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Carlo Janka stellt sich 25 Behauptungen

Sie sind der grösste Langweiler im Schweizer Sport!

Mit 23 Jahren hatte Carlo Janka schon alles erreicht - Olympiasieger, Weltmeister, Gesamtweltcupsieger. Der Glaube daran, wieder zum Siegen zurückzufinden, treibt ihn sechs Jahre später unvermindert an. «SI Sport» hat den «Iceman» mit 25 Behauptungen und Vorurteilen konfrontiert.

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Die Eigenschaft Carlo Jankas, sich von nichts und niemandem aus der Ruhe bringen zu lassen, ist als Spitzensportler hilfreich: In Zeiten des Erfolgs bewahrt sie ihn davor abzuheben, in Krisenzeiten davor, nervös zu werden und vorschnell aufzugeben. Für uns als Sportredaktion ist seine Coolness Fluch und Segen. Segen, weil er bei jeder noch so verrückten Foto-Idee mitmacht. Im Hugo-Boss-Anzug bei Minustemperaturen auf dem Klein Matterhorn durch eine Schneewand fahren? Kein Problem für «Iceman» Janka. Ihn beim Interview aus der Reserve zu locken, ist jedoch etwa so schwer, wie für einen Hobbyskifahrer die Abfahrt von Kitzbühel zu meistern. Deswegen haben wir ihn mit 25 mal provokativen, mal nicht ganz ernst gemeinten Behauptungen und Vorurteilen konfrontiert.

1. CARLO JANKA, WENN SIE NICHT SKIFAHRER GEWORDEN WÄREN, WÄREN SIE BÜROGUMMI.
Nein, ich würde auch etwas draussen machen. Ich habe zwar die KV-Lehre gemacht, aber den ganzen Tag im Büro zu sitzen, ist nichts für mich.

2. WENN SIE 10 MILLIONEN AUF DEM KONTO HÄTTEN, WÜRDEN SIE JETZT IN DER HÄNGEMATTE LIEGEN.
Nein, das wäre mir zu langweilig. Ich wäre immer noch Skifahrer. Es ist natürlich schön, wenn man etwas Geld auf der Seite hat. Eigentlich würde das Ersparte bei mir jetzt schon reichen. Aber Geld alleine macht ja nicht glücklich.

3. GEGEN AUSSEN MACHEN SIE EINEN AUF COOL, EIGENTLICH SIND SIE ABER EIN SENSIBLER TYP.
Nein, sensibel nicht. Ich zeige sicher nicht meine innersten Gefühle nach aussen, aber ich gebe mich schon, wie ich bin. Nicht umsonst ist mein Spitzname «Iceman», der triffts schon ziemlich gut.

4. SIE SIND DER GRÖSSTE LANGWEILER IM SCHWEIZER SPORT.
Das ist mal eine Behauptung! Ich hoffe es nicht (überlegt). Es gibt sicher Interessantere, das finde ich selber auch. Aber ich will mich nicht verstellen für die Öffentlichkeit.

Diese aufgebauschte Fussballwelt und dass den Spielern alles gemacht wird, das wäre nichts für mich



5. SIE ZEIGEN MEHR EMOTIONEN, WENN IHR LIEBLINGSKLUB FUSSBALL SPIELT ALS BEI IHREN EIGENEN RENNEN.
Ja, wahrscheinlich schon. Aber ich bin auch nicht der Fan, der vor dem Fernseher oder im Stadion aufsteht, herumschreit oder jubelt. Aber meine Freundin sagt, ich hätte immer nasse Hände, wenn ich nervös sei. Ich selber merke davon nichts.

6. WENN DAS TALENT GEREICHT HÄTTE, WÄREN SIE FUSSBALLPROFI GEWORDEN.
Nein, ich glaube als Bündner liegt das nicht auf der Hand. Ich schaue zwar gerne Fussball. Aber diese aufgebauschte Fussballwelt und dass den Spielern alles gemacht wird, das wäre nichts für mich. Da gefällt mir der beschauliche Skizirkus besser.

7. BEI EINEM ROMANTISCHEN NACHTESSEN MIT IHRER FREUNDIN LIEGT DAS HANDY AUF DEM TISCH.
Nein. In unserem Team haben wir ein Handyverbot während dem Essen, sonst wären ja alle andauernd nur noch am Tippen. Ich weiss, das ist kein romantisches Essen, aber das zieht sich bei mir dann auch ins Privatleben.

