Lieber Franz Weber
Ich weiss, Sie werden diese Zeilen wahrscheinlich weder lesen noch verstehen können. Seit Monaten frage ich mich, was nur mit Franz Weber, dem Schweizer Pionier des Landschafts-, Umwelt-, und Tierschutzes los ist.
Es gab Gerüchte, dass Sie krank seien.
Tochter geht offen mit Krankheit um
Letzte Woche sind Sie endlich wieder aufgetaucht, in der «Schweizer Illustrierten», zusammen mit Ihrer Tochter Vera und der Nachricht, dass Sie an Demenz leiden, aber glücklich sind, eigentlich wieder dort sind, wo Sie als junger Mann angefangen haben: Sie machen Gedichte.
Ich finde es sehr gut, dass Ihre Tochter, die Ihre Arbeit weiterführt, kein Geheimnis macht aus Ihrem Zustand.
Ein Werk, das es zu würdigen gilt
Schliesslich sind Sie eine der wichtigsten Schweizer der letzten 100 Jahre. Und es ist zu hoffen, dass die Jugend, die oft den Eindruck erweckt, in Sachen Geschichte an vorzeitigem Alzheimer zu leiden, Sie und Ihr Werk auch in Zukunft würdigen wird.
Stets elegant und freundlich
Das Engadin wäre zubetoniert ohne Sie, Lausanne würde von einer Autobahn durchquert ohne Sie, der Weinberg Lavaux darf dank Ihnen nicht überbaut werden, Sie haben Delphi gerettet, Wildpferde, Robbenbabys und so weiter, und so fort.
Eigentlich sind Sie Schweizer des Jahrhunderts
Sie waren dauernd empört über irgendeine Umweltsünde, blieben dabei aber stets elegant und freundlich und wussten gut, wie man mit legalen Mitteln, Initiativen und guter Medienarbeit viel bewirken kann.
Sie sind ein grosses Vorbild für alle, die etwas bewegen möchten. Sie wurden nie mit dem Titel Schweizer des Jahres geadelt, aber eigentlich verdienen Sie mehr, zum Beispiel den Titel Schweizer des Jahrhunderts.
Sie haben uns vergessen, aber wir werden Sie nie vergessen.
Mit freundlichen Grüssen
Peter Rothenbühler