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Zu Besuch beim Erfinder der Schweizer Homestory

Peter Rothenbühler legt sich für die «SI» in die Badewanne

Er war der Erste! Als Chef der «Schweizer Illustrierten» hat Peter Rothenbühler in den 90er-Jahren die Stars privat gezeigt. Jetzt steigt er selber in die Badewanne.

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Er wehrt sich nur kurz. «Meine Frau will das nicht», sagt er. Und: «Das interessiert doch keinen.» Dann willigt Peter Rothenbühler, 68, ein. Eine Homestory über ihn. In seinem Ferienhaus im Jura.

Tatsächlich hat er kein Argument, seine Haustüre verschlossen zu halten. Denn als Chefredaktor der «Schweizer Illustrierten» brachte er in den 90er-Jahren Prominente dazu, sich zu Hause fotografieren zu lassen: in der Küche, auf dem Sofa, im Schlafzimmer. Die Miss Schweiz in der Badewanne ist unter ihm zum Symbol der SI geworden.

«Man sagt, ich habe den People-Journalismus in der Schweiz erfunden», meint Rothenbühler unbescheiden. Er sitzt am grossen Tisch des Bauernhauses von 1749, das er renovieren liess. Draussen liegt bereits Schnee, drinnen knistern Holzscheite im Ofen. «Als Erster in der Schweiz brachte ich nur noch Homestorys mit Schweizer Promis.» Rothenbühlers Kalkül: Die Menschen wollen wissen, wie die Stars und Sternchen wohnen, die sie aus dem Fernsehen kennen. Was in Frankreich das berühmte Magazin «Paris Match» rettet, zieht auch in der Schweiz.

Unter Rothenbühler steigt die Auflage der «Schweizer Illustrierten» von 170'000 auf 245'000.

Doch bevor er von den alten Zeiten erzählt, müssen die Gäste anpacken. Und in der ungeheizten Scheune einen schweren Töggelikasten verschieben. «Früher haben meine Söhne Pierangelo und Gian Ulisse oft daran gespielt.» Heute sind die Kinder erwachsen, kommen nur noch selten in den Jura. Der Ältere arbeitet als Ingenieur mit Drohnen, der Jüngere studiert englische Literatur.

Der Chef-Dompteur der «SI»-Truppe

Ist dieses Bild mit den Tigern an der Scheunenwand nicht von Rolf Knie? «Doch, doch», sagt Rothenbühler. Während seine Zuhörer in der Scheune frieren, kommt er ins Erzählen: Als SI-Chefredaktor freundet er sich mit Knie an. Dieser schenkt ihm das Tiger-Bild inklusive Widmung: «Für Peter, den Chef-Dompteur der ‹SI›-Truppe!» Als Rothenbühler Geld braucht, verkauft er das Bild. Auf Umwegen kommt es später wieder zu ihm zurück.

Über seine lange Karriere als Journalist hat Rothenbühler ein Buch geschrieben. Mit vielen Anekdoten. Dass Beat Richner ursprünglich der Kinderarzt seiner Söhne war. Wie sich Prinz Charles mit dem Paparazzi-Fotografen der SI anfreundete. Und weshalb Künstler Jean Tinguely einen Herzinfarkt erlitt, als er Gast-Chefredaktor der SI war. Doch es gibt auch Ärger! SI-Kolumnist Peter Bichsel reklamiert, dass die Kreuzworträtsel zu kompliziert seien. Und Bundesrat Adolf Ogi will, dass sich Rothenbühler von einem in der SI gedruckten Ogi-Witz distanziert.

Inzwischen ist Mittag längst vorbei. Rothenbühler will endlich das Fondue kochen. Doch er hat vergessen, das Maizena zu kaufen. Mit seinem VW Touran fährt er ins Dorf. «Normalerweise kocht meine Frau Mara», sagt er entschuldigend. Doch die Französin mit italienischen Wurzeln ist lieber in Lausanne geblieben, wo das Paar seit 14 Jahren lebt. Sie kann es sich im Gegensatz zu ihrem Mann erlauben, Homestorys zu verweigern.

Viele Auftritte im Fernsehen

Rothenbühler hat eine enge Beziehung zum Französischen. Er kommt in Porrentruy JU auf die Welt, wo der Vater Pfarrer ist.

Später zieht die Familie nach Frutigen BE, dann nach Biel. Rothenbühler wird Journalist im Büro Cortesi, das Artikel für die halbe Schweiz produziert. Sein grosses Vorbild: der Journalist Frank A. Meyer, der ihn später auch zu Ringier bringt. Doch als Rothenbühler die SI leitet, zerstreiten sich die beiden. Politik-Journalist Meyer wirft People-Journalist Rothenbühler «die Abschaffung des Journalismus unter Vortäuschung desselben» vor. Heute haben sie sich wieder versöhnt.

Nach der SI geht Rothenbühler zuerst zu Tele 24 von Roger Schawinski, doch das ist nichts für ihn. Später wird er in Lausanne Chefredaktor der Boulevardzeitungen «Le Matin» und «Le Matin Dimanche». Und mit seinen vielen Auftritten am Fernsehen selbst zum Star - in beiden Landesteilen. «Ich werde regelmässig auf der Strasse angesprochen», sagt Rothenbühler. Auch hier ganz unbescheiden.

People-Magazin, Privatfernsehen, Boulevardzeitung. Wäre er nicht gerne Chefredaktor einer seriösen Zeitung wie der «Neuen Zürcher Zeitung» oder des «Tages-Anzeigers» geworden? Rothenbühler beginnt sich zu nerven. «Das hätte ich sicher auch gut gekonnt», ruft er. «Aber es ist viel schwieriger und spannender, populären Journalismus zu machen, den alle verstehen. Fast alle Chefs von Boulevardblättern sind feinsinnige Intellektuelle.»

Auch Rothenbühlers Buch über seine lange Karriere liest sich flüssig. Doch wer soll 400 Seiten über einen Journalisten lesen? Rothenbühler stöhnt auf: «Das Buch war einmal mehr als doppelt so lang!» Und fügt hinzu - natürlich ganz unbescheiden: «Ich habe mich niemandem aufgedrängt. Drei Verlage wollten es drucken.»

Von Philipp Mäder am 3. Dezember 2016 - 06:24 Uhr, aktualisiert 20. Januar 2019 - 14:39 Uhr