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Der Jahresrückblick von Giacobbo/Müller

«Geri Müller war ein trauriges Kapitel»

Wenn Mike Müller, 51, und Viktor Giacobbo, 62, sonntags vor die TV-Nation treten, erklären sie die Welt. Jetzt reden sie über Geri Müller, ihre Freundinnen und sagen, warum uns das Minarettverbot vor Islamisten schützt.

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Lohn für Humor: Giacobbo und Müller verdienen beide gleich viel für ihre Late-Night-Sendung beim Fernsehen.

Geri Born

Schweizer Illustrierte: Fangen wir gleich mit den Fragen an, die wir nicht stellen dürfen. Einverstanden? Warum sieht man euch nie mit Freundin? Versteckt ihr sie?
Mike Müller: Wir haben sie ja gezeigt, kürzlich in der Sendung.

Waren das wirklich eure Freundinnen?
Müller: Klar, man hat ja gesehen, wie sie rausgingen.

Das waren nicht eure Freundinnen, das war ein Gag …
Viktor Giacobbo: Meinst du? Wir haben doch noch nie etwas behauptet in der Sendung, das nicht stimmt!
Müller: Hör mal, eine war sogar schwanger, mehr könnt ihr von der SI gar nicht erwarten.

Wie macht ihr das, dass noch nie eine Zeitung euch mit einer Freundin abgebildet hat? Auf einem roten Teppich zum Beispiel.
Giacobbo: Weil ich nie mit der Freundin über einen roten Teppich gehe. Mir macht dieser Promi-Durchlauferhitzer sowieso keinen Spass.

Wollen denn die Freundinnen nicht mal mit euch gesehen werden, aufs Bild kommen?
Giacobbo: Nein, beide nicht.

Ihr habt es ihnen verboten?
Müller: Nein, das dezidierte Nein kommt von den Freundinnen.

Und Mike spricht oft von deiner Tochter. Hast du eine Tochter, Viktor?
Giacobbo: Ja, ich habe eine Tochter.
Müller: Jetzt kommt ihr auf existenzielle Fragen, dabei wollten wir doch einen Jahresrückblick machen … Ihr wollt immer gleich Ultraschallaufnahmen sehen vom künftigen Baby!

Also, noch eine unangenehme Frage: Habt ihr eine leicht sadistische Ader?
Giacobbo: Nein.

Warum quält ihr dann diesen armen Musiker immer so? Diesen Dani Ziegler, der wird ja behandelt von euch …
Giacobbo: Er macht uns viel mehr runter als wir ihn.

Warum ist er denn immer so schlechter Laune?
Müller: Das fragen wir uns auch.
Giacobbo: Wir zahlen ihn ja. Aber er ist halt gewerkschaftlich organisiert. Das macht ihn ein bisschen böse.

Ihr könntet ihn also gar nicht entlassen?
Giacobbo: Entlassen schon, aber wir würden uns nicht trauen …
Müller: Wir haben Angst vor seiner Reaktion.

Aber ihr seid wirklich manchmal ekelhaft mit ihm!
Müller: Wenn man das empirisch betrachten, ist er öfter ekelhaft mit uns.
Giacobbo: Er nennt uns Habasche!

War 2014 für euch Humoristen ein gutes Jahr? Da gabs ja Geri Müller, die Masseneinwanderungsinitiative und Ecopop. Gute Themen, oder?
Giacobbo: Als Geri Müllers Privatleben von der «Schweiz am Sonntag» geoutet wurde, waren wir gar nicht auf Sendung.

Das Thema hat euch nie gereizt?
Müller: Nein. Es fiel in die Sommer-Sendepause, und es war eher ein trauriges Kapitel des Schweizer Journalismus …
Giacobbo: In einem solchen Fall sind die Witze ziemlich schnell gemacht.

Was war euer Aufreger des Jahres?
Giacobbo: Was mich nervt, ist der erstarkende Nationalismus in diesem Land. Und damit meine ich nicht Heimatliebe, sondern Nationalismus. Die Parlamentsdebatte, in der sich viele Bürgerliche aus vorauseilendem Gehorsam gegenseitig zu überbieten versuchten, wie, wohin, wann und welche Flüchtlinge man aus dem reichsten Land der Welt ausschaffen kann, das hatte schon was brutal Absurdes.

