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  4. Bushido Song «Stress ohne Grund» steht auf Index - Werbeverbot

Bushido & Co.

Wenn Lieder zu weit gehen

Der Rapper müsste sich eigentlich bereits daran gewöhnt haben. Seit 2005 werden Bushidos Songs in Deutschland regelmässig indiziert. Doch was bedeutet es eigentlich, wenn Lieder auf dem sogenannten Index landen? Und wie sieht das in der Schweiz aus? SI online hat nachgefragt.

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Mit Zeilen wie «Halt die Fresse, fick die Presse, Kay du Bastard bist jetzt vogelfrei
du wirst in Berlin in deinen Arsch gefickt wie Wowereit», «Ich mach Schlagzeilen, fick deine Partei, und ich will das Serkan Törun jetzt ins Gras beisst» oder «Ich schiess auf Claudia Roth, und sie kriegt Löcher wie ein Golfplatz» verärgerte Bushido, 34, jüngst den Jugendschutz. Laut der deutschen Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien - kurz BPjM - ist der Text des Songs «Stress ohne Grund» gewaltverherrlichend und «diskriminiert Frauen und Homosexuelle». Seit Freitag, 19. Juli, darf das Album «NWA» vorläufig nicht mehr an Jugendliche verkauft und öffentlich beworben werden. Im September sollen zwölf Experten der BPjM ihre definitive Entscheidung treffen, wie die «BZ Berlin» schreibt.

«Stress ohne Grund» ist nicht Bushidos erstes Lied, das auf der Abschlussliste - seit 2005 landet der Rüppel-Rapper regelmässig auf der Indexierung. Auch «Gangbang» auf dem Album «Electro Ghetto» wurde beispielsweise als jugendgefährdend eingestuft. Das Re-Release der CD - die Platte wurde noch einmal neu veröffentlicht - erschien ohne besagten Titel. Und auch das Album «King of Kingz» fiel unter anderem wegen der Lieder «Superheroez» und «Mittelfingah» durch, wie Focus.de berichtet. Bushido ist bekannt für seine gewaltverherrlichenden und homophoben Texte. Der Rapper selbst sieht die Sperrung für Minderjährige jedoch gelassen. «Yes we can!», postete er am 16. Juli mit dem dazugehörigen Link zur Bundes-Prüfstelle auf Twitter.

Der Musiker ist lange nicht der Einzige, der bereits Ärger mit der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien hatte. Auch das Album «Die Ärzte» der gleichnamigen Berliner Band wurde 1987 aufgrund des Liedes «Geschwisterliebe» indiziert. Der Grund: Das inzestuöse Verhältnis zwischen Bruder und Schwester werde verherrlicht und propagiert. Des Weiteren könne das Lied «Jugendliche sexualethisch desorientieren». Die Ärzte nutzten die Indizierung jedoch werbewirksam. Sie veröffentlichten 1987 das Mini-Album «Ab 18», auf dem ihre indizierten Lieder zu hören waren. Um der BPjM zuvorzukommen, brachte die Band einen Aufkleber auf dem Cover an: «Diese CD darf aus Jugendschutzgründen nicht an Jugendliche unter 18 verkauft und öffentlich nicht beworben werden.»

Indizierungen verlieren 25 Jahre nach Aufnahme in die Liste ihre Gültigkeit, können jedoch - wenn die Prüfstelle das Album weiterhin für jugendgefährdend hält - folgeindiziert werden. Für die Platte «Ab 18» und den Titel «Geschwisterliebe» wurde im Jahr 2012 genau das ausgesprochen. Die Lieder «Claudia hat nen Schäferhund» und «Schlaflied» wurden 2004 von der Liste gestrichen.

Schlimmer traf es die Gruppe Böse Onkelz. Ihre Schallplatte «Der nette Mann» erschien 1984 und war der erste Tonträger in der deutschen Musikgeschichte, der beschlagnahmt wurde. Der Verkauf des «ersten deutschen Skinhead-Albums» war strikt verboten - sogar Erwachsene durften die Platte nicht erwerben. Neben den 14 Songs, die darauf zu hören sind, ist auch das Album-Cover verboten worden. Die Sperrung ist mittlerweile verjährt, die Indizierung wurde im Juli 2011 erneuert.

Landet ein Album auf der Liste der deutschen Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, darf es «nicht in Läden angeboten oder ausgestellt werden, die Kindern und Jugendlichen zugänglich sind», schreibt die Prüfstelle auf ihrer Website. Mit anderen Worten: Die Tonträger dürfen nur «unter dem Ladentisch» verkauft werden. Werbung jeglicher Art sowie das öffentliche Aufführen indexierter Lieder ist untersagt. «Wer Kindern und Jugendlichen eine solche CD zugänglich macht, begeht eine Straftat.» Ausgenommen vom letzten Punkt sind Eltern - sie können selber entscheiden, ob sie ihr Kind rechtsradikale, gewaltverherrlichende, sexistische oder rassistische Musik hören lassen.

Und wie sieht die Situation in der Schweiz aus? Fabian Niggemeier, Rechtsberater bei der Genossenschaft der Urheber und Verleger von Musik in der Schweiz (Suisa),  sagt zu SI online: «Die Schweiz hat keinen Index und keine Prüfstelle für jugendgefährdende Medien. Folglich werden auch keine Lieder indiziert.» Es könne aber durchaus sein, dass der Text eines Werkes einen Straftatbestand darstelle, erklärt Niggemeier weiter. «Im vorliegenden Fall könnte durch gewisse Zeilen der Tatbestand von Art. 259 StGB ‹Öffentliche Aufforderung zu Verbrechen oder Gewalttätigkeiten› erfüllt sein.» Dies müsse aber durch die Staatsanwaltschaft geprüft werden.

Auf die Frage, ob die Schweiz im Umgang mit Musik toleranter sei als Deutschland, antwortet der Rechtsanwalt: «Meines Erachtens nicht. Die Schweiz hat lediglich kein nationales Jugendschutzgesetz.» Kinder und Jugendliche zu schützen, liege im Kompetenzbereich der Kantone, weshalb hierzulande vor allem auf Branchenlösungen gesetzt werde. Ganz anders in Deutschland: Dort ist der Jugendschutz bundesrechtlich geregelt.

 

Von Isabelle Fretz am 22. Juli 2013 - 02:07 Uhr, aktualisiert 21. Januar 2019 - 01:17 Uhr