8. SIE HABEN NOCH NIE EINEN LIEBESBRIEF GESCHRIEBEN.
Das stimmt, ja. Ich bin nicht der grosse Schreiber. Das habe ich jeweils anders gelöst, eher mündlich.

9. SIE SCHAUEN NUR ACTIONFILME.
Es geht schon in die Richtung. Aber manchmal muss ich ja auch mit meiner Freundin einen Film schauen. Romantische Komödien sind nicht so mein Ding, aber Dramen oder wahre Geschichten schaue ich auch ab und zu.

10. IHRE FREUNDIN SAGT IHNEN, WAS SIE BEI WICHTIGEN EVENTS TRAGEN SOLLEN.
Sie berät mich jedenfalls. Das Problem ist, dass bei mir die Auswahl so gross ist. Die Kleiderschränke sind voll, und ich als bequemer Mensch nehme immer, was gerade zuvorderst ist. Da hilft mir meine Freundin.

11. RED-CARPET-EVENTS SIND FÜR SIE SO UNANGENEHM, WIE WENN SCHWEINSTEIGER ZU MANCHESTER UNITED WECHSELT.
Guter Vergleich (Lacht)! Ich stehe tatsächlich nicht so gerne im Mittelpunkt und meide öffentliche Auftritte eher. Ich bin auch nicht der grosse Redner und fühle mich darum bei solchen Anlässen nicht so wohl.

12. UND DOCH HAT IHNEN IN KRISENZEITEN DIE AUFMERKSAMKEIT DER ÖFFENTLICHKEIT GEFEHLT.
Nein, gar nicht. Wenns nicht läuft, bin ich erst recht froh, nicht im Mittelpunkt zu stehen. Dann sollen andere den Karren reissen und im Zentrum stehen. Ich werde mich sicher nie über fehlende Aufmerksamkeit beklagen.

13. ALS SPORTLER MUSS MAN SCHMERZEN LIEBEN, SONST KOMMT MAN NICHT WEIT.
Lieben vielleicht nicht gerade. Aber sie gehören leider dazu, man muss damit umgehen können. Das ist ein nötiges Übel. Mein Rücken plagt mich zum Beispiel schon seit Jahren, ein ständiges Auf und Ab, eine Gratwanderung. Das ist schon mühsam, aber eben, gehört dazu.

14. DAS SOMMERTRAINING IST MÜHSAM UND IMMER DAS GLEICHE.
(Überlegt lange) Jein. Klar stimmt das auf der einen Seite, aber wir probieren auch immer, neue Impulse ins Fitnesstraining reinzubringen. Ich spiele oft Tennis oder Badminton, und diesen Sommer gingen wir ab und zu klettern.

15. IN EINER SAISON OHNE OLYMPIA UND WM SIND SIE WENIGER MOTIVIERT.
Nein, sicher nicht. Es ist ruhiger, ein bisschen gemütlicher. Vor allem, weil man sich nicht qualifizieren muss, kann man relaxter in die Saison starten. Aber dafür wird es dann umso stressiger, weil wir letztlich mehr Rennen bestreiten, mehr herumreisen als in einem Jahr mit Grossanlass. Aber die Motivation ist bei mir eh kein Thema, die ist immer da. Und da ist ja auch noch der Gesamtweltcup. Obwohl es sehr schwierig wird, da wirklich ganz vorne mitzumischen.

16. WENN SIE SICH AUF EINE DISZIPLIN KONZENTRIEREN WÜRDEN, WÄREN SIE ERFOLGREICHER.
Nein. Das Training wäre dann zu eintönig und die Gefahr, sich zu verkrampfen, grösser. Wenns in einer Disziplin nicht läuft, kann man sich mal auf eine andere konzentrieren. Und letztlich kann ich vom Riesenslalom-Training auch für die Speed-Disziplinen profitieren.

17. WENN SIE BEIM SLALOM GEBLIEBEN WÄREN, WÜRDEN SIE MARCEL HIRSCHER JETZT UM DIE OHREN FAHREN.
Oh nein, sicher nicht (lacht). Seit damals hat sich viel verändert, heute sind die Tore viel enger gesteckt, das wäre nichts für mich.

