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  4. Catherine Loewe ist ein reifes Model: Trotz Alter sehr gefragt

Catherine Loewe

Im Alter kam der Durchbruch - als Model

Sie ist weder jugendlich noch faltenfrei. Dennoch reissen sich internationale Modehäuser um Catherine Loewe. Die 58-jährige Genferin ist eines der gefragtesten Models der Schweiz. Sie wurde erst als Seniorin entdeckt.

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Es sollte ein gemütlicher Einkaufsbummel werden. Als Catherine Loewe sich mit ihrer Tochter zum Shopping verabredet, ahnt sie nicht, dass dieser Ausflug ihr Leben verändern wird. Schliesslich ist sie Mitte fünfzig, etablierte Rechtsanwältin im Kulturbereich, verheiratet und Mutter von vier Kindern. Das Leben hat sich eingespielt, was soll da noch gross kommen? Heute, vier Jahre später, ist die Genferin eines der gefragtesten Models der Schweiz. Mit grauem Haar und Falten.

In der Mode- und Kosmetikindustrie findet ein Umdenken statt, sagt Zineta Blank, Inhaberin der Modelagentur Visage. «Reife Frauen bringen manche Botschaften einfach glaubwürdiger rüber als junge Mädchen.» Etwa wenn es darum geht, ein Anti-Aging-Produkt zu bewerben. Blank hat sich deswegen auf die Vermittlung älterer Models spezialisiert. Sie managt unter anderem Jerry Hall, 56, und Carmen Dell’Orefice, 81, die beide noch für die Mode-Bibel «Vogue» posieren.

An jenem Nachmittag vor vier Jahren entdeckt Zineta Blank in der Genfer Innenstadt eine hochgewachsene, grauhaarige Frau, die mit ihrer Tochter durch ein Einkaufszentrum spaziert. Das Mädchen ist bildhübsch. Aber der Blick der Modelscoutin bleibt an deren Mutter hängen. «Ihr aristokratisches Gesicht und ihre graziöse Haltung haben mich sofort fasziniert.»

Als Teenager ist Catherine spindeldürr wie ihr Vater. Mit ihren 180 Zentimetern Körpergrösse überragt sie alle Gleichaltrigen. Kleidung mit ihrer Arm- und Beinlänge gibt es nicht ab Stange zu kaufen. Sie muss sich an der Nähmaschine alles selber schneidern. «Das genierte mich sehr. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, mich schön zu finden!» Als die Modewelt in den 70er-Jahren auf den Geschmack androgyner Frauentypen kommt, will ein Freund sie mit nach Paris nehmen und als Mannequin gross herausbringen. Doch Catherines Vater spricht ein Machtwort: «Du studierst!» Das Thema ist vom Tisch.

Als Zineta Blank ihr an jenem Nachmittag im Genfer Einkaufszentrum eine Visitenkarte zusteckt, denkt Catherine Loewe sich nichts weiter dabei. «‹Ja, ja›, sagte ich. ‹Ich werde mich vielleicht melden.›» Dies tut sie jedoch erst Monate später. Als sie bei einem ihrer seltenen Coiffeurbesuche - sie lässt sich nur dreimal im Jahr die Spitzen schneiden und am Hinterkopf ein paar Mèches färben - erneut ein Modelscout anspricht, kommt sie ins Grübeln. Ist am Ende etwas dran? Könnte sie in ihrem Alter noch eine Zweitkarriere als Model starten? Catherine Loewe bespricht sich mit Ehemann und Kindern. «Sie waren amüsiert, machten mir aber auch Mut, dieses Abenteuer zu wagen.» Also holt sie die Visitenkarte hervor und ruft Zineta Blank an.

Ihre Set-Karte schlägt ein wie eine Bombe. «Vanity Fair» widmet der schönen Genferin eine zwölfseitige Modestrecke. In Paris, München und Zürich läuft sie für namhafte Designer an den Fashion-Weeks. Und dreht sogar einen Werbespot für die Luxusmarke Louis Vuitton.

Catherine Loewe nimmt nur die besten Jobs an. Sie kann es sich leisten, denn in ihrer Altersklasse ist die Konkurrenz verschwindend klein. Auch auf das Geld ist sie nicht angewiesen. «Es ist ein netter Nebenverdienst.»

Das Modeln ist für sie eher ein ungewöhnliches Hobby. So wie sie Bücher aus dem 18. Jahrhundert sammelt. Oder mit Kunstgegenständen aller Art ihre Genfer Altstadtwohnung in ein stilvolles Kabinett verwandelt. Sie modelt aus purem Vergnügen. «Ich empfinde dieses kreative Umfeld als wunderbaren Kontrast zur intellektuellen Seite meines Lebens.»

Von den Schattenseiten des Modebusiness bleibt Catherine Loewe verschont. Ihr macht niemand mehr «völlig verrückte» Vorgaben zu ihrer Figur. Stattdessen erhält sie Komplimente. Die Modelmasse 88 - 67 - 92 sind in ihrem Alter kein Grund, noch ein, zwei Kilo abzuspecken, sondern die absolute Ausnahme!

Für ihre Figur musste sie nie viel tun. «Mein Körper hat sich weder durch die vier Schwangerschaften noch durch die Wechseljahre gross verändert.» Fünf Tage nach der letzten Geburt passte sie wieder in ihre alten Kleider. Sie habe wohl einen ausgesprochen guten Stoffwechsel, erklärt Catherine Loewe. Denn nicht einmal Sport treibt sie. «Ich gehe einfach oft zu Fuss, statt das Tram zu nehmen, und esse nicht gerade jeden Tag Fast Food.»

Ebenso unaufgeregt geht sie mit der Anti-Falten-Frage um. Während jede Ecke ihrer Wohnung Kunst, Erinnerungsstücke und Flohmarkt-Nippes beherbergt, ist im Badezimmer nur ein einziges Fläschchen Dauergast: ein Vitamin-C-Serum der Marke L. Raphael. Das trägt sie jeden Morgen auf Gesicht und Décolleté auf. Und zwischendurch gönnt sie sich bei der Kosmetikerin eine Gesichtsbehandlung mit Wasser- oder Lichttherapie. Das wars auch schon, den Rest verdankt sie guten Emmentaler Genen. «Meine Grossmutter ist im Alter von neunzig Jahren praktisch faltenfrei gestorben. Mein Aussehen verdanke ich wohl hauptsächlich ihr.» Chirurgie war nicht im Spiel - bislang. «Aber sag niemals nie!»

Offenheit gegenüber allem ist Catherine Loewes Lebensmotto. Auch was die Modeljobs angeht, will sie sich nicht einschränken. «Unter der Bedingung, dass die Bilder eine gewisse Qualität und einen künstlerischen Wert aufweisen, kann ich mich für alles begeistern.» Sie pickt Rosinen. Und kann es sich leisten. Denn Modeln für «Vanity Fair» und Louis Vuitton sind für Madame ein «netter Nebenverdienst».

 

Sylvie Kempa
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Von Sylvie Kempa am 6. Juli 2013 - 06:06 Uhr, aktualisiert 21. Januar 2019 - 01:06 Uhr