Warum karikiert ihr Figuren, die eh schon Karikaturen sind? Im Inland kommt dauernd Mörgeli dran. Im Ausland fällt euch nur Kim aus Nordkorea ein. Der hat doch nichts mit uns zu tun. Warum macht ihr nicht Putin?
Giacobbo: Kennst du jemanden, der bei uns den Putin spielen kann. Engagieren wir sofort! Wir können nicht einfach frei auswählen. Kein Imitator kann wahllos jeden parodieren - Couchepin- oder Villiger-Imitatoren haben uns immer gefehlt.

Bei den Politikern geht ihr voll auf die Schwächsten. Schneider-Ammann kam monatelang dran, weil er so umständlich redet. Das war so brutal …
Giacobbo: Was heisst der Schwächste? Er ist unser Wirtschaftsminister! Und wir imitieren ihn ja nicht – wir lassen ihn im Original einfach reden …

Hat er sich nicht beschwert?
Müller: Doch, als Einziger!
Giacobbo: Er hat uns in einem Interview vorgeworfen, wir hätten zu wenig Respekt vor dem Bundesrat. Das ist aus PR-Gründen wohl das Ungeschickteste, was man machen kann – so was animiert jeden Satiriker zum Weitermachen. Seine Berater hätten ihm doch sagen müssen: Sag, dass du es lustig findest, und geh zum nächsten Thema über!
Müller: Bundesrat Schneider-Ammann stellt ein bisschen das Berner «Grandseigneurentum» dar: Wer in Bern ein Exekutivamt bekleidet, hat das Gefühl, er sei der Sonnenkönig.

Hat er beim Fernsehen interveniert?
Giacobbo: Nicht dass wir wüssten, aber vielleicht hat man uns das nicht gesagt, weil die Chefs unsere Reaktion kennen.

Mike hat mal gesagt, zu Syrien könne man keine Satire machen.
Müller: Ja, ich wüsste nicht, was man daran lustig finden könnte. Der Islamische Staat IS ist auch so etwas. Was machen wir damit? Wir haben es schon im einen oder andern Nebensatz eingebaut, aber als Thema ist IS schwer umzusetzen.

Dann greift ihr das Thema erst auf, wenn die Islamisten in die Schweiz kommen?
Giacobbo: Das kann uns gar nicht passieren, denn wir haben ja das Minarettverbot. Deshalb kommt kein einziger IS-Kämpfer in unser Land! Da waren wir halt clever. Und der selbst ernannte Islamische Zentralrat gehört ja bereits zur Schweizer Folklore.

Islam war doch das Thema des Jahres?
Müller: Ich glaube, als die ganzen Sauereien der katholischen Kirche auskamen und man erfuhr, dass zwei Päpste ihre Sexualstraftäter systematisch geschützt haben, wurde mehr über Religion geredet als jetzt.

Warum habt ihr dieses Jahr Bundesrätin Widmer-Schlumpf als Gast gehabt?
Giacobbo: Weil ich ihr persönlich begegnet bin, sie gefragt habe und sie spontan zugestimmt hat. Wir haben auch schon andere aus diesem Gremium angefragt. Die sagten uns, sie schauten die Sendung gerne, möchten aber nicht selber teilnehmen. Ich will jetzt nicht sagen, wer es ist …

Wir wollen hier keinen Streit mit Doris Leuthard. Widmer-Schlumpf war also die Einzige aus dem Bundesrat, die sich zu euch wagte?
Giacobbo: Ja, aber wir bleiben dran und hoffen, dass unsere Regierungsmitglieder mal von ihren amerikanischen Kollegen lernen, wie man eine Late-Night-Sendung durchaus humorvoll für die eigene Botschaft nutzen kann, anstatt sich nur auf dröge TV-Ansprachen zu beschränken.

Meinen eigentlich alle Gäste, sie müssten speziell lustig sein?
Giacobbo: Nein, und wir sagen ihnen, bleibt so, wie ihr immer seid, haltet euch kurz.

Toni Brunner ist einer der lustigsten, oder?
Giacobbo: Ja.

Wer noch?
Giacobbo: Alexander Tschäppät zum Beispiel.
Müller: Philipp Müller ist sicher auch lustig, aber wir machen ungern eine Rangliste der lustigsten Gäste, weil das bei uns nicht das erste Kriterium ist.

Was ist denn das wichtigste Kriterium?
Giacobbo: Er soll am Gespräch Vergnügen haben, manchmal etwas zurückgeben und eine pointierte Meinung äussern.

