie mit ihr zusammen aufgetreten, doch höre und analysiere ich bis heute viele ihrer Aufnahmen und verbringe so viele Stunden mit der Maestra. Montserrat Caballé ist und bleibt eine ganz Grosse. Und zu wissen, dass sie ihren Werdegang in Basel am Theater begann, macht es irgendwie noch schöner. 

Galerie: Diese Stars sind 2018 gestorben

Von Noëmi Nadelmann am 14. Oktober 2018 - 15:57 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 11:58 Uhr