Lieber Roger Federer
Mirka hat recht. Es war Zeit für eine neue Frisur. Die Strähnen und pommadigen Wellen waren nicht optimal. Mein Lateinlehrer hat gesagt, «wie es auf dem Kopf aussieht, sieht es auch drinnen aus».
Die Meinung habe ich nie geteilt, «Cheveux longs, idées courtes» (lange Haare, kurze Ideen), hat US-Fan Johnny Halliday gesungen, und der linke Antoine trällerte, «Ma mère m’a dit, Antoine fais-toi couper les cheveux» (Meine Mutter hat gesagt, Antoine, geh die Haare schneiden). In den Siebzigern waren Frisuren halt noch ein politisches Statement. Aber ich schweife ab.
«Darf Ihr Coiffeur damit Werbung machen?»
Ihre neue Coupe ist tipptopp, viel praktischer, wenn ein Zwilling Müesli ins Haar spuckt. Und das Timing stimmt: Die Superreichen posten Schönheit an der Art Basel, Nadal ergattert Ruhm mit einem zehnten Sieg in Roland-Garros, und Sie gehen für Schönheit und Ruhm einfach zum Coiffeur, so cool!
Die aufgehellte Stirnlocke erinnert an Tim (von Tim und Struppi) und an Justin Bieber, wobei der schon wieder kürzer trägt. Übrigens : Darf Ihr Coiffeur damit Werbung machen? A propos: Wegen Ihrer neuen Frise müssen die Sponsoren jetzt die Werbemittel neu gestalten. Das gibt viel Büez. Es dürfte Winter werden, bis Credit Suisse, Rolex, Moët & Chandon, Jura, Mercedes, Lindt und Sprüngli, Nike und andere, die Ihnen vierzig Millionen aufs Konto schieben, neue Bilder haben. Für die Markenwelt ist die Frisur ein echtes Ereignis: etwa so, wie wenn das iPhone plötzlich eckig würde, das Ragusa keine Nüsse mehr enthielte oder Harley Davidson leise Motoren einführte. Sie zeigt auch, wer bei Federers zu Hause die Matchs gewinnt. Mirka.
Mit freundlichen Grüssen
Peter Rothenbühler