Wie ist eigentlich euer Arbeitsaufwand?
Giacobbo: Für mich ist es ein Zweidritteljob, und dann machen wir alles mit einem sehr kleinen Team, wenn man das mit Deutschland vergleicht.

Aber ihr habt auch ein Team von Gag-Produzenten, die für euch schreiben?
Giacobbo: Ja, klar, anders gehts gar nicht. Das ist internationaler Usus. Aber über die Hälfte des Materials ist von uns selbst!
Müller: Die gedrehten Sketche sind ausschliesslich von uns zwei selbst geschrieben.

Und wer schreibt den Burri?
Müller: Ich.

Und den Kosovaren?
Müller: Auch ich.

Wer sind eure Gag-Schreiber?
Giacobbo: Es sind Leute, die wir selbst rekrutiert haben, ich habe drei oder vier auf Twitter gefunden, sie fielen mir auf als gute Twitterer, und ich habe sie angefragt.
Müller: Das geht vom Standesbeamten über den Raiffeisenkassen-Verwalter bis zu Studenten, Sozialarbeitern …

Die kommen jede Woche zusammen?
Giacobbo: Nein, nein, es gibt drei, die an unsere Input-Sitzungen kommen am Donnerstag, mit denen generieren wir die Ideen. Dann geben wir die Themen – ungefähr acht Hauptthemen – an eine Gruppe von Leuten raus, die dazu ihre Ideen in eine Datenbank eingeben können, und wir wählen dann aus.

Habt ihr denn eure Notizen und Dialoge während der Sendung direkt vor euch auf dem iPad?
Giacobbo: Nein, nur Stichworte auf Monitoren.
Müller: Der Preis dafür ist, dass die Sendung schiefgehen kann – manchmal etwas charmanter und manchmal etwas wackliger daherkommt.

Und wird das Publikum mit Tafeln zum Applaus angehalten?
Giacobbo: Wir sind die einzige Sendung im Schweizer Fernsehen, wo es dem Sendeleiter verboten ist, vorne hinzustehen und das Publikum zum Klatschen anzuhalten.

Macht ihr auch privat Werbung?
Giacobbo: Wir werden weder von einer Automarke gesponsert, noch machen wir sonst wie kommerzielle Werbung. Ich unterstütze öffentlich Amnesty International, einzelne Tierschutzprojekte oder KAG-Freiland, aber das ist alles Benefiz.
Müller: Ich mache etwas für Médecins sans Frontières. Aber wir kaufen unsere Uhren, Handys, Autos und Brillen selber. Wie übrigens ganz viele andere Arbeitnehmer auch.

Was verbietet ihr euch selbst? Habt ihr Tabus?
Giacobbo: Nein, aber was wir nicht machen, ist diese generelle Politikerschelte. Es gibt korrupte, dumme und eitle Politiker, aber dann nennen wir sie beim Namen. Denn wer einfach alle Politiker als Arschlöcher bezeichnet, vergisst, dass er sie wählen oder nicht wählen kann. Ich habe Respekt vor einem Milizpolitiker, der sich den Arsch aufreisst und auf seine Freizeit verzichtet.

Wer kommt am leichtesten in die Sendung, die Linken oder die Rechten?
Giacobbo: Schwer zu sagen, die Rechten sind vielleicht ein bisschen lockerer.
Müller: Linke Frauen sind etwas schwieriger zu bekommen, aber es ist halt auch eine Männersendung. Das spielt wohl schon eine Rolle.

Jetzt zur Vorschau: Gehts nächstes Jahr im gleichen Stil weiter?
Giacobbo: Ja. Aber mit neuen Inhalten, die uns die News nachhaltig liefern.

Es wird nichts radikal geändert, es geht keiner weg?
Müller: Nein. Wir haben beide einen Vertrag für «Giacobbo/Müller», und mich interessiert nur dieser Vertrag. Wir können alles machen, wie wir wollen. Wir machen immer nur einen Einjahresvertrag. Und dann schauen wir jeweils, ob wir ein weiteres Jahr anhängen.

Verdient ihr eigentlich beide gleich viel?
Giacobbo: Aber sicher, oder, Mike?
Müller: Aber sicher.

Der SRF-Unterhaltungschef hat gesagt, dass er mehr Secondos am Bildschirm sehen möchte, müsst ihr da auch spuren?
Müller: Wir sind flexibel, wir spielen die Secondos selber.

Von Interview: Peter Rothenbühler am 26. Dezember 2014 - 13:39 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 16:37 Uhr