Wie ich in einem meiner vorherigen Beiträge erwähnt habe, ist das Subway-System in New York – das grösste der USA und das älteste weltweit – ein absolutes Chaos. So kann man sich beispielsweise nicht auf die in der App angezeigten Ankunftszeiten verlassen, da die Subway meistens zu spät kommt. Gerade mal 65 Prozent aller Züge erreichen ihr Ziel pünktlich. Damit ist New Yorks Schienenverkehrssystem das schlechteste weltweit. So dauert meine Strecke zum Büro mal 15 Minuten, mal 30 Minuten. Sitzt man in einem bereits verspäteten Zug, gibt es sicherlich noch einen oder sogar mehrere ausserfahrplanmässige Stopps. Erwischt man einen wirklich schlechten Tag, kann es auch sein, dass die Subway erst gar nicht mehr fährt, da es an irgendeinem Ort auf den Gleisen einen Brand gegeben hat.
Im Sommer zu kalt, im Winter zu heiss
Ist man nach einem Arbeitstag müde und möchte so schnell wie möglich nach Hause, nerven einem nicht nur das ewige Warten auf die Metro, sondern auch die Temperaturen. Auf den Perrons ist es – im Sommer und auch im Herbst – unangenehm heiss. In den Zügen ist es dann dermassen kalt, dass man sich schnell mal eine Erkältung holt. Im Winter ist es nun das Gegenteil. Winterlich eingepackt ist es zwischen den unzähligen Menschen, die sich in die Wagons quetschen, unglaublich warm.
So erstaunt es nicht, dass sich diesen Sommer täglich bis zu 70'000 Menschen auf Twitter über die New Yorker Subway beklagt haben. Im Jahr 2012 waren es noch 28'000. Für die momentanen Zustände gibt es mehrere Gründe. Ein Hauptfaktor ist sicherlich, dass seit Jahren nicht mehr in die Metrolinien investiert wurde und die Jahrzehnte alte Infrastruktur daher total überaltert ist. Das heutige Budget für den Unterhalt der Subway ist beinahe gleich hoch wie vor 25 Jahren. Das «Kommunikationssystem», mit Hilfe dessen die Subway-Mitarbeiter die Weichen und Signale kontrollieren, entspricht ebenfalls nicht den heutigen Standards. Würde man dieses auf allen Linien erneuern, würde dies gemäss Schätzungen 50 Jahre dauern und 20 Milliarden kosten.
Ein Grund für die Verspätungen sind die übervollen Züge. Die Anzahl der täglichen Passagiere hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten verdoppelt und beträgt heute 5,7 Millionen. Von Januar bis April 2017 gab es aufgrund der zu vollen Züge 111'000 Verspätungen, was mehr als einem Drittel aller Verspätungen entspricht.
Allein für kurzfristige Verbesserungen braucht es 836 Millionen Dollar
Momentan sind der Bürgermeister von New York, Bill de Blasio, und der Chef des Verkehrsunternehmens MTA, dem auch die Subways angehören, daran, Lösungen für diese Probleme zusammen zu tragen. Um kurzfristige Verbesserungen vorzunehmen, wären 836 Millionen Dollar nötig. Ich hoffe sehr, dass sie das Geld vom Staat zugesprochen bekommen und damit die schon lange nötigen Verbesserungen am Subway-System vornehmen können.
Ich bin gespannt, wie sich die New Yorker Subway entwickeln und wie die Situation nächstes Mal sein wird, wenn ich wieder in Manhattan bin.
Im Dossier: Alle Beiträge aus New York von Michèle Stofer