Kinder sind oft genial, wenn es darum geht, komplizierte Sachverhalte auf einfache Art zu erklären. Ob sie wisse, was denn ihr Papi für einen Beruf habe, wollten Besucher bei den Schurters in Chur unlängst von der kleinen Lisa, 3, wissen. Die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen: «Er tuet so chli umeschäfferle.»
Nino Schurter lacht laut heraus, als er das erzählt. Das Ergebnis von «einem bisschen Rumwerkeln»: Gold, Silber und Bronze bei Olympia, sieben WM-Titel, sechs Weltcup-Gesamtsiege, dreissig Weltcup-Rennerfolge. Und seit vergangenem Wochenende auch der Titel «Schweizer Sportler des Jahres 2018». «Lisa weiss, dass ich Bike fahre und hat Freude an meinen Trophäen», erzählt der weltbeste Mountainbiker. «Als ich vergangene Woche zu nächtlicher Stunde aus dem Trainingscamp in Südafrika heimkehrte und mich zu ihr ans Bett setzte, schlug sie die Augen auf und fragte: ‹Was häsch dasmol füre Medaille heibroocht?›»
Neunmal ging er leer aus
Hätte Lisa zusammen mit Mami Nina, 32, am Sonntagabend vor dem TV-Gerät länger als bis um 21.30 Uhr durchgehalten, hätte sie Papi vielleicht am anderen Tag gefragt, weshalb er bei der Dankesrede eine so brüchige Stimme und feucht glänzende Augen hatte. So emotional bewegt wie der Bündner aus Tersnaus war keiner unter den Award-Gewinnerinnen und -Gewinnern. Der Grund dafür liegt in der Vorgeschichte.
Bereits zum zehnten Mal ist der MTB-Champ heuer für den Preis nominiert, neunmal ist er leer ausgegangen. Besonders die beiden letzten Wahlen sind bitter. 2016, als er in Rio Olympiasieger wird, erhält Zeitfahren-Gold-Gewinner Fabian Cancellara den Vorzug. Und 2017, als er restlos all seine Rennen inklusive WM gewinnt, schnappt ihm Roger Federer den Triumph weg. «Vor allem 2016 fand ich schon, meine Leistung hätte die Auszeichnung verdient. Aber Cancellara hat wohl mit seinem Rücktritt mehr mobilisiert. Und Federer ist einfach Federer.»
«Ich kann mich nicht für den Award verstellen»
Nino Schurter macht – anders als andere – keinen Hehl daraus, dass ihn die anhaltende Zurücksetzung kränkt. In den Social Media fragt er nach der Wahl 2017 ironisch: «Muss ich mir einen Tennisschläger zulegen, damit ich auch mal Chancen habe?» Umso grösser jetzt das Glücksgefühl, es endlich geschafft zu haben.
Nino nennt es auch einen «Sieg für die lange etwas gering geschätzte Sportart Mountainbike». Er versteht sich als Pionier und Wegbereiter für die Disziplin in der Schweiz. Und er stellt nicht in Abrede, dass früher auch seine Auftritte auf der grossen SRF-Award-Bühne nicht so locker-cool waren wie die anderer Athleten. «Aber ich kann mich doch nicht für den Award verstellen.»
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Mit dem Sieg an der Heim-WM in Lenzerheide ist Nino Schurter endgültig in den Herzen der Schweizer Sportfans angekommen. «Wohäre zeigt das Männli?», fragt Lisa am Morgen nach der Wahl, als sie den Award auf dem Küchentisch sieht. Auch darauf gibts eine kindlich einfache Antwort: Ganz weit nach oben, Lisa, so wie Papis Karriere.
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