Wer die Wohnung der Brunovics in Dietikon ZH betritt, ist zu Hause: Die Gesichter sind genauso warmherzig wie die Begrüssung. Sängerin Bernarda Brunovic lebt hier mit ihrer Mutter Ruschka, 57, und Papa Zeljko, 59. Sie alle teilen dasselbe offene Lächeln. Die 25-Jährige erlebt dieser Tage ein Hoch, wie sie es sich nie hätte träumen lassen.
Stars wie Mark Forster, 34, Yvonne Catterfeld, 38, Michael Patrick Kelly, 40, Michi und Smudo, beide 50, von den Fantastischen Vier stritten darum, mit Bernarda arbeiten zu dürfen. Sie alle sind in der Jury von «The Voice of Germany».
33 Operationen in 15 Jahren
In der Castingshow entscheiden sich die Juroren für ein Talent, ohne es zu sehen. Sie sitzen mit dem Rücken zur Bühne und dürfen sich erst umdrehen, wenn die Stimme sie überzeugt. Für Bernarda ist das Alltag. Denn sie sieht nie, für wen sie singt. Seit ihrer Geburt ist Bernarda blind. «Es war schrecklich, als man mir sagte, dass mit meinem Kind etwas nicht stimme», sagt Mama Ruschka. Kaum auf der Welt, musste sich Bernarda schon den ersten Operationen unterziehen.
«Bis ich 15 Jahre alt war, lag ich 33-mal unter dem Messer», erzählt sie. «Ich kann mich nur an das letzte Mal erinnern.» Alles vorher habe sie verdrängt: die Schmerzen, die Angst, die zerstörten Hoffnungen. Ganz anders ihre Mutter. Ruschka erinnert sich bis heute an die Zeit, in der sie um ihre Tochter bangte. «Immer wieder die Hoffnung, die nach jeder Operation enttäuscht wurde», erzählt sie und wischt sich Tränen von der Wange.
Der Arzt machte einen Fehler
2008 dann der letzte grosse Eingriff. Der Arzt macht einen Fehler, verletzt ein Gefäss in ihrem linken Auge, das daraufhin abstirbt. Der Teenager hat genug. «Es war eine schlimme Zeit – darum habe ich beschlossen: Keine Operationen mehr!» Bernarda bekommt ein Glasauge und lernt, sich mit ihrer Blindheit zu arrangieren. In dieser Zeit findet die Familie zu Gott.
«Mein Glaube gibt mir Kraft», sagt Bernarda, und ihre Mutter Ruschka fügt an: «Ich bin damals in die Kirche gegangen und habe viel gebetet. Wenn ich das nicht gehabt hätte, wäre ich verrückt geworden.»
Heute, zehn Jahre später, sitzt eine stolze, fröhliche junge Frau in ihrem Musikzimmer und singt mit voller Kraft. Um sie herum tollen ihre Patenkinder Grace, 6, und Rafael, 4. Deren Mama Manuela, 35, Bernardas Schwester, versucht, ihren Flohzirkus unter Kontrolle zu bringen, während sie Säugling Gabriel, 2 Monate, auf dem Arm balanciert. «Bei uns ist immer etwas los», lacht Bernarda. «Es ist nie ruhig. Ich liebe das.»
Ihre Familie unterstützt sie bei allem, was sie tut. Mutter Ruschka achtet auf Bernardas Aussehen, Schwester Manuela organisiert Auftritte und Pressetermine, und Vater Zeljko ist der Fels in der Brandung. Der ruhige Hüne fährt seine Tochter, wohin sie will.
«Ich überschütte Menschen mit Liebe»
Bei «The Voice of Germany» geht es für Bernarda nun um den Einzug ins Halbfinal. «Das ist der absolute Wahnsinn», sagt sie und wird plötzlich nachdenklich. «Ich mache mir schon manchmal Sorgen darum, wie mich die Zuschauer wahrnehmen.» Sie meint damit nicht ihre Blindheit, sondern ihre emotionale Art.
«Ich kann meine Gefühle nicht verstecken. So bin ich halt! Und das möchte ich auch zeigen.» Dass sie ein Wirbelwind ist, habe ihr früher oft Probleme bereitet. «Ich wurde in der Schule viel gemobbt.» Darum habe sie Mühe, sich Menschen ganz zu öffnen.
Lange aber hält die ernste Stimmung nicht an. «Wenn ich nämlich eine Person mag, dann überschütte ich sie mit Liebe», sagt Bernarda und strahlt. Eine Beziehung hat sie dennoch nicht. Sie sei glücklich als Single und vermisse nichts. «Es kommt alles, wie es muss. Mein Leben ist so aufregend, dass mir gar nichts fehlt.» Und wenn man Bernarda inmitten ihrer grossen, lauten Familie sieht, dann glaubt man ihr tatsächlich aufs Wort.