 Es ist mein Ziel zu siegen. Sonst müsste ich nicht weiterfahren



18. SIE TRÄUMEN MANCHMAL NOCH VOM OLYMPIASIEG.
Nein. Mein Sieg ist ja schon lange her, und die nächsten Spiele sind noch weit weg.

19. 2018 WERDEN SIE ZUM ALTEN EISEN GEHÖREN.
Definitiv. In meiner Trainingsgruppe bin ich jetzt schon mit Abstand der Älteste! Aber ich plane schon bis Olympia 2022, da wäre ich 36, also noch kein sehr hohes Alter für einen Skifahrer. Aber natürlich muss auch der Körper mitmachen. Ich nehme Jahr für Jahr.

20. ZUM SERIENSIEGER WIE 2010 WERDEN SIE ABER NICHT MEHR.
Eine Riesen-Serie war es ja auch damals nicht, aber es hat alles zusammengepasst. Im Riesenslalom wird es wegen Regeländerungen und dem neuen Material wahrscheinlich nicht mehr passieren. In der Abfahrt schon eher, da profitiere ich von meiner Erfahrung. Es ist mein Ziel zu siegen. Sonst müsste ich nicht weiterfahren.

21. IN SOTSCHI NICHT ABFAHRTSOLYMPIASIEGER ZU WERDEN, WAR DIE GRÖSSTE ENTTÄUSCHUNG IHRER KARRIERE.
Ja. Sonst kann ich ein schlechtes Rennen nach ein paar Stunden abhaken, aber da hatte ich ein paar Tage zu beissen. Ich weiss bis heute nicht, wieso ich diesen dummen Fehler gemacht habe. Sonst hätte alles so gut gepasst, die Form, die Startnummer, die Piste …

22. SIE HATTEN SCHON MEHRMALS DEN GEDANKEN, ALLES HINZUSCHMEISSEN.
Nein, diesen Gedanken hatte ich echt noch nie. Klar ist es schwierig, wenns mal nicht läuft und wenn der Körper nicht mitmacht. Aber ich hatte immer die Gewissheit, dass ich es ja einmal konnte, und den Glauben, dass der Erfolg irgendwann zurückkommt.

23. AM LAUBERHORN FÜHLEN SIE SICH SO WOHL, DIE PISTE SOLLTE IN CARLOJANKA-PISTE UMBENANNT WERDEN.
Ich fühle mich am Lauberhorn unglaublich wohl, wie daheim. Auch in den schlechtesten Saisons läufts dort gut. Wirklich unerklärlich. Aber das ist noch kein Grund, deswegen die Piste umzubenennen. Und auch die einzelnen Streckenabschnitte sollen ruhig ihre jetzigen Namen behalten.

24. MIT KITZBÜHEL WERDEN SIE SICH NICHT MEHR ANFREUNDEN.
Ich hoffe es schon, doch. Am besten schon diese Saison. Einige Passagen gelingen mir schon ziemlich gut. Es sind gewisse Kurven, die noch nicht so klappen. Aber ich hoffe durch meine Erfahrung von Jahr zu Jahr, dass ich dort mal noch aufs Podest fahre.

25. AUCH WENN SIE KEIN RENNEN MEHR GEWINNEN, SIND SIE MIT IHRER KARRIERE ZUFRIEDEN.
Müsste ich fast. Denn in den ersten Jahren lief schon alles wie am Schnürchen. Olympia, WM, Gesamtweltcup - das alles zu gewinnen, war sicher perfekt. Es wäre schön, wenn ich noch einige Erfolge feiern könnte. Aber wenn nicht, hätte ich eine schöne Karriere gehabt.

Durch eine Schneewand fahren - und das bei eisiger Kälte im Hugo-Boss-Anzug? Kein Problem für Carlo Janka. Beim Shooting für «SI Sport» in Zermatt wird der Iceman seinem Spitznamen einmal mehr gerecht.


Weitere Geschichten über Schweizer Sportler finden Sie in der «SI Sport» Nr. 6 vom 30. Oktober 2015, die der «Schweizer Illustrierten» beiliegt:

SI Sport Nr. 6 30. Oktober 2015
SI Sport
Von Sarah van Berkel am 16. November 2015 - 10:42 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 15:41 